Montag, 31. Dezember 2012

Foto am montag (35)

Auch wenn es im kommenden jahr wieder nichts zum feiern geben wird: Allen freunden und feinden meines blogs wünsche ich einen guten rutsch ins neue jahr.

Wie hieß es einst bei Kreisler? »Wird man den morgigen tag noch erleben? Lieber am heutigen noch einen heben!«

Nächstes jahr wird’s auch nicht schöner.

Freitag, 28. Dezember 2012

Wirtschaftsminister Rösler fordert milliardensubvention zur weiterführung des einheitslohns

Es ist nun knapp drei jahre her, daß das 1-€-blog über das einheitslohnsystem in den unteren lohngruppen berichtete. Seit der einführung von h4 hat laut tagesschaubericht die subvention von arbeit, die sich nicht lohnt, also eigentlich nicht stattfinden würde, weil sie nicht einmal so viel abwirft, das leben desjenigen zu erhalten, der sie ausführt, 70 milliarden € gekostet.

Unser spaßgelber wirtschaftsminister, der im neuen positionspapier der FDP eine klare stellung für weitere flexibilisierung des arbeitsmarktes und einen schlanken staat eintritt, ist selbstverständlich strikt dagegen, daß arbeitgeber ihre leute ganz einfach selbst bezahlen müssen.

Wo kämen wir denn da hin?

Mittwoch, 26. Dezember 2012

Mein weihnachtsbaum

Im gegensatz zu dem, was der bundesprediger von sich gegeben hat, feiere ich als nicht-christ kein weihnachten. Eigentlich wäre ein feiertag mit einem lichterbaum vielleicht schon eine schöne sache. Für so etwas habe ich in meinem zimmerchen aber überhaupt keinen platz.

Aber wenn ich aus dem fenster sehe, habe ich immerhin den größten, künstlichen lichterbaum des landes vor augen - 368 m hoch. Den hat mir allerdings nicht der christliche bundesprediger verschafft, sondern der herr Walter Ulbricht.



Es soll menschen geben, die das ding für einen »fernsehturm« halten, stimmt ja gar nicht.

Montag, 24. Dezember 2012

Foto am montag (34)

Erinnerungen an einen sommernachmittag im botanischen garten. Eigentlich hatte ich die kamera gerade einpacken wollen, als mir dieses neugierige kerlchen vor die linse hüpfte.

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Das rotkehlchen (erithacus rubecula) wird in sagen und legenden mit der wintersonnenwende oder der weihnacht in verbindung gebracht, es spielt sowohl in der heidnischen als auch in der christlichen mythologie eine rolle.

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All jenen, die in diesen tagen etwas zu feiern haben, wünsche ich schöne feiertage.
Ich feiere nichts, freue mich aber sehr über den winterlichen rotkehlchengesang.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Die bürde des menschen ist unantastbar

Weil bald der tag »zum allgemeinen gänsebratenessen, schenken und geschenkt bekommen« ansteht und vielleicht noch jemand etwas sucht, womit er anderen oder auch sich selbst eine freude machen kann oder vielleicht auch jemanden ärgern könnte, möchte ich heute ein buch vorstellen:


Eigentlich wollte ich dies buch gar nicht haben, es wurde mir vor einiger zeit in die hand gedrückt. Ich dachte »geh’ fort, dröger juristenkram!« und stellte das buch auf das regal zu den anderen, die dort fröhlich verstauben, weil ich nämlich seit geraumer zeit lieber eBooks lese.

Nun habe ich das buch trotzdem gelesen und festgestellt, daß es leicht verständlich geschrieben ist, überhaupt nicht dröge und interessante antworten auf fragen gibt, die sich aufwerfen, wenn man sich gedanken über diesen staat macht und weshalb der eigentlich so organisiert ist, wie man es jeden tag erleben muß.

Das buch ist in sieben kapitel mit unterpunkten gegliedert, (link zum inhaltsverzeichnis und leseprobe) weshalb man es nicht von vorn bis hinten durchackern muß, sondern einfach bei dem thema, das einen gerade interessiert anfangen und es wie ein nachschlagewerk verwenden kann.

Montag, 17. Dezember 2012

Foto am montag (33)

Bemerkenswert schöne vögel, denen man im spätherbst oder winter gelegentlich begegnet, sind seidenschwänze (bombycilla garrulus). Meist sitzt dann ein ganzer schwarm hoch oben in den bäumen und nascht früchte, oft fallen sie einem erst durch ihren eigenartig sirrenden »gesang« auf.

Weil seidenschwänze nur ziehen, wenn das futter knapp wird, und sie nur in besonders harten wintern weit nach westen oder süden wandern, und dann plötzlich massenhaft auftreten können, galten sie in früheren zeiten als unglücksbringer. In der schweiz nennt man sie deshalb auch »sterbevögli« oder in den niederlanden »pestvogel«.

Freitag, 14. Dezember 2012

Sozialpolitik bizarr: H4empfänger aus Berlin fordert sozialprogramm für notleidende oberschicht!

Nein, ausnahmsweise mal keine satire. So etwas verrücktes auszudenken, wäre vermutlich nicht einmal den kollegen der niederländischen »Neue Spezial« eingefallen - und die hatten stets skurile themen auf lager, immer im bildzeitungsstil und immer alles frei erfunden.

Dieser fall jedoch ist real und kein bißchen erfunden. Auch das 1-euro-blog berichtete mitte november über das sanktionshungern eines Berliner h4 empfängers. In den letzten wochen ging dieser fall durch die medien, viel wurde diskutiert über den »hartz-iv-schnösel«, der zu fein zum arbeiten sei, wie es im jargon der allerseits beliebten bildzeitung hieß. Dieser hetzerei gegen die person schließt sich das 1-euro-blog ausdrücklich nicht an. Vielmehr soll es um die sache gehen, für die dieser mensch so wild entschlossen kämpft. Nämlich keine besonders erbauliche.

Es geht um das bedingungslose grundeinkommen nach Götz Werner, welches für  die besitzlose schicht alles andere als eine »soziale großtat« wäre, auch wenn herr Werner es gern als die »befreiung des proletariats« ausgibt. Aber schauen wir uns das modell einfach mal an. Darüber, in welcher höhe das bedingungslose grundeinkommen gezahlt werden soll, gibt es bei diesem modell keine genaue auskunft, die Bürgerinitiative bedingungsloses Grundeinkommen Berlin schwadroniert von 1000 €, allerdings kann ich mich erinnern, daß der herr Werner in einer talkshow einen deutlich niedrigeren betrag andachte, nämlich 650 €. Dabei soll die sozialversicherungspflicht aufgehoben werden und einen mindestlohn soll es nicht geben. Das BGE als kombilohnmodell zu nutzen, ist erwünscht.

Was heißt denn das?

Stellen wir uns eine person vor, die den hiesigen medianlohn verdient. Brutto sind das 1900 €, netto bekommt diese person als kinderloser single dann 1301€39 (ich weiß, das liegt etwas über dem derzeitigen medianlohn, weil der in den letzen jahren durch die vielen niedriglöhner gesunken ist. Für dies beispiel tut das nichts zur sache). Weil es bekannter weise hierzulande sozialversicherungspflicht gibt, ist der lohn des arbeitnehmers in wirklichkeit natürlich ein ganzes stück höher: Der arbeitgeber muß für ihn monatlich 2271€93 aufwenden.

Aber was würde passieren, wenn es grundeinkommen gäbe? Würde plötzlich das paradies auf erden herrschen?

Ja, ich glaube schon. Das würde garantiert eintreten. Allerdings nicht für den lohnabhängigen, sondern für den, der ihn beschäftigt. Derzeit bezahlt der arbeitgeber, wie schon erwähnt 2271€93 pro monat für den arbeitnehmer. Weil die sozialversicherungspflicht wegfällt, braucht der arbeitnehmer nur noch den nettolohn von 1301€39 zu erhalten - und der setzt sich aus 651€39 und 650€ BGE zusammen. Davon darf man sich sowohl privat gegen alle notlagen versichern als auch ca. 50 % konsumsteuer finanzieren. Schönes leben.

Der arbeitgeber spart 1620€54. Für ein unternehmen mit 20000 mitarbeitern würde dies eine ersparnis von 32.410.800 € bedeuten. Jeden monat. Damit hätte man glatt den schlecker retten können. Die armen leute, die dort arbeiten wohl eher nicht.

Mir vorstellen, wie es mit den arbeitslosen nach diesen sozialen »wohltaten« aussieht, mag ich nicht. Die »Zeit« schrieb, für herrn Boes sei es »erleuchtung« gewesen, als er einen vortrag des unternehmers Götz Werner zum bedingunslosen grundeinkommen hörte.

Hoffentlich bleibt mir die »erleuchtung« für immer erspart und das rationale denken erhalten.

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Moppelkotze bei Maischberger (dritter teil und schluß)

Fortsetzung.

(…)
Kipping: (…) aber mir fällt auf, daß wir immer bei menschen die nichts haben, danach fragen, haben die das recht? Bei jemandem, der mehrere millionen leistungslos geerbt hat, da sagen wir auch nicht, oh, der muß jetzt jeden tag vier stunden in die altenpflege (…)

Einwurf Söder: Der zahlt ja auch steuern, der zahlt erbschaftssteuer

Kipping: Wenn jemand geld mit spekulation verdient (…) der macht profit das gilt als ne leistung in unserer gesellschaft. Ich sage, der schadet eher der gesellschaft. In sofern würde ich die frage nach leistung anders stellen (…).
In diesem staat werden alle gleich behandelt. Der staat schützt das recht auf eigentum für arme und reiche gleichermaßen - wenn es da nichts zu schützen gibt: Pech gehabt!

Weil der herr Söder hier den einwurf mit der erbschaftssteuer gemacht hat: Mir ist aus den 90er jahren ein fall bekannt, da hatte ein sozialhilfeempfänger 10000 mark geerbt. Gesehen hat er von dem geld nur 2000 mark. Weil er zu wenig geld zum leben hatte, hat dieser saubere staat mal eben 80 % des erbes einbehalten. Welcher millionär zahlt denn so viel? Einen derart kleinen geldbetrag nimmt dieser staat, wie es aussieht, nicht als schützenswertes eigentum wahr.

Die gesamte idee mit dem privateigentum (gemeint sind produktionsmittel) und der lohnarbeit ist grütze.
Maischberger: Dann nehmen wir frau Muth als beispiel. (…) Würden sie denn sagen, profit ist ein guter maßstab? (…) Ist das der einzige maßstab nach dem wir sagen sollten, das ist wertvolle arbeit?

Muth: Jetzt nicht immer wertvolle arbeit (…), es muß jetzt nicht immer so profitorientiert sein, aber dennoch muß ich gut davon leben können. Natürlich haben wir alle ziele, gerade als unternehmer, profit zu machen, sonst würden wir ja lügen. Es ist nun mal so, von daher finde ich es ist schon wichtig (…). Und wenn ich meine, ich schaffe das mit fünf stunden arbeit, und kann dann meinen hobbies nachgehen, dann akzeptiere ich das auch. Das muß jeder für sich entscheiden(…)Der eine hat andere ziele, andere wünsche, der möchte mehr verdienen und da muß die leistung auch honoriert werden. (…)
Botulin ist bekanntermaßen ein hartes nervengift. Im gesichtsbereich angewendet, läßt es den menschen alt aussehen, weil der mensch, der damit behandelt wurde nicht einmal mehr herzlich lachen kann. Offenbar scheint es aber nicht nur die gesichtsmuskulatur zu lähmen, sondern auch noch anderes, was beim menschen für gewöhnlich irgendwo im kopf angesiedelt ist.

Wofür, wenn nicht für profit macht den ein unternehmer seine arbeit? Soll das ein witz sein?

Die »arbeitnehmer« bestimmen nicht, wie viele stunden sie für welchen lohn sie arbeiten wollen. Das ist eine verkehrte vorstellung der arbeitswelt! Wie lange man schaffen muß, bestimmt man nicht selbst. Das wird den leuten aufgedrückt. Ich denke da an diese immer wiederkehrenden erkenntnisse des Statistischen Bundesamtes, in denen es heißt »die Deutschen wollen länger arbeiten«. Nun kenne ich zufälliger weise ein paar Deutsche und von denen will kein einziger länger arbeiten. Die leute brauchen mehr geld und weil es lohnerhöhungen nicht gibt, bietet sich nur die lösung an, länger zu arbeiten.

Die meisten arbeitnehmer haben andere wünsche und ziele als das, was ihnen der staat hier einbrockt, deren leistung wird nicht honoriert, im gegenteil, die kriegen immer schlechtere arbeitsbedingungen zu sinkenden reallöhnen.
Muth: Herr Boes könnte auch bücher schreiben, wenn er die verkaufen könnte, könnte er viel geld verdienen (…)
Alles hübsch im konjunktiv. Den weiteren text zu zitieren, den frau Muth äußerte, lohnt nicht. Er zeugt von realitätsverlust. Ob das nun weltfremdheit oder die lebenslüge der sogenannten high-society ist, kann ich nicht beurteilen.

Bücher sind trotz rationalisierung in der herstellung teuer, wenn sie vernünfig aussehen sollen. Anderen zu empfehlen, damit geld verdienen zu sollen, ist eine ziemlich abgefahrene idee. Vor allem wenn es dann um die abgestandenen moralvorstellungen des herrn Boes geht.
Maischberger: Darf man das so fragen herr Boes, darf man das fragen, ist die eine arbeit wirklich wertvoller als die andere? (…)

Boes: Ich würde sagen gesamtgesellschaftlich ist meine arbeit zur zeit sehr wertvoll. Die väter des grundgesetzes haben den § 20 eingesetzt. Wenn jemand, die gesellschaftliche grundordnung, wie sie im grundgesetz festgelegt ist, außer kraft zu setzen, besteht ein recht auf widerstand. Und ich tue derzeit nur was, die väter des grundgesetzes sich erwünscht haben (…)
Ich halte es für durchaus möglich, daß die »väter des grundgesetzes« das anders gesehen haben könnten. Aber das wäre dann ein anderes thema.
Boes:(…) Frau Muth zahlt keine steuern(…) .
Das ist die milchmännchenrechnung des unternehmers Götz Werner, der gern mit gewissensberuhigendem grundeinkommen und konsumsteuerfinanzierten flat tax seinen geschäften nachgehen würde.

Der täte sich freuen, wenn er seine kapitalvermehrung steuerfrei betreiben könnte und zudem noch sinnsuchende möglichst kostenlos für seine absolut sinnvolle kapitalmehrung bekommen könnte. Deshalb hat er das genre des »wirtschftsmärchens« erfunden, in welchem er mit sympathischem, sozialen anstrich dafür wirbt, doch bitte den notleidenden milliadären des landes zu helfen.

Die reichen schleppen doch nicht ihr geld in koffern über die grenze in die Schweiz und andere steueroasen, weil sie hier ohnehin keine steuern zahlten, so viel geistesleistung sollte man denen schon noch zutrauen, daß die das nicht aus langeweile tun, sondern weil ihnen das vorteile verschafft.
Alt: (…) ich zahl durchaus noch steuern, sogar kirchensteuern.(…) Herr Boes ist mir durchaus sympathisch, nur mein lebensmodell gefällt mir nicht(…). Noch ein paar irrtümer, die Sie verkündet haben: Es verhungert niemand in h4, auch Sie nicht, es verliert keiner seine wohnung in h4, auch wenn er sanktioniert ist und es verliert keiner seinen krankenversicherungsschutz, wenn er in h4 ist und sogar lebensmittelgutscheine erhält er (…)

Gehört habe ich dazu anderes, beispielweise, daß die miete durchaus gestrichen wird und lebensmittelgutscheine nur in besonderen notlangen ausgegeben werden, beispielsweise, wenn kinder in der bedarfsgemeinschaft leben. Wie ist die rechtslage? Und wie wird das aktuell praktiziert?

Ist die sanktion tatsächlich »nur« der entzug von bargeld? Wie es aussieht, ist das eine grobe verharmlosung der realität.

Alt zu herrn Boes:(…) Sie zwingen andere, für Sie arbeiten zu gehen. (…)Wenn frau Ralfs freiwillig entscheiden könnte, ob Sie von ihr finanziert werden oder nicht, hätte ich mit ihrem lebensentwurf überhaupt kein problem.(…)

Es ist ein fehler passiert, weil herr Boes drei stellen hintereinander abgelehnt hat. Wir können aber nur eine sanktion in einem quartal einmal verhängen. Man hat die drei sanktionen kumuliert und gekürzt um 90 %, das geht nicht. (…)


So krude die ansichten des herrn Boes sind. Zum arbeiten zwingt er niemanden. Diese primitive form, die armen mit und ohne arbeitsstelle gegeneinander aufzuhetzen scheint jedoch immer wieder zu funktionieren.

In diesem wirtschaftssystem ist der mensch von allem, was er zum leben braucht, getrennt. Das bedeutet, daß man alles kaufen muß. Klingt banal, macht man jeden tag als wäre das selbstverständlich. Tatsächlich ist das keine erbauliche einrichtung, denn dadurch ist man auf geld angewiesen und wenn man nicht von hause aus reich ist, bleibt einem nichts anderes übrig, als die eigene arbeitskraft zu verkaufen. Und ob man das kann oder nicht bestimmt man nicht selbst, sondern die, die nicht so arm dran sind. Wie ich in teil 2 oben bereits geschrieben habe, gibt es einen klassengesatz.

Es sind doch nicht die arbeitsscheuen, oder die leute die eine merkwürdige weltanschauung haben, die »schuld« wären, daß es hier menschen gibt, die zu beschissenen arbeitsbedingungen schuften. Es liegt an den wirtschaftsverhältnissen, die allen hier aufgenötigt werden. Und die finden die BGEbefürworter glatt dermaßen prima, daß sie sie gern beibehalten wollen.
(…) Kipping: (…) und der eindruck erweckt wurde, jeder der sucht, findet einen arbeitsplatz (…) das verhältnis offene stellen zu arbeitsplatzsuchenden ist eins zu sechs (…)

Alt: Da muß ich Sie leider korrigieren, die arbeitssuchenden sind bei uns alle registriert, die offenen stellen nicht alle (…)
Ob nun sechs oder vier leute auf eine offene stelle kommen, ist nun wirklich relativ egal. Tatsache ist, daß es für die mehrheit der arbeitslosen egal ist, ob sie arbeiten will oder nicht, weil sie leer ausgeht. Wenn man einfach alle geleisteten arbeitsstunden durch die zahl der arbeitsfähigen menschen teilt, müsste jeder rund zwanzig stunden pro woche arbeiten. Das wäre vollbeschäftigung mit der man relativ gut leben könnte, wenn am schluß die geschaffenen werte einfach auf alle verteilt werden. Das wird aber nicht kommen, weil hier nicht die leute, die die arbeit erledigen müssen, was zu melden haben, sondern die, die arbeiten lassen.
(…)Söder:(…)Diese gesellschaft funktioniert nicht dadurch, daß jeder für sich in anspruch nimmt, (…) frei zu leben. Die gesellschaft funktioniert nur dadurch (…), daß andere etwas tun damit anderen auch geholfen werden kann - das ist sozial, übrigens (…)

Da habe ich einen moment lang gestaunt. Das hat der herr Söder wirklich gesagt »diese gesellschaft funktioniert nicht dadurch, daß jeder für sich in anspurch nimmt, frei zu leben.« Tatsächlich. Und das obwohl hier die freiheitsfetischisten regieren, deren oberster immer versucht, das wort »freiheit« möglichst oft in einen satz zu packen.
(…) Alt: Jemand geht nicht hin (anmerkung: gemeint ist ein termin beim jobcenter) und er wird mit 37 € sanktioniert.

37 € pro monat, macht im quartal eine strafe von 111 €. Sanktionen gelten meines wissens immer für drei monate.
(...) Söder:(…) 20 % der steuerzahler zahlen 80 % der steuern (…)
Für die Einkommensteuer mag das gelten. Den größten batzen nimmt der staat jedoch über die mehrwertsteuer ein - und die wird von arbeitslosen und niedriglöhnern gleichermaßen an der ladenkasse bezahlt wie von milliardären.
(...) Söder: Jeder, der was schafft hat den anspruch drauf, daß mans respektiert.
Den anspruch auf respekt kann man nicht essen. Vernünftiger wäre die forderung, daß jeder, der was schafft, ein gutes leben haben sollte. Offenbar weiß herr Söder allerdings, daß das in unseren wirtschaftssystem nicht realisierbar ist, weshalb er »respekt« fordert - den gibt es kostenlos.
(…) Ralfs: (…) Wenn ich etwas verfluche und vermaledeie, wie kann ich dann für mich das recht annehmen, zu glauben, daß der mich finanziert? (…)
Egal wie man zu diesem staat steht, aussteigen kann man aus ihm nicht, sofern man nicht reich ist und auswandert (ist aber im grunde auch nichts weit genug weg).

Ob man das, was hier läuft, richtig findet oder nicht, ist man an die hiesigen gesetze gebunden, auch wenn man ihnen überhaupt nicht zustimmt. Wenn man gegen die hartzgesetze ist, bekommt man nicht einfach arbeitslosenhilfe nach den alten gesetzen, weil man den sogenannten »reformen« nicht zugestimmt hat.
(…) Boes: (…) ich liebe unseren staat. Nach dem 3. reich ist diese verfassung gemacht worden und diese verfassung ist zur zeit das wichtigste, was wir haben (…).

Bevor ich beginne ein loblied auf diesen staat zu singen, denke ich lieber noch mal drüber nach, was dieser staat den leuten hier alles zumutet.
(…) Maischberger: Ich möchte mal einen neuen vorschlag in die runde bringen, bzw er ist nicht ganz neu, aber herr Boes formuliert ihn ja und auch ein ziel Ihrer tätigkeit ist ja das bedingungslose grundeinkommen. Sie sind für diese bürgerinitiative angetreten. Zusammengefaßt würde man sagen, jeder bürger in diesem land bekommt die summe x (…), egal ob er arbeitet oder nicht. Damit wäre, das, was Sie tun bezahlt, die vorträge, die sie halten, die texte, die zum teil publiziert werden, nicht bezahlt werden. Und plötzlich bekämen Sie für ihre wertvolle arbeit 1000 €. Darf denn das dann jeder haben?

(…) Muth: Ich würde sagen, die arbeitsmoral, die ist damit total am ende. Und es besteht überhaupt kein anreiz mehr, für viele (…). Ich wäre damit nicht zufrieden.

(…) Kipping: Ich fand die aussage von ihnen interessant, weil es gibt breite untersuchungen, wo alle leute sagen, wenn ich 1000 € hätte, ich würde nicht aufhören mit arbeiten, ich würde vielleicht, wenn es ne schwierige arbeit ist, ein bißchen weniger arbeiten (…), aber man denkt immer, daß es die anderen sind und das ist die frage, ob die anderen so viel schlechter sind (…) dem eigenen leben sinn und bewandnis geben.
Das ist eben das problem mit der moral: Man selber hat sie, nur bei den anderen mangelt es daran.
(...) Söder: Diese idee, die herr Boes hat, die halte ich für absurd. Jeder muß seinen beitrag leisten. (…) Wollen wir jetzt wirklich anfangen zu sagen, das was eltern für ihre kindern leisten muß auch nach der stundenuhr bezahlt werden? Weil sie gefragt hat, haben Sie verständnis dafür, absolut null. (…) Wenn er der meinung ist, daß er esoterisch im schneidersitz irgendwo in Berlin sitzt und philosophiert, völlig in ordnung, da hab ich kein problem, das mag dann der anhören, ders hören will (…), nur ich will dafür nichts zahlen. (…) Sie müssen für sich selber arbeiten. (…)

Scheiß toleranz. Ich habe ganz eindeutig schon was dagegen, wenn leute sich mittels esoterischer »philosophie« selbst ihres verstandes berauben.

Allerdings halte ich es für wesentlich harmloser, ein paar menschen mit bescheutertem weltbild durchzufüttern als kriege zu finanzieren. Wofür man steuern zahlen will und wofür nicht, wird in diesem staat niemand gefragt. Die raucher z.B. sind nicht gefragt worden, ob sie bereit wären, durch eine erhöhung der tabaksteuer den krieg in Afghanistan zu finanzieren. Da steht das weltbild des herrn Söder offensichtlich quer zur realität. Allerdings anders quer als das beim herrn Boes der fall ist.
(…) Boes: (…) wenn es bedingungsloses grundeinkommen gibt, wird der hochlohnsektor um den niedriglohnsektor werben - und zwar mit allen mitteln, und dadurch gibt es nur menschen, die freiwillig arbeiten. Und nicht mehr wie heute unter einem drucksystem. (…)

Mein wort heißt, alle mitarbeiter im jobcenter gehören mit ins reich der arbeitslosen (…) die können nur im jobcenter sitzen weil sie im jobcenter nicht mehr gebraucht werden. Das reich der arbeitslosen ist folgendermaßen organisiert: Wie jedes gefangenenlager in der weltgeschichte (…). Und Sie finanzieren, wenn Sie steuern zahlen, den ganzen restriktionsapparat. (…)
In ihren vorstellungen ist frau Ralfs erstaunlich nah an denen der »bürgerinitiative für bedingungsloses grunzeinkommen«. Die haben eine recht kindische internetseite auf der klargemacht wird, daß es moralisch unvertretbar sei, das grundeinkommen zu kassieren, wenn man doch dagegen war. Kritisch wollen die sich mit ihren schönen gedanken nicht auseinandersetzen. Aus moralischen gründen soll man das richtig finden, weil man später mal drauf angewiesen sein könnte, falls der blödsinn sich mal durchsetzt.
(...) Maischberger: Frau Kipping, (…) wieso nehmen sie den nicht als referent? (…) Oder als wissenschaftlicher mitarbeiter? (…)

Kipping: (…) Da muß man ja auch passen zu einer partei. (…)

Frau Kipping hat sich hier recht diplomatisch ausgedrückt. Der herr Söder ist zwar der auffassung, der herr Boes passe zur linkspartei, aber der Söder hat halt ein berechtigtes interesse, daß die LINKE sämtliche wähler vergrault. Nach meiner auffassung ist der herr Boes mit seinem verquasten weltbild eher ein fall für die »Violetten« oder was es sonst noch so an esoterischen kleinstparteien gibt.

Ich habe jetzt keine lust mehr, weiterzuschreiben. Außer vernünftigen argumenten war in der sendung alles enthalten: Die brave niedriglohnmutter, die ihren kindern arbeitsmoral beibringt, daß man sich hier verwerten lassen muß, die reiche unternehmerin, die geistig zwar nicht so auf zack ist, sich aber dennoch sorgen um die moral macht. Die konservativen, die die moral hochhalten, weil sonst geht dieser staat vor die hunde. Der esoterische weltverbesserer, der ebenfalls die moral für sich beansprucht und eine linke, die auch keine besseren argumente herbeigezaubert hat. Eigentlich waren sich alle einig: Hier brauchts mehr moral. Uneinigkeit nur darüber, wie die auszusehen hat.

Jetzt ist schluß. Alles moppelkotze!

Dienstag, 11. Dezember 2012

Moppelkotze bei Maischberger (zweiter teil)

Fortsetzung.

Stehengeblieben war ich bei der klassengesellschaft. Herr Boes hatte die behauptung aufgestellt, daß es eine zwei-klassen-gesellschaft gäbe, weil es leute gäbe, die steuern zahlen und welche, die keine steuern zahlen.

Das ist eine merkwürdige vorstellung, denn steuern zahlen müssen hier nun wirklich alle. Wer hier lebt zahlt für alles, was er kauft die mehrwertsteuer, also mindestens 7 %. Für sachen, die keine esswaren sind, zahlt man 19 % und andere konsumsteuern.

Die klassengesellschaft gibt es. Es gibt menschen die privateigentum haben. Damit ist nicht das eigene auto oder das häuschen im grünen gemeint, in dem selbst gewohnt wird, sondern das eigentum an produktionsmitteln. Die mehrheit der menschen ist jedoch von den produktionsmitteln getrennt, nicht einmal die produkte der arbeit gehören ihnen. Sie sind darauf angewiesen, daß ein unternehmer sie gegen geld arbeiten läßt.

Da läßt sich der klassengegensatz sehr deutlich erkennen: Der unternehmer will einen möglichst hohen gewinn manchen, ist also an möglichst niedrigen löhnen interessiert, weil arbeiter für ihn bloß kostenfaktor sind. Der arbeiter braucht jedoch einen möglichst hohen lohn, weil er sonst nichst anderes zum leben hat. Daran hat sich seit 150 jahren nichts geändert. Und das läßt sich im kapitalismus auch nicht ändern.
Boes: Mein wort ist, je wichtiger eine arbeit ist, desto weniger guckt man auf geld (…), da frage ich mich, was war beim herrn Ackermann der fall (…). Und meine arbeit ist wichtig.

(…) Ich habe angeboten vorträge zu halten, im jobcenter über die menschenrechtslage (…) und über die neuen lösungen des bedingungslosen grundeinkommens. Ich bin noch nicht eingeladen worden (…).
Es wundert kaum, daß zur abwechslung mal wieder der Ackermann als watschenkasper herhalten darf. Genau wie alle anderen manager hat der seine boni-zahlungen nicht für seine leistung erhalten, sondern dafür, daß er andere zu mehr leistung angetrieben hat.

Das mit der wichtigkeit der arbeit des herrn Boes sehe ich völlig anders. Ich tät mich sehr bedanken, wenn ich vom jobcenter zu so einem vortrag hingeschickt werden würde und mir die gespinnste dieser offenbar etwas krausen gedankenwelt dann stundenlang auf staatskosten anhören müßte.

Daß die sache mit dem BGE alles andere als einen schlauer plan ist, habe ich bereits mehrfach geschrieben beispielsweise im artikel »bedingungslos blöd« oder »stell Dir vor, es ist party und keiner will darüber nachdenken, warum«. Sicherlich habe ich darüber noch nicht das letzte wort geschrieben.
Maischberger:Sie sind in hungerstreik getreten (…)

Boes: Man hat mir kein geld zum essen gegeben (…). Das jobcenter hat ein viel zu scharfes schwert, es ist verfassungswidrig, wie man mit den menschen umgeht (…).

Dr. Albert Krölls (diplom-soziologe und professor für recht und verwaltung an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit Hamburg) schreibt über die sozialen grundrechte: »Maßstab ihrer gewährung ist vielmehr der funktionale Gesichtspunkt, was der eigentumslose Mensch gemäß staatlichem Ermessen mindestens braucht, um sich in dieser Gesellschaft als Arbeitskraft anbieten zu können: Essen, Wohnung, Kleidung, Bildung und Gesundheitsversorgung im dafür unbedingt notwendigen Umfang. Das ist schon die ganze menschenwürdige Existenz, die der politische Sachwalter dieser Gesellschaft seinen Bürgern durch die gewährung sozialer Rechte zuspricht (…) Minimalausstattung zur und Verpflichtung auf die Konkurrenz ist der ökonomische Inhalt der ›materiellen Freiheit und Gleichheit‹, mit der der bürgerliche Staat seine lohnabhängigen Bürger beglückt. Der Inhalt dieser Wohltaten, welche die sozialen Menschenrechte zusprechen, besteht also in dem, was der soziale Staat für die Bewahrung der kapitalistischen Brauchbarkeit seines Volkes für unerläßlich hält und sich unter Abwägung der finanziellen Aufwendungen für seine konkurrierenden Aufgaben, seiner Haushaltslage und der Konjunkturen des Wirtschaftswachstums kosten lassen will.«

Daraus wird recht einfach ersichtlich, daß der sozialstaat gar keine besonders erbauliche erfindung ist. Der sozialstaat ist eher das eingeständnis, daß die mehrheit der insassen dieses staates arm bleiben und sich in notlagen wie arbeitslosigkeit oder krankheit nicht selbst helfen können, sondern auf staatliche hilfe angewiesen sind.
(...) Söder: (…)Ich habe kein problem damit, wenn einer sagt, eine arbeit ist ihm zu viel oder eine arbeit taugt ihm net oder er möcht gern was anderes machen. Der prolem wird, wenn die dame die hart arbeitet, die finanzierung zu leisten hat, daß einer seinen lebensweg anders wählt. (…) Das vermeintliche klassensystem funktioniert nämlich so, daß die, die früh aufstehen (…), dann zahlen müssen, wenn einer möglicher weise nicht will. (…)

Söder, Sie haben das klassensystem nicht begriffen. Sechs, setzen!

An sich traue ich es herrn Söder schon zu, daß er weiß, daß die die früh aufstehen und hart arbeiten hauptsächlich den profit der unternehmen erarbeiten. Das wird er allerdings kaum laut aussprechen, wenn es darum geht, daß natürlich die faulen, die nicht arbeiten gehen, schuld sind.

Im nächsten teil kommt frau Kipping dran und dann ist auch so langsam schluß.

Moppelkotze zum letzten...

Montag, 10. Dezember 2012

Moppelkotze bei Maischberger (erster teil)

An sich mag man derartiges gar nicht anschauen, aber manchmal hat man nichts, worüber man sich aufregen kann und guckt sogar etwas strunzblödes wie »Maischberger«.

In der runde sitzen Ralph Boes (h4empfänger und sanktionshungerer), Katja Kipping (vorsitzende der LINKEN und BGEbefürworter), Heidi Ralfs (putzfrau und mutter), Markus Söder (Finanzminister in Bayern, sanktionsbefürworter), Heinrich Alt (jobcentervorstand, arbeitslosenverteidiger), Gisela Muth (luxus-dame und unternehmergattin, die nicht arbeiten muß, sondern mit ihrem hobby als beweis zu dienen, daß schlechter geschmack keinesfalls billig sein muß, geld verdient).

Weil es an körperverletzung grenzt, anderen derartiges zuzumuten, zitiere ich im folgenden alle »spannenden teile«, die zum verständnis meiner einwände gegen das gesagte notwenig sind. Niemand soll seine wertvolle zeit vergeuden, diesen dumpfsinn anzuschauen.

Man wartet vergeblich, daß irgendwer was halbwegs gescheites sagt. Ich meine, es läßt tief blicken, daß ich mich fast darüber gefreut habe, daß herr Söder beinahe einen richtigen satz gesagt hätte.

Mir hat das zu denken gegeben. Bin ich im herzen ein abgrundtief konservativer arsch? Ich fürchte, ja, das bin ich.

Ein winziger hoffungsschimmer bleibt: Es könnte auch an der qualität der talkgäste gelegen haben, daß einem dann sogar einer wie der Söder positiv auffällt.

Also für die, die es nicht lassen wollen, 75 minuten lang quark:



Maischberger: Herr Boes, Sie sind seit 2006 arbeitslos, alg2bezieher, wie man so richtig sagt und Sie nehmen kein arbeitsangebot an. Müssen Sie damit leben, daß es menschen gibt, die Sie einfach abstempeln als sozalschmarotzer?

Boes:Ja, selbstverständlich.

Maischberger:Wie geht es Ihnen damit?

Boes:Ich arbeite (…) vollzeit rund um die uhr, man kann es im internet verfolgen. Ich halte sehr viele vorträge, ich mache sehr viele aktionen, ich schreibe, zum beispiel einen brandbrief, das ist auch arbeit und verteile den vom bundespräsidenten bis runter in mein jobcenter (…). Ich bin also vollzeit beschäftigt. (…)

Maischberger: Weil sie streiten für ein bedingungsloses grundeinkommen? Jedenfalls ist das der inhalt der texte, die ich gesehen habe.

Boes:(…) Ich versuche klarzumachen, daß unsere gesellschaft in eine schräglage gekommen ist, weil noch alte konzepte da sind, (…) wie man über arbeit denkt angesichts der technisierungen werden die leute überall entlassen und wenn man dann mit den leuten wie hilfsbedürftige umgeht, anstatt zu sagen, das sind freigestellte, kommt die gesellschaft inne schieflage - und das ist eigentich mein thema.

Da bekomme zumindest ich den eindruck, daß der herr Boes in seinen ansichten darüber, was dies system leistet, »inne schieflage« gekommen ist. Die derzeitige realität auf dem arbeitsmarkt sieht anders aus: Die leute, die bisher ihre arbeitsstellen behalten »dürfen«, müssen härter und länger arbeiten als das noch vor wenigen jahren der fall war. Das ist ein durchaus gewollter nebeneffekt der hartzreformen. Daran zeigt sich, daß es mit dem wohlstand, den die gutverdienenden arbeitnehmer haben, nicht übermäßig weit her ist. Wenn ihnen die arbeitsstelle gekündigt wird, haben sie ein jahr »galgenfrist« und dann wird enteignet, was sie sich erarbeitet haben. Dann ist man kein mensch mehr, der ansprüche anzumelden hat, dann ist man bittsteller, man »ist hartz 4«.

Dieser kapitalistisch organisierte staat, auf den herr Boes ein im weiteren verlauf der sendung noch ein loblied singen wird, kann und wird es sich nicht leisten, seine industrielle reservearmee in die »freiheit« zu entlassen. Die arbeitslosen sind für das system nützlich, beispielsweise, wenn die arbeitnehmer auf die idee kommen mehr lohn zu fordern, dann heißt es: es gibt genügend arbeitslose, die sich um eure gut bezahlten stellen reißen. Es werden immer die einen armen gegen die anderen armen ausgespielt, dadurch wird der profit der herrschenden klasse gesichert.

Insgesamt faselt er in der sendung sehr viel davon, »daß das jobcenter eine andere auffassung von arbeit hätte, als er«. Dem jobcenter ist das arbeitsethos wurscht. Die wollen, daß man sich aktiv um bezahlte arbeit bemüht und wenn es dann sein soll, an ihren »tollen« eingliederungsmaßnahmen teilnimmt. Mehr nicht. Bei den maßnahmen geht es im normalfall nicht um irgendwas »sinnvolles«. Es geht darum, die arbeitsbereitschaft und -fähigkeit der leute zu überprüfen.

Die umstrukturierung des arbeitsmarktes hatte den sinn, den druck auf die abhängig beschäfitigte bevölkerung, ob sie noch arbeit hat oder nicht, zu erhöhen.

Aber hören wir, was herr Boes kurze zeit später über die arbeitangebote, die er vom jobcenter erhalten hat sagt:
Boes: (…) wenn ich permanent vorträge krieg, irgendwo, ich müßte dann meine arbeit immer unterbrechen(…) und der zweite punkt ist, daß die art der arbeit aus meinem gefühl her zwangsarbeit ist (…), daß so viel druck drin ist, daß die leute sich auf arbeiten einlassen, auf die sie sich nie einlassen würden. (…)
Fast erschüttert mich die naivität des herrn Boes. Wir leben im besten wirtschaftssystem aller zeiten: dem kapitalismus.

Selbstverständlich wird ausnahmslos jede arbeit, die für den lebensunterhalt gut ist, ausgeübt. Das ist kapitalismus: Die mehrheit der menschen lebt keinesfalls im wohlstand, sondern in der zwangslage, den lebensunterhalt verdienen zu müssen.

Und das geht in den meisten fällen nur, wenn ihnen jemand, der sie für seinen gewinn brauchen kann, erlaubt zu arbeiten. Das ist der einzige grund, weshalb in diesem system gearbeitet wird: die einen wollen ein geschäft machen und die anderen müssen zusehen, irgenwie ihren lebensunterhalt verdienen.

Arbeiten, die (im gegensatz zur selbsternannten »nützlichkeit« der arbeit des herrn Boes) notwendig wären, jedoch nicht nicht als geschäftsmodel taugen, werden nicht erledigt, egal wie wichtig sie wären.
Maischberger:Frau Ralfs würde ich als nächstes fragen wollen. Sie haben so einen knochenjob als putzfrau - haben Sie sich mal gewünscht, Sie müßten morgens nicht aufstehen und es wäre trotzdem die miete bezahlt und das essen?

Ralfs:Für ein, zwei tage (…). Arbeiten gehört dazu zum leben. Ich kann das nicht verstehen, daß man nicht zur arbeit geht. (…)Wenn ich etwas zu sagen hätte, ich würde nach zwei jahren, egal ob ein mensch ein studium (…), eine gute ausbildung hat und nach zwei jahren (…) nicht einen guten job gefunden hat in seiner ausbildung, dann tut es mit leid, dann hat der das verfehlt, dann darf er nicht mehr, dann muß der einen anderen job annehmen(…), bei mir würde es zwei jahre geld geben und sonst nicht mehr.
Die h4gesetze besagen, daß man bereits nach einem jahr einen anderen job annehmen muß. Selbst wenn man davon nicht mal seinen lebensunterhalt bestreiten kann.

Die vielen arbeitslosen gibt es nicht, weil die gesetze so lasch wären, sondern weil es diese vielen tollen jobs gar nicht gibt. Der chef von frau Ralfs wird nicht zehn mehr putzleute einstellen, weil noch zehn diplom-soziologen vor der tür stehen, die auch wissen, wie man mit dem feudel umgeht und man sie für wenig geld beschäftigen kann.
Maischberger:wie viel verdienen Sie denn mit Ihrer arbeit, ich mein, was haben Sie für einen stundenlohn?

Ralfs:8€82 bekomme ich brutto, das ist mein stundenlohn und dafür arbeite ich.

Maischberger: Das ist jetzt nicht sehr viel und was haben Sie am ende des monats 1200, 1300 €?

Ralfs: Ja. Die arbeitszeiten sind zwischen abends 17 uhr und morgens drei, vier uhr
Offenbar wird frau Ralfs betrogen. Nach 20 uhr hat sie im grunde ein recht auf nachtzuschlag, anscheinend erhält sie den nicht, sonst müßte sie bei solchen arbeitszeiten bei vollzeit auf mehr netto kommen als 1200, 1300 €. Auch die arbeitszeit bis vier uhr morgens ist grenzwertig, weil länger als 10 stunden nicht gearbeitet werden darf. Mit solchen eigentlich unzumutbaren arbeitsbedingungen ist sie allerdings keinesfalls allein, das betrifft auch gutverdiener, die um an ihr geld zu kommen, immer mehr kostenlose überstunden leisten müssen.

Es entscheiden nicht die leute, ob sie diese oder jene tätigkeit ausüben können oder wie man sich die notwendige arbeit sinnvoll aufteilen kann, damit am schluß was vernünftiges rauskommt. Der markt diktiert, wie viele leute und zu welchem lohn beschäftigt werden.
Maischberger: Herr Boes, (…) haben sie den wunsch, daß Sie sich selber finanzieren(…)?

Boes:Wenn meine arbeit, die ich im moment leiste, erledigt ist, werde ich selbstverständlich dafür gucken, daß ich wieder geld kriege für meine arbeit.

Und die arbeit im moment heißt die verfassungswidrigkeit von hartz 4 auf den tisch zu bringen. (…) Ich sehe unsere gesellschaft in einem abgleitprozess (…), wir haben eine zwei-klassen-gesellschaft (…): diejenigen, diejenigen, die die steuerzahler sind und diejenigen, die nicht die steuerzahler sind (…). Für die einen gelten die grundgesetze, für die anderen nicht mehr (…). Und wenn die arbeit erledigt ist, bin ich jederzeit frei für nen job (…), der geld bringt.
Abstruse vorstellung, was klassengesellschaft ist.

Ich mache hier erstmal einen schnitt, weil das sonst auf einen satz zu viel wird. Weiteres zum thema »moppelkotze« folgt in den nächsten tagen.

Moppelkotze, zweiter teil

Foto am montag (32)

Winternachmittag am Tegeler See:


Donnerstag, 6. Dezember 2012

1-€-blog-klassiker: Der Weg nach unten ist kurz - und jeder kann ihn gehen.

Ich habe ein wenig im altarchiv des 1€blogs gestöbert und den artikel gefunden, mit dem im dezember 2007 alles anfing:
Was beinahe jedem klar sein müßte, hat Horst Hannibal Schmidt bereits in den 20er jahren des vergangenen jahrhunderts auf den punkt gebracht. Und dank weitreichender »sozialreformen« steht dem abstieg weiter bevölkerungsschichten nichts mehr im weg.

Hier soll ein forum entstehen, auf dem die situation der arbeitslosen und in armutsverhältnissen beschäftigten dokumentiert werden soll. Jeder kann kommentare schreiben. Bitte beachte, daß hier nicht gejammert wird und pöbeleien und beleidigungen nur in vernünftigen grenzen zugelassen sind. Beschönige nichts, sprich schonungslos aus, was Du zu sagen hast. Vermeide wörter wie »prekariat«, hier wird nichts schöngeredet, schreib' stattdessen »unterschicht«, »arme« oder »proletariat«, sprich niemals von »rückbau«, wenn Du »abriß« meinst!

»Der Weg nach unten ist kurz - und jeder kann ihn gehen.«
Inzwischen bin ich von dem konzept »arbeitslose und in armutsverhältnissen beschäftigte« ein stück weit abgekommen, weil es den sogenannten »normalbeschäftiten« längst nicht so gut geht, wie es wünschenswert wäre. Das original erschien am 4. dezember 2007.

Dienstag, 4. Dezember 2012

(K)ein jubiläum


Vor fünf jahren startete das 1-euro-blog an abwegiger stelle. Das ist alles andere als ein grund zum feiern.

Eigentlich fand ich blogs doof. Was soll man seine ansichten im internet kundtun, sich arbeit machen, wenn es dann doch keiner liest? Andererseits dachte ich, besser etwas schreiben, damit hinterher niemand von sich behaupten kann, es nichts gewußt zu haben. War alles im internet kostenlos lesbar.

Überzeugt bin ich nach all der zeit von der bloggerei nicht. Als ich anfing dachte ich »wenn ich blogge, kann ich vielleicht einen einzigen aufmerksam machen. Und das ist immerhin besser als keinen.

Viel gearbeitet und nichts geschafft. Auch gut. Werktätigen im kapitalismus ist es zueigen »für die katz« zu arbeiten. Somit unterscheidet mich nichts vom »normalarbeitnehmer«.

Für die leser, die diesen tag verständlicher weise mit einem anderen traurigen ereignis in verbindung bringen:


Montag, 3. Dezember 2012

Foto am montag (31)

Eine niedliche kohlmeise (parus major)

Mittwoch, 28. November 2012

»Sinkende reallöhne« als »verbesserung«, tatsächlich

Nun ist es schon mehr als einen monat her, daß der ehemalige bundeskrankheitsminister kundtat, der neue armutsbericht entspreche nicht der meinung der bundesregierung.

Da hatte ich nahezu das gefühl, es mit einem zu tun zu haben, der noch nicht recht in seinen kommunionsanzug hineingewachsen ist und dem man fast einen lolli schenken müßte, damit er mit der harten realität, in der es überhaupt nicht um meinung, sondern um wirtschaftliche gegebenheiten geht, klarkommt.

Damit es für ihn besser aussieht, wurde der armutsbericht umformuliert. So wurden aus »sinkenden reallöhnen« »strukturelle verbesserungen«.

Ein aufschrei ging durch die presse. Geschönt sei dies.

Ich hingegen war erstaunt über die ehrlichkeit mit der das mitgeteilt wird. Hier kann einem so richtig klar werden, für wen das bundeswirtschaftsministerium da ist: Es kommt doch auf die sichtweise an: für die großunternehmer sind die sinkenden reallöhne tatsächlich »struktuelle verbesserungen« - und an der stelle sollte man begreifen für wen die regierung und diese gesamte staatsveranstaltung da ist, nämlich nicht für die vielen menschen, die hier mit oder ohne arbeit ständig ums überleben kämpfen müssen.

Nie gedacht, daß ich das mal schreiben würde: Rösler hat recht.

Dienstag, 27. November 2012

Niedriglohn auf gutschein


Der SchröderIn ist offenbar aufgefallen, daß sie beim betreuungsgeld zu wenig an sich selbst und zu viel an andere gedacht hat.

Schließlich werden hierbei ministerInnen mit babys oder kleinkindern, die im amt statt zu hause bleiben, überhaupt nicht mit finanziellen vorteilen bedacht. Also muß ein gutschein her, mit dem haushaltshilfen 15 stunden à 6 € bezahlt werden sollen. Obendrein auch noch geizig!

Die staatliche subvention solcher stellen liefe übrigens auch noch auf ganz anderer schiene: selbst wenn eine fleißige haushaltshilfe acht oder zehn so bezahlter und staatlich geförderter stellen hätte, also vollzeit beschäftigt wäre, käme sie aus dem h4-bezug nicht raus.

Nur eine weitere idee, wie man die wohlhabende bevölkerungsschicht auf kosten der allgemeinheit fördern kann. Da wundert es glatt, daß die FDP dagegen ist!

Montag, 26. November 2012

Foto am montag (30)

Oft und gern gesehen. Eine blaumeise (parus caeruleus)

Sonntag, 25. November 2012

Eine schöne tageszeitung lesen

Lange zeit war es für mich ein unvorstellbarer luxus, morgens am frühstückstisch zu sitzen, einen milchkaffee zu trinken und ein gedrucktes exemplar einer guten zeitung zu lesen. Am gleichen frühstückstisch menschen, die sich genau so interessiert wie ich über die zeitung hermachen, beim zweitkaffee hatten die unterschiedlichen zeitungsteile die runde gemacht - und man fängt an, darüber zu reden.

Heute kann man ein onlineabo einer tageszeitung leicht mit menschen in aller welt teilen. Für mich ist die Junge Welt eine unverzichtbare morgenlektüre, die ich morgens am kaffeetisch im e-bookreader lese. Wahrscheinlich renne ich bei den lesern meines blogs offene türen ein: Sicher kennt und lest Ihr alle die »Junge Welt« und ich muß nichts erklären.

Abonniert oder spendet für die einzige tageszeitung, die etwas anderes schreibt als die konzerngesteuerte presse!

Freitag, 23. November 2012

»Deutschland geht es gut, den Menschen geht es schlecht.«

Das beinahe richtige zitat. Tatsächlich hat der »kriminelle vietnamese«, auch bekannt unter dem decknamen »bundeswirtschaftsminister«, gesagt »Deutschland geht es gut. Den menschen geht es gut.«

Da wirft sich mir eine frage auf: Sind für den die zwanzig bis fünfundzwanzig prozent der bevölkerung, die arbeitslos sind oder in niedriglohnverhältnissen schuften müssen, schlicht und ergreifend keine menschen?

Meine subjektive wahrnehmung der lebensverhältnisse in den letzten jahren ist jedoch, daß in der zeit seit der bundestagswahl 2009 sich auch lebensqualität der »normalabeitnehmer« verschlechtert hat. Wer »normal« oder vielleicht sogar »gut« verdient, wird erheblich stärker unter druck gesetzt, um die stelle zu behalten.

Arbeitnehmerrechte gelten nicht viel und werden umgangen. Die leute können sich ohnehin nicht weigern, zumutungen hinzunehmen, wenn sie in der globalen konkurrenz ihre derzeit noch bezahlten stellen behalten wollen.

Schland geht es gut, die menschen sind egal.

Donnerstag, 22. November 2012

»Lieber sozialabbau statt sanktionen«

In der sendung 2254 auf dradio kultur war gestern die hörermeinung zum thema »Jobcenter kürzen Leistungen säumiger Hartz-IV-Empfänger wie nie zuvor - haben Sie Verständnis für die Sanktionen?« (link führt zur sendung zum nachhören) gefragt.

Nur sehr wenige der anrufer befürworteten sanktionen oder forderten schärfere kontrollen. Stattdessen forderten gleich mehrere anrufer das bedingungslose grundeinkommen und wiesen auf das nicht-mehr-essen eines Berliners hin - ein hungerstreik soll es laut eigenen angaben nicht sein - der seit anfang november wegen sanktionen keine feste nahrung mehr zu sich nimmt.

Stattdessen lieber von vorn herein mittels BGE sanktioniert sein zu wollen ist eine komische forderung.

Die leute beklagen sich, daß man trotz »vollzeitbeschäftigung« während des h4bezugs vom jobcenter nicht in ruhe gelassen wird. Das jobcenter hat überhaupt keinen moralischen anspruch auf sinnvolle freizeitgestaltung von arbeitslosen. Ein arbeitsloser hat für die exakt eine aufgabe: der hat zuzusehen, daß er seine zeit und seine arbeitskraft irgendwie verkaufen kann. Und daran ändert ein BGE nichts, weil es nichts grundlegendes am zwang, sich geld zu verschaffen und zwar besser mehr davon, ändert.

Das BGE löst den zwang zur lohnarbeit nicht auf. Es würde nur die präferenzen ändern. Vom schlechten zum beschissenen.

Mittwoch, 21. November 2012

Mutter Krausen’s Fahrt ins Glück

Nach einer idee des graphikers Heinrich Zille entstand 1929 der proletarische stummfilm »Mutter Krausen’s Fahrt ins Glück«


Der film erzählt die geschichte der alten mutter Krause und ihren kindern, die im Berliner elendsbezirk Wedding in sehr beengten verhältnissen leben. Der film wurde an Weddinger originalschauplätzen und bis auf die hauptdarsteller mit den einwohnern des bezirks gedreht, für die das leben in den 20er jahren alles andere als »golden« war.

Etwas schade ist, daß die restaurierte fassung des films nicht mit der originalmusik von Paul Dessau gezeigt wird, sondern mit einer neuen musik von Michael Gross, nicht daß ich diese musik schlecht fände, mich hätte aber das original interessiert.

Wunderbare wirtschaftsfreiheit

Der bundesprediger hat beim Führungstreffen Wirtschaft 2012 eine rede gehalten in der er mehr als ein dutzend mal das wort »freiheit« benutzt hat.

Wie zu erwarten, wenn ein ex-pastor über wirtschaft spricht, besteht diese rede hauptsächlich aus schäbigen irrtümern, beispielsweise, daß es eine globale konkurrenz ohne verlierer geben könnte oder es in Europa so etwas wie ein »miteinander« gäbe.

Als ob die EUstaaten nicht in konkurrenz gegeneinander stünden und europäische nichtEUstaaten wie Rußland nicht sogar feindselig betrachtet würden. 

Später im text kommt er dann gar zum ganz großen »wir«: auch »Bangladesch, Budapest« gehörten in die große gemeinschaft der weltwirtschaft.

Sicher, mit den ausgebeuteten arbeitern in Bangladesch und an jedem anderen ort auf der welt verbindet die hiesigen doppelt freien lohnarbeiter das gemeinsame interesse, ein möglichst gutes leben zu führen. Und das wird unmöglich gemacht, indem die jeweiligen obrigkeiten, zu denen herr Gauck selbst auch zählt, ihre staatsangehörigen gegeneinander in konkurrenz zwingen, bedingt durch die tolle erfindung die man »markt« nennt.

Fast amüsant mutet es an, daß nach gauckscher theorie an dem elend die »gier« nach der jeans für zehn euro schuld sein soll. Die 1€jobber sind schon recht unverschämt. Aus purem geiz gehen die nicht im edlen zwirn in den park zum laubharken und hundescheißeaufsammeln!

Eine jeans vom billigheimer würde der eitle geck niemals tragen, daß der preis eines produktes jedoch nicht unbedingt auf die lebensqualität der menschen, die es hergestellt oder in den handel gebracht haben, schließen läßt, ist für den herrn pastor dann schon wieder zu weit gedacht.

Wie soll pastor Gauck es auch wissen, wie die arbeitsbedingungen in der von ihm so hochgelobten freien wirtschaft aussehen?

Der mann hat rund 73 jahre an lebenserfahrung. Nicht einen einzigen tag in dieser zeit durfte er als lohnabhängiger in der »freien wirtschaft« arbeiten.

Da hat er eindeutig was verpaßt.

Dienstag, 20. November 2012

Holzweg BGE

In seinem artikel »Konstruktionsfehler des Grundeinkommens« schreibt heute Jens Berger in den nachdenkseiten über die nichtfinanzierbarkeit des BGE.

Das ist das schwächste argument, das gegen das grundeinkommen spricht. Ich traue es menschenfreunden wie Thomas Straubhaar oder Götz Werner durchaus zu, daß sie in der lage sind auszurechnen, wie der ganze quark finanziert werden könnte. Die kommen dann auf die gute idee, daß man den leuten dann eben nicht 1000 € grundeinkommen zahlt, sondern einen betrag, der irgendwo zwischen 625 und 660 € liegen soll.

Simple logik: je niedriger das grundeinkommen liegt, desto bezahlbarer wird es. Es ist müßig, da hinterher zu rechnen. Leben könnte davon ohnehin niemand, so müßte man auch nicht mehr vom jobcenter unter androhung von sanktionen zu mistjobs gezwungen werden, man wäre schon von selbst sanktioniert, wenn man es nicht geschafft hat, sich selbst zu zwingen, ein paar euros zu verdienen.

Dem schluß des artikels kann ich zustimmen, den h4empfängern ware durch eine regelsatzerhöhung und die streichung der sanktionen erheblich mehr geholfen.

Montag, 19. November 2012

Strugatzki

Am montag verstarb der schriftsteller Boris Strugazki im 80. lebensjahr. Gemeinsam mit seinem bruder Arkadi gehörte er zu den berühmtesten autoren der sowjetischen phantastik.

Foto am montag (29)

Preußischer herbst II
Diesmal eine kleine bilderserie mit zug- und herbstvögeln. Das foto oben zeigt ziehende graugänse (anser anser).

Kiebitze (vanellus vanellus).

Ein grüppchen tafelenten (aythya ferina).

Ein suchbild: zwische den enten- und gänsevögeln findet sich ein mindestens ein dutzend kiebitze.

Ein kormoran (phalacrocorax carbo).

Sonntag, 18. November 2012

Wir sind bloed

Seit anfang november läuft in Berlin eine aktion, die mich an eine szene aus dem film »Das Leben des Brian« erinnert: der »held« der geschichte wird ans kreuz geschlagen. Ob ihn nun tiefe ungerechtigkeit oder simpel die eigene dummheit dorthin gebracht hat, tut eher nichts zur sache.

Beschämend ist, daß seine bewunderer nichts dafür tun, sein leben zu retten, sondern bloß davon reden, wie toll sie es finden, daß er sich aufopfert. Sogar ein selbstmordkommando kommt und bringt sich aus solidarität am fuße seines kreuzes um. 

Im film wirkt das absurd. Aber offensichtlich ist nichts grotesk genug, als daß es das nicht im richtigen leben geben könnte. In Berlin hat sich einer mutwillig in die situation gebracht, vom jobcenter nahezu komplett sanktioniert zu werden. Solidaritätsheischend möchte ein verein, daß man fleißig mithungert.

Als ob dadurch irgendein problem gelöst werden könnte. Die regierung hat sich noch nie durch ein paar tote erpressen lassen.

In diesem staat ist es völlig normal, daß menschen verhungern oder erfrieren, da erscheint es bescheuert, ausgerechnet von diesem staat zu verlangen, er möge es so einrichten, daß man hier vernünftig leben kann. Ein derartiges vertrauen darf man in diesen staat nicht haben.

Über das grundeinkommen und dessen risiken und nebenwirkungen habe ich mich hier und hier ausgelassen, nach wie vor empfehle ich zu diesem thema den vortrag von Wolfgang Rössler.

Für so etwas in hungerstreik zu treten ist keine gute idee. Natürlich ist es abzulehnen, die wohltätigkeitsmülldeponie »tafel« aufzusuchen. Stattdessen jedoch eine anders organisierte armutsbetreuung zu fordern, die dann »grundeinkommen« genannt werden soll, ist die totalverweigerung, sich mit den zwangsläufigen problemen auseinanderzusetzen, die unser wirtschaftssystem mit sich bringt.

Dienstag, 13. November 2012

»Ich hoffe, daß in Zukunft weniger Bahnsteigkarten gekauft werden…«


In der Jungen Welt vom heutigen tag findet sich ein interview mit Oskar Lafontaine.

Die Franzosen haben es sich anno 1789 mit der revolution wirklich leicht gemacht: Die haben nicht auf die erfindung der eisenbahn gewartet und haben so das bahnsteigkartenproblem schlau umgangen.

Montag, 12. November 2012

Foto am montag (28)

Erfreulich häufig kann man inzwischen wieder graureiher (ardea cinerea) beobachten. In Berlin begegnet man ihm sogar mitten in der stadt und es ist fast banal, einen graureiher zu sehen.

Hübsch anzuschauen ist er aber allemal.

Donnerstag, 8. November 2012

Nicht verhaftet, polizeischutz

Im Eulenspiegel von 1977 gefunden:
Nur ein bilderwitz. Leider noch immer aktuell.

Dienstag, 6. November 2012

Bahnsteigkarte

An sich ist Sahra Wagenknecht eine der sympathischeren deutschen politikerinnen. Sie sieht gut aus, ist intelligent und nun sowas. Sie fordert ein politisches streikrecht. Das ist komisch.

Nicht, daß ich etwas gegen politischen streik hätte, aber es hat etwas eigenartiges, die selbe obrigkeit, die einem es verunmöglicht, ein vernünftiges leben zu führen, um erlaubnis zu fragen, sich gegen die zumutungen, mit denen man tagtäglich konfrontiert ist, wehren zu dürfen.

Das, was der mensch im arbeits- oder arbeitslosenleben ständig als »normal« ertragen muß, würde man im »normalen« leben schlicht als erpressung bezeichnen.

So mußte ich an Lenin denken und hatte eine idee, meinen rechtstreuen landsleuten das leben etwas einfacher zu machen:

Bahnsteigkarte
Bitte ausdrucken, ausschneiden, ins portemonnaie stecken, immer mitführen und bei bedarf vorzeigen. Darf kostenlos weiterverteilt werden.

Montag, 5. November 2012

Foto am montag (27)

Ein haubentaucher (podiceps cristatus) im schlichtkleid.

Donnerstag, 1. November 2012

rummelrommel


Heute abend gibts in der ARD einen film zu sehen, den ich mir nicht anschauen werde. Schon allein, weil ich sowieso nicht fernsehn schaue.

Interessant ist, daß um diesen film schon länger ein medienrummel betrieben wird. Und - wie mir soeben ein freund mitteilte, liegt die DVD schon vor der erstausstrahlung verkaufsbereit in den läden.

Bitte laßt es einen flop werden! Lest lieber ein interessantes fachblatt!

November

Der wilden Affenscheiße ganze Fülle
Liegt auf der Welt in den Novemberkeiten.
Der Mond ist dumm. Und auf den Straßen schreiten
Die Regenschirme. Daß man warm sich hülle

In starke Unterhosen schon beizeiten.
Nur Bethge* haust noch auf dem Dichter-Mülle
Man nehme sein Geschmier. Zum Arschwisch knülle
man das Papier zum dienst der Hinterseiten.

Die Martinsgans glänzt in der braunen Pelle
Stefan george steht in herbstes-staat.
an Seiner nase glänzt der perlen helle.

Ein gelbes Rotztuch blinkt. Ein Auto naht.
Drin sitzt mit Adlerblick die höchste Stelle.
Fanfare tutet: Sellerie Salat!

* oder Benzmann oder Hesse – nach Belieben!


Georg Heym

Montag, 29. Oktober 2012

Foto am montag (26)

Preußischer herbst.
Weil heute das letzte oktobermontagsfoto erscheint, gibt es heute ausnahmsweise eine kleine bilderserie mit herbstlichen motiven aus Berlin und umgebung.


Wunderschön ist die herbstfärbung der parrotie (parrotia persica), diesen baum sieht man in Deutschland gelegentlich als parkbaum, wie der wissenschaftliche name vermuten läßt, stammt er aus dem Iran.




stachelbart (hericium coralloides)


hallimasch (armillaria mellea)


herbstlorchel (helvella crispa)


Sonntag, 28. Oktober 2012

Ein Industrieller

von Erich Weinert aus »Anonyme Grabschriften«
Unter diesem pompe funèbre
Ruht ein wackerer Arbeitgeber.
Arbeit gab er, und mit offenen Händen
Jeder Kreatur.
Für sich selber nur
Nahm er ganz bescheidene Dividenden.


Passend dazu auf dem friedhof gefunden:
Im detail:
»Arbeit ist des Bürgers Zierde. Segen ist der Mühe Preis.«

Ich glaube kaum, daß ein arbeiter sich so einen schmarrn auf den grabstein schreiben lassen würde. Der ist froh, daß ihm wenigstens auf dem friedhof des bürgers »zierde« und »segen« erspart bleibt.

Aber die »fleißigen arbeitgeber« gönnen sich nicht einmal selbst die letzte ruhe!

Dienstag, 23. Oktober 2012

Am 23. oktober vor sechzig jahren

wurde zum ersten mal in der »Bonner Republik« eine partei verboten. Es handelte sich um die SRPD (Sozialistische Reichspartei Deutschlands), deren mitglieder und wähler hauptsächlich ehemalige NSDAP-wähler waren.

Wie diese form des »staatsantifaschismus« in der BRD der Adenauerära mit ehemaligen NSDAPleuten in höchsten staatsämtern problemlos zusammengingen, erfährt man unter anderem aus diesem interview mit Freerk Huisken vom 6. oktober, welches am 8. im »freien radio potsdam« gesendet wurde.

Montag, 22. Oktober 2012

Foto am montag (25)

Eichhörnchen
Im herbst bleibt es nicht aus, daß man im park äußerst fleißigen »teufelchen« begegnet.

Sonntag, 21. Oktober 2012

Die gefährlichste band der welt


Ist selbstverständlich nicht die russische band, deren schönen namen man mit »fotze aufruhr« recht gut ins deutsche übertragen hätte, sondern die deren name auf deutsch »feine sahne fischfilet« lautet.

Aber was macht diese band so gefährlich? Haben sie den Kölner Dom, das Ulmer Münster oder wenigstens die Marienkirche zu Rostock gestürmt? Die mutter gottes zu bitten für uns sünder um die erlösung von dem bösen, beispielsweise in gestalt des bundespredigers?

Nichts dergleichen. Wer nicht verfassungsschutzberichtleser ist, kennt diese provinzband aus MeckPomm für gewöhnlich nicht, denn »feine sahne fischfilet« hat es immerhin zu anderthalb seiten im mecklenburgischen verfassungsschutzbericht gebracht.

Das löst in mir ein sonderbares mitgefühl aus: Wer in der jugend nie für ein undergroundfanzine schreiben durfte, hat es im alter schwer. Der kommt zu einer verknöcherten weltanschauung. Beispielsweise, daß, wie im verfassungsschutzbericht sinngemäß zu lesen, der staat zu bestimmen habe, was antifaschismus sei - das ist die vielbeschworene freiheit.

Der verfassungsschutz war über jahre hinweg nicht imstande, morde an ausländischstämmigen mitmenschen zu verhindern, hatte gar ku-klux-clan-mitglieder in den eigenen reihen. Aber immerhin bekommen sie es hin, ein paar junge menschen, die auf dem flachen land von dorf zu dorf tingeln und diese von oben bis unten nach bananen duftende republik nicht übermäßig toll finden, bestens zu überwachen.

Spitzelei nicht reformieren. Abschaffen!

Anmerkung:
Bei der band allerdings handelt es sich natürlich nicht um die gefährlichste band der welt, sondern bloß um die gefährlichste band Mecklenburg-Vorpommerns. Aber das hätte meine sensationsheischende leserschaft nicht hinter dem erkalteten kohleofen hervorgelockt.

Vielleicht geht es demnächtst wieder etliche nummern kleiner. Womöglich »die ätzendste frau Mecklenburg-Vorpommerns« oder so.

Donnerstag, 18. Oktober 2012

(Wegen der guten wirtschaftslage…) mir wird schlecht

An sich hatte ich nach den nachrichten von der »guten wirtschaftslage« gar keine lust mehr, mich mit neuigkeiten zu befassen, die im grunde gar keine sind.

Wie beispielsweise die »neuigkeit«, daß das Allensbach Institut im auftrag der irrenagentur nachgewiesen hat, daß es vorurteile gegen h4empfänger gibt..

Wofür braucht es da eine umfrage? Weiß doch jeder mensch, der die vergangenen acht bis zehn jahre nicht verschlafen hat und mit einigermaßen offenen augen durchs leben gegangen ist, aus dem alltäglichen erleben, daß es bereits vor der h4einführung vorurteile gegen arbeitslose gab. Geschürt von CDUleuten in der Springerpresse  und vom »zirkus sarrazyni«, der in der SPD lief, ganz zu schweigen. Siehe auch »Volksverhetzung von staats wegen und staatliche gegenpropagenda«.

Und jetzt soll ausgerechnet die pr-agentur Scholz and Friends, die das konzept für die arbeitgeberpropagandatruppe INSM ersonnen hat, den ruf der arbeitslosen mit der kampagne »ich bin gut!« retten, weil denen aus der irrenagentur mal aufgefallen ist, daß man solche nulpen, wie h4leute im öffentlichen bild dastehen nun auch wirklich keinem arbeitgeber zumuten kann. Dort werden »erfolgsgeschichten« von h4empfängern erzählt, weil man sich nicht mehr drüber einkriegt, was für super karrieren die in diesem staat hinlegen können. Diese PR-agentur hat uns auch so schöne pr-kampagnen beschert wie die mit dem damals noch nicht bundesprediger.

Darüber nachdenken, wofür dieser tolle staat ständig geld raushaut, will ich eigentlich nicht.

Ich bin nicht gut, aber mir ist bereits schlecht.

Dienstag, 16. Oktober 2012

Dank guter wirtschaftlicher lage: sanktionen für arbeitslose auf rekordniveau

Manchmal kommt man aus dem staunen nicht raus, wozu die »gute wirtschaftliche lage« in diesem staat fähig ist: Sie ermöglicht es nämlich, daß in diesem jahr bis ende juli bereits mehr als 520.000 arbeitslosen die stütze gekürzt werden konnte.

Hierzu sagte irrenagenturvorstand Heinrich Alt:
»Der Wert hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass wir aufgrund der guten wirtschaftlichen Situation - des Wachstums von Erwerbstätigkeit und Beschäftigung - sehr viele Angebote machen können.«

Wenn es tatsächlich daran läge, müßte es doch 89 % weniger strafen geben, wenn bei 11 % der fälle die meinungen, was eine zumutbare arbeit sei, auseinandergehen. Die gute wirtschaftliche lage ist an allem schuld: Erst daran, daß es keine rente gibt und jetzt an den strafen für h4empfänger.

Ich fange an, was gegen »gute wirtschaftslagen« zu haben.

Montag, 15. Oktober 2012

Foto am montag (24)

Ein wohlbeleibter frosch (ich bin nicht sicher um welche art es sich handelt, deswegen keine weitere angabe), der sich über die herbstsonne genau so freute wie ich. Der goldene glanz seiner augen ist im foto leider nicht so schön zu sehen, wie er tatsächlich war.

Sonntag, 14. Oktober 2012

Kulturhaus Zinnowitz

Zu meinem artikel »kultur ost - kultur west«, in welchem es um den zerfall des kulturhauses in Zinnowitz geht, schreibt Ronald Mehlhorn:
Ich erinnere mich auch gerne an die Zeit. Hatte 1985 dort meine Feier zur Schuleinweihung mit festlicher Rede und ganz stolz das erste mal mit meinem blauen Halstuch. Sicher war vieles besser aber nicht alles gut und man darf die Vergangenheit auch nicht mit verklärtem Blick sehen, sogern man sich auch dazu hinreißen läßt.

Heute steht nun dort ein erbämliches Stück Bauwerk wo einst getanzt, gesungen, gelacht und in stiller Aufmerksamkeit zugehört wurde. Am 1. Juli 1954 jährt sich die Einweihung des Mittelbaus zum 60. mal.

Ich bin optimistisch, daß in vielen Zinnowitzern der bisweilen stille Wunsch lebt diesen Schandfleck wieder zu einer attraktiven und erschwinglichen Anlaufstelle für Veranstaltungen und Begegnungen aller Art werden zu lassen.

Das Ziel das gemeinsame Bewußtsein dafür zu wecken soll eine Austellung im ersten Halbjahr 2014 in Zinnowitz haben, die dann mit einer Feierlichkeit auf dem Vorplatz des Kulturhauses im Park am 1. Juli endet.

Hierfür ist jede tatkräftige Hand herzlich willkommen. Ich möchte alles beitragen, von der Planung bis zur Ruine, was der Austellung dienlich ist, auch und grade persönliche Geschichten wie die erste Liebe wären eine schöne Anekdote. Viele Bilder, Filme und Ideen für eine Sanierung werden mit einfließen. Ich hoffe ich habe Euer Interesse geweckt und freue mich auf Eure Zusammenarbeit.

dr-roof@gmx.de
Leider kann ich keine persönliche geschichte über das kulturhaus erzählen, weil ich es nur in ruiniertem zustand kenne.

Die idee, durch eine ausstellung aufmerksamkeit für das kulturhaus zu wecken, finde ich gut und bitte deshalb meine leser, es weiterzusagen, daß selbsterlebte geschichte, die im zusammenhang mit dem kulturhaus in Zinnowitz steht, gefragt ist.

Für mich wäre es interessant zu erfahren, wie der kulturbetrieb dort zu DDRzeiten ausgesehen hat.

Freuen täts mich, wenn ich weiterhin darüber höre, was mit dem kulturhaus passiert.

Samstag, 13. Oktober 2012

Herzlichen glückwunsch

Die »Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften« (kurz GWUP) feiert heute ihr 25jähriges jubiläum. Hierzu gratuliere ich.

Zum thema passend gibt es in der ARDmediathek ein video »die wunderhändler - geschäfte mit dem übersinnlichen«.

EU erhält dynamiterfinderpreis für frieden

Weil die Europäische Union weltweit nicht nur für sozialen sprengstoff sorgt, sondern auch bereit ist den »kampf für den frieden« auch mit waffengewalt auszutragen, erhält sie den friedenspreis, der nach dem erfinder des dynamits benannt ist.

Da können die griechischen, portugiesischen und spanischen arbeiter wirklich dankbar sein, daß ihre staaten beizeiten der EU beigetreten sind und sie bloß verhungern müssen anstatt in einem krieg erschossen zu werden.

Ist so wesentlich humaner!

Freitag, 12. Oktober 2012

Hexenjagd

Als ich heute früh bei recht gutem herbstwetter einen stadtspaziergang machte, ging ich in einen buchladen. Das ist an sich nichts erzählenswertes, weil ich trotz elektronischen büchern gern und oft realexistierende geschäfte aufsuche, um dort nach lesenswertem zu gucken.

Im regal lagen nebeneinander Heinz Buschkowski »Neukölln ist überall« und Ursula Sarrazin »Hexenjagd«.

»Vielleicht war das mit der hexenverbrennung nicht in jedem fall eine schlechte idee!« schoss es mir durch den kopf.

Einen moment später stand ich unverrichteter dinge wieder auf der straße und stellte fest, daß schlechte literatur auch ungelesen unmenschliche gedanken hervorruft.

Der sarrazin-champignon (amanita phalloides - weiße farbvariante).

Vorsicht! Auf keinen fall essen - am besten auch nicht anfassen - und wenn, dann nur mit derben gummihandschuhen.

Er ist ein leider nicht seltener giftbolzen, der langsam und qualvoll tötet.

Dienstag, 9. Oktober 2012

Ostprodukte im westregal

In diskussionen erlebe ich es immer wieder, daß die DDR als wirtschaftlich nicht leistungsfähig bezeichnet wird, weil sie nicht imstande gewesen sei, ihre bürger mit dem notwendigsten zu versorgen.

Das problem der DDR war nicht, daß dort keine hochwertigen waren produziert wurden, sondern daß die DDRwirtschaft für die versorgung der bevölkerung rohstoffe auf dem weltmarkt einzukaufen mußte - und für die weltmarktpreise devisen benötigte. Daher entstand die absurde situation, daß die besten waren an den klassenfeind geliefert wurden.

Diese doku bestätigt, was ich seit jahren immer wieder gesagt und geschrieben habe: zur bunten warenwelt der BRD hatten ärmere leute vor allem wegen der preiswerten waren aus der DDR zugang - zu dingen, die in der DDR oft sehr teuer waren, oder schwer zu bekommen.

Montag, 8. Oktober 2012

Foto am montag (23)

Weil ich in der vergangenen woche nichts schönes über die Peenewiesen schrieb, heute ein foto von einem braunkehlchen (saxicola rubetra), das ich dort gemacht habe. Selten gesehen und hier zum ersten mal fotographiert.

Nachtrag: Im bild zu sehen ist ein weibchen - wer das auffälligere männchen im prachtkleid anschauen möchte, schaue sich das bild bei »politik en kultuur« an. Merci, Nadja

Sonntag, 7. Oktober 2012

Lachen mit Steinbrück

»Ich bin kein Knecht des Kapitals!«

 Ja, selbstverständlich nicht! Knechte wie Sie nennt man heutzutage »mietmaul«.

Tag der Republik

Zur feier des tages gibt es heute die bekannteste komposition von Hanns Eisler zu hören. Der text ist von Johannes R. Becher.

Samstag, 6. Oktober 2012

Wegen guter wirtschaftlicher lage: Kein geld für altersrente

Vorhin fand ich auf tagesschau.de ein kurzinterview mit Jochen Hansen vom Institut für Demoskopie Allensbach zum thema altersvorsorge.

Damit ich nicht vergesse, was man im öffentlich rechtlichen fernsehen geboten bekommt, wenn der link in einigen wochen verschwunden sein wird, habe ich den text mitgeschrieben, man kommt aus dem staunen kaum raus (es folgt o-ton tagesschau):

tagesschau: Die ausgaben für die private alterversicherung sind also auf dem niedrigsten stand seit 2005. Warum will niemand mehr investieren?

Jochen Hansen: Im moment ist das gefühl relativ stark verbreitet, obwohl noch immer fast die hälfte anders denkt, wir haben genug getan und das ist sicherlich auch eine folge der relativ guten wirtschaftlichen lage.

tagesschau: Auf der anderen seite machen sich die menschen aber sorgen, wie sie im alter über die runden kommen sollen. Andererseits investieren sie nicht genug. Wie ist dieser widerspruch zu erklären?

Jochen Hansen: Sie kommen immer in den konflikt, mehreres zugleich zu wollen. Und altersvorsorge ist für viele doch etwas, was noch ziemlich weit von ihnen entfernt liegt, so daß die anderen ausgaben eigentlich einen höheren stellenwert haben, sieh es man auf die beruflichen investitionen, sehe man auf die im bereich des tourismus oder eben im bereich des häuslichen und altersvorsorge ist für sehr viele wirtschafts… ähem… gesellschaftliche kreise doch etwas, was dann nicht so dringlich ist und von daher gibt es einen gewissen widerspruch auch, den man aber aushält, weil er nicht innerhalb der nächsten ein, zwei jahren schon einzulösen ist.

tagesschau: Welche rolle spielt denn die schuldenkriese im euroraum in bezug jetzt auf die entwicklung was die altersvorsoge angeht?

Jochen Hansen: Insgesamt ist man schon sehr besorgt, also mehr als die hälfte, die hier wirklich deutliche auch auswirkungen sieht, aber vor allem denkt man, also, es könnte eine gefahr sein, daß nicht mehr genügend staatliches geld für die rentenversicherung da ist, so daß die renten gekürzt werden müßten. Im verhalten allerdings hält sich das, wenn man so will kündigungsverhalten sehr in grenzen, das heißt die meisten reagieren eher gelassen und warten ab.

tagesschau: Wenn vorgesorgt wird, in was vertrauen die Deutschen am meisten?

Jochen Hansen: Im moment sind die immobilien in sehr hohem grade praktisch gewünscht. Aber natürlich vertraut man auch nach wie vor in die gesetzliche rentenversicherung. Und dann in elemente wie gold innerhalb der letzten jahre zunehmend, aber sehr vieles bleibt eigenlich im gleichen rahmen, wie über jahrzehnte fast… wahrscheinlich… ahem… immer für richtig gehalten wurde.
Insgesamt kein wort davon, daß es sich hierbei um eine umfrage im auftrag der Postbank handelt, bei der herauskam, daß nur 16 % der befragten berufstätigen die »Riesterrente« für sicher halten, die staatliche schneidet immerhin mit 48 % ab.

Mit dieser information läßt sich die erste antwort einigermaßen interpretieren - die frage allerdings bleibt genau so dämlich im raum stehen, wie sie von anfang an war: altersvorsorge als »investition« ist eine wette auf das eigene leben - und wenn man jetzt schon nichts zum verknuspern hat, dann sieht es für das alter mau aus.

Dies mit der »relativ guten wirtschaftlichen lage« zu begründen ist finster. An der selben »relativ guten wirtschaftlichen lage« liegt es nämlich zufälliger weise, daß immer mehr menschen von ihrer arbeit nicht leben können, nebenher sozialleistungen beantragen müssen oder einem zweit- und drittjob nachgeben. Aber vermutlich liegt es an der »relativ guten wirtschaftlichen lage«, daß es diesen zweit- und drittjob überhaupt gibt.

Zum glück muß man vom öffentlich-rechtlichen fernsehen keine nachbohrenden fragen erwarten, stattdessen wird zwar immerhin erkannt, daß da ein widerspruch im raum steht, worin jedoch der widerspruch besteht, wird selbstverständlich nicht angesprochen.

Der widerspruch der hier im raum steht, ist der, daß lohnabhängige menschen, die den gesamten reichtum erarbeiten, den es in der welt gibt, kaum genug zum leben abkriegen, darauf ist das meinungsforschungsinstitut in all den jahren der meinungsforscherei nie gekommen. Ist es möglich, daß die einfach die falschen fragen stellen?

Da wundert es einen nicht, daß die herausgefunden haben wollen, daß die jungen leute ihr geld lieber verjuxen als es fürs altenasyl aufzusparen. Fällt es denn in den bereich »touristik«, wenn man gezwungen wird, täglich 200 km zur arbeit zu fahren - oder ist das »berufliche investition«?

Muß es einen wundern, daß die leute, die noch geld haben, lieber ein haus haben möchten, als es windigen versicherungsvertretern für ihre sexreisen hinterherzuwerfen?

Die erklärung, weshalb der guten wirtschaftlichen lage wegen das geld für die altersrente fehlt, blieb der herr vom Allensbach Institut leider schuldig.

Freitag, 5. Oktober 2012

Das ist der gipfel

Schon wieder demographischer wandel. Als wäre es schlimmer als pocken, pest und cholera gleichzeitig, wird in der FAZ beklagt, daß die lebenserwartung der menschen hierzulande in zukunft weiter steigen würde. Geradezu als sei nicht die krankheit geißel der menschheit, sondern deren überwindung. Auf dergestalte affenscheiße muß man erstmal kommen:

zitat FAZ
»…den künftigen Rentner durch erhöhte Mindestrenten mehr Einkünfte zu verschaffen, als sie im gegenwärtigen System erworben haben. Auch die SPD-Führung setzt auf eine „Solidaritätsrente“, die von der nächsten Generation zusätzlich zu den bereits geschilderten Belastungen übernommen werden soll.«


Aha. Schon mal danach gefragt, wie in diesem system renten erworben werden? Wer ständig malocht, aber nichts bis wenig verdient, bekommt hinterher auch nichts. Das ist nicht nur für alternde, ungelernte niedriglöhner ein problem, sondern gerade auch für junge leute, die bereit sind, sich in der hoffnung auf ausbildung zu bescheiden mit einem minimallohn, oder gar ohne lohn arbeiten. Die lebensmöglichkeiten der jungen leute werden nicht von den gierigen rentnern gefressen, sondern von den kapitalinteressen, da beißt die FAZ kein faden ab.

Die in den vergangenen hundert jahren erhöhte produktivität kommt nicht denen zugute, die diesen reichtum erarbeiten, sondern denen, die arbeiten lassen und von ihrem reichtum nichts in die rentenkasse abgeben. Wobei die »rentenkasse« selbst schon eine erfindung ist, die notwendig ist, weil das system so ausgelegt ist, daß die arbeitende bevölkerung so gehalten wird, daß sie immer arm bleibt.

Die steigende lebenserwartung zweifele ich an. Als meine urgroßmutter geboren wurde, lag die lebenserwartung für neugeborene mädchen bei ungefähr neununddreißig jahren, die geringe lebenserwartung war der schlechten medizinischen versorgung und den harten lebensbedingungen geschuldet. Sie lebte rund zweieinhalb mal so lage. Als kind und junger mensch hatte sie eine gute gesundheit, im alter war sie durch medizinischen fortschritt und ein einigermaßen vernünftiges sozialsystem versorgt.

Bei menschen meiner generation läuft es umgekehrt - ohne fortschrittliche medizin hätten wir (meist) die ersten lebensjahre nicht überlebt. Mag sein, daß die lebenserwartung des menschen steigerbar ist, jedoch nicht ohne geld.

Ohne mich als hellseherin betätigen zu wollen, behaupte ich, daß beim derzeitigen abbau der medizinischen versorgung die lebenszeit der unteren bevölkerungsschichten drastisch sinken wird.

Somit die armen selbstlos die rentenpunkte an die bessergestellten abtreten werden.