Samstag, 21. November 2009

Mechthilds Albtraum

Hätte ich die entwicklungen in meiner ehemaligen heimatstadt nicht aus der ferne beobachtet, hielte ich die geschichte, die der film »Henners Traum« erzählt womöglich dem reich der Grimmschen Märchen entstiegen. Nur waren die Gebrüder Grimm, welche in der nordhessischen provinz märchen sammelten und aufschrieben mit ihren geschichten näher an der realität als die erfinder des »Schloß-Beberbeck-Resort«.

Das kann man dem filmemacher Klaus Stern nicht zum vorwurf machen. Er dokumentiert erfreulich kommentarlos den größenwahn. Jeder blamiert sich so gut er kann selbst. Ministerpräsident Koch und der Nordhessenhenner im gespräch. Es fällt die bemerkung, daß die im schloß untergebrachten demenzkranken ohnehin nicht wissen, wo sie sind. Die haben keine ahnung, daß sie im walde wohnen. Die könnte man auch auf die »kirschenplantage«, wie in Hofgeismar der wachsende müllberg, in Hofgeismar freundlich als »entsorgungszentrum« betitelt, heißt, entsorgen.

Niemand weiß, wer in den mehr als achthundert luxuriösen hotelzimmern übernachten soll. Ich vermute, daß in jedes zimmer ein hundertjahre schlafendes Dornröschen gelegt werden soll, das seinen komatösen drogenrausch ausschlafen muß. Hoffentlich ist ihre kreditkarte so lange haltbar, sonst landet sie vorzeitig in der gosse.

Wer kann sich das leisten - und wer möchte dann ausgerechnet nach hessisch sibirien? »Disneyland für reiche« mit künstlich geschaffener landschaft gibt es auf der welt genug, den Reinhardswald, wie er als kulturlandschaft ist, nur einmal. Ich kann mich daran erinnern, daß die stadt Hofgeismar einst ferienheime hatte. Man konnte dort nicht jedes jahr urlaub machen, weil es nicht darum ging, wer sich die unterkunft dort leisten kann, sondern möglichst vielen menschen gelegentlich eine ferienreise zu ermöglichen. Die unterbringung war einfach. Das essen oft scheußlich. Trotzdem nahm der eine oder andere neue eindrücke und schöne erinnerungen mit nach hause - und ohne in urlaubsbedingten konsumrausch verfallen oder gar gezwungen worden zu sein. Heute kann man den armen bevölkerungsanteil in ferienanlagen nur dann gebrauchen, wenn sie den reichen die golfschläger hinterhertragen oder die klos putzen.

Sofern »reichtum einen namen« hat, wie im werbefilmchen erzählt wird: Hofgeismar heißt er nicht, der besagte reichtum. Seit jahren hat dies nest kein kino mehr, weil das alte kino wegen einsturzgefahr geschlossen werden mußte. Liebe kommunalpolitiker: fangt klein an. Besorgt geld, das schöne Bali denkmalgerecht zu sanieren. Sofern dann weitgereiste euer dorf besuchen wollen, könnt ihr eine neue jugendherberge planen.

Mein dank geht an »neues vom glöckner« durch den ich auf die möglichkeit, den film aus der ZDFmediathek auf meinem alten computer anzuschauen, aufmerksam wurde.Dem kommentar dazu kann ich größtenteils zustimmen.

Mich holt mein schlimmster albtraum ein: Hofgeismar ist überall.

Mittwoch, 18. November 2009

Menschenunwürdiges trotz verklärung nicht untergegangen

Am vergangenen montag warnte bundespräsident Horst Köhler vor der verklärung der DDR und würdigte mit mut und zivilcourage 12 personen, die in der DDR rechtliche probleme hatten: Hubertus Knabe, Jörg Drieselmann, Berthold Dücker, Rainer Eckert, Jutta Fleck,  Roland Geipel, Benno von Heynitz, Martin-Michael Passauer, Christoph Polster, Erika Riemann, Heinz Schwollius und Jochen Stern.
Mit ausnahme des niederlausitzer pfarrers Christoph Polster, der sich, wie ich hörte, heute noch für den frieden und gegen rechtsextremismus engaiert, ist mir nicht bekannt, daß diese personen heute couragiert für einen demokratischen rechtsstaat eintreten würden. Bei allem respekt, den ich jedem, dem persönliches unrecht widerfuhr, entgegen bringen möchte, kann ich das politische engagement für die menschlichkeit einiger der frischgebackenen bundesverdienstkreuzträger nicht erkennen.

Objektiv betrachtet war in der DDR manches faul. Mit dem einseitigen umgang mit der deutschen geschichte verhält es sich so, als seziere man mit begeisterung einen toten mistkäfer. Man stellt fest: Mist war für ihn überlebenswichtig. Der brudermistkäfer, der gleichen scheiße entstiegen, überlebte ihn, jedoch wird ihm nie vorgeworfen, daß er sein tagwerk nicht geändert hat.

Unmenschlichkeit, Du bist ein deutscher traum!

Samstag, 14. November 2009

Die neuesten erkenntnisse

Neuesten forschungsergebnissen des herrn prof. dr. Raffelhüschen zufolge ist ein gesundheitssystem für reiche besonders effizient, wenn man vom system benachteiligte zwar überproportional belastet, sie allerdings vom leistungskatalog ausschließt. Luxus wie zahnmedizinische leistungen benötigt nicht jeder.

Laut Raffelhüschen gäbe es das problem der kinderarmut nicht, wenn man alleinerziehende zur arbeit zwangsverpflichten würde. Welch ein glück, daß sich durch zwangsarbeit das problem des armutslohns lösen läßt - wer geld hat, kann sich eine versicherungspolice kaufen, um selbstlos der notleidenden branche ein paar groschen zuzuschieben, wer trotz arbeit arm bleibt, ist selbst schuld und darf in die röhre gucken.

Das »in die röhre gucken« kann man hier üben:



Die Schöne Aussicht im hintergrund wird zukünftig nur für zahlende gäste freigeschaltet, alle anderen haben keine schönen aussichten mehr.

Zahnbehandlungen sind luxus. Als großzügiger mensch bin ich dafür, daß sie für intelligenz wie herr prof. dr. Raffelhüschen jederzeit kostenlos zur verfügung stehen sollten.

Donnerstag, 5. November 2009

Mohn macht doof

Froh möchte ich mich schätzen, daß ich durch den nichtbesitz eines fernsehers vor den segnungen des privatfernsehens verschont bleibe. Um zu wissen was läuft, habe ich mir zum ersten mal auf der internetseite von rtl einen beitrag angesehen, auf den ich durch die nachdenkseiten aufmerksam wurde.

Als erstes fiel mir auf der verlinkten seite das kleine werbefenster auf, welches mir einreden soll, daß ärsche in reizvollen dessous meine fantasie steigern würden. Nein danke. Ich möchte herrn Buschkowsky nicht im straps sehen - und die macher von »explosiv« schon gar nicht.

Wo sind die medien dieser republik eigentlich hingekommen, daß sie arbeitslosen hinterherspitzen müssen, was sie im einkaufsbeutel haben? Könnte es sein, daß die journalisten sich einfach nicht an die ernsthaften dinge ran trauen? Merkel hat gemeinsam mit Ackermann im kanzleramt steuergelder versoffen, und nicht nur das.

Darf man gegen die nichts sagen, weil das berufsalkonauten sind, die das brauchen, während die billigbiertrinker aus der unterschicht moralisch noch zu retten wären?

Es gibt keinen grund, sich ausgerechnet jetzt besonders über die berichterstattung aufzuregen. Das läuft schon seit ewigkeiten so. Schön wäre es, wenn sich mehr tvgucker trotzdem aufregen würden - und zwar nicht über die »gegenstände« der berichterstattung, sondern über die drahtzieher.

Gebt es weiter. Mohn macht doof - Ihr alle habt argumente, warum.