In seinem vor über 10 Jahren erschienenen artikel schrieb Dario Azzellini über die entwicklung in Berlin:
»Die rasante Verarmung - verursacht durch das kontinuierliche Absinken der Haushaltseinkommen - ist vor allem in Berlin deutlich spürbar. Bis zum Mauerfall wurde ein Großteil des Berliner Haushaltes über Bundesmittel subventioniert. Noch 1990 summierte sich die Bundeshilfe auf 14,2 Milliarden DM (6.625 DM pro EinwohnerInnen in Westberlin). Damit wurde das bereits damals einsetzende Absterben der Industrie gebremst. 1998 bekam Berlin über den Länderfinanzausgleich - als größter Nehmer - immerhin noch 4,89 Milliarden DM - 2.525 DM pro EinwohnerInnen. In Westberlin führte dies zu einem starken Kaufkraftverlust und der Verringerung der öffentlichen Ausgaben. Die Berliner Verwaltung reduzierte die Anzahl ihrer Beschäftigten im Zeitraum 1991-1998 von 298.338 auf 199.298 Personen.«
Die richtung, in die es gehen würde, war damals absehbar. Auch im jahr 2000 war es bereits gängige praxis, bestimmte tatigkeiten an sogenannte dienstleistungsfirmen zu übertragen, um tarifverträge zu umgehen. Über die situation der berufstätigen Frauen schrieb er:
»Tarifverträge sind eine Errungenschaft, die vorwiegend Männern, und in zunehmendem Maße nur noch Deutschen vorbehalten ist. Frauen bleiben in der Regel auf unterbezahlte, nicht tariflich geregelte oder illegalisierte Beschäftigung verwiesen. De facto verfügen 73 Prozent aller Frauen über 15 Jahre über keine eigenen Einkünfte oder über monatliche Einkünfte von unter 1.800 DM, auch wenn sie Vollzeit beschäftigt sind. Frauen in bessergestellten Positionen verdienen im Durchschnitt 30 Prozent weniger als Männer, die mit den gleichen Aufgaben betraut sind.«
Na da können berufsemanzen wie »Tante Emma« jubeln! Immerhin beträgt der unterschied zwischen dem gehalt von männern und frauen heute »nur« noch 25 %. Mädchen, wenn du warten kannst, wirst Du in wenigen jahren schon genau so viel verdienen wie ein mann!
Oder eben genau so wenig. Daß der unterschied kleiner geworden ist, liegt eben nicht daran, daß jetzt mehr frauen in besser bezahlte positionen gelangen und tariflohn erhalten - vor 10 jahren gehörte ich zu den bevorzugten, die in einer eher männlich dominierten branche tariflohn bekamen - ich sehe nicht, daß mehr frauen es in derartige tariflohnarbeit geschafft hätten, die zeiten sind vorbei. Die politik hat dafür gesorgt, daß mehr männer in armutsarbeitsverhältnisse gezwungen werden. Das freut mich kein bißchen - schon allein weil es mir gar nichts nützt, wenn andere auch nicht von ihrer arbeit leben können.