In den
NachDenkSeiten stand in der letzten woche ein gespräch mit dem diplombiologen Markus Fiedler zu seinem film »Die dunkle Seite der Wikipedia«. Der titel des films läßt schon tief blicken. Fiedler »enthüllt« in seinem film, was der nicht völlig naive nutzer der Wikipedia ohnehin längst weiß: ungeprüft sollte man nicht alles glauben. Aber das gilt so oder so für alles, was man an information bekommt.
Umgangssprachlich ist mir die Wikipedia als »allwissende müllhalde« geläufig. Der name ist passend, denn man findet in der Wikipedia zu so ziemlich allem irgendwas, aber nicht alles was man auf einer müllhalde findet, ist ohne bedenken verwertbar.
In den film habe ich nur kurz reingeschaut. Da wird beklagt, daß lexika wie der Brockhaus nicht mehr nachgedruckt werden, weil Wikipedia sie kaputt konkurriert habe. Das ist bedauerlich, aber obwohl er von profis erstellt wurde, war auch der Brockhaus nicht immer objektiv und neutral: ich habe eine ausgabe des dtv-Brockhaus von 1988. Wenn man die texte über westliche länder liest, stellt man fest, daß dort rohstoffe für gewöhnlich
abgebaut werden, während in staaten des ostblocks die rohstoffe
ausgebeutet. Das gibt der selben angelegenheit sprachlich einen sehr unterschiedlichen anstrich. Der Schönbergschüler Hanns Eisler, den Arnold Schönberg als seinen begabtesten schüler bezeichnet haben soll und der einer der bedeutenden komponisten der ersten hälfte des 20. jahrhunderts ist, wird mit keiner silbe erwähnt. Politisch unerwünscht. Hat eine hymne für den falschen staat komponiert.
Aber zurück zur Wikipedia. Unter anderem soll am beispiel Daniele Ganser »bewiesen« werden, daß die Wikipedia »rufmord« betreibe. Der historiker prof. Gregor Schöllgen schrieb im april 2009 über Gansers buch »NATO-Geheimarmeen in Europa« in der FAZ, daß genaugenommen Gansers einzige quelle ein vierseitiges papier der Bundesregierung vom dezember 1990 sei.
Desweiteren wörtlich: »Was Ganser hier zusammenträgt, ist zwar in der Gesamtschau bemerkenswert, im Einzelfall aber zumeist schon bekannt und nicht selten grotesk überzeichnet. So auch im Fall der Bundesrepublik Deutschland, wo zunächst die "Organisation Gehlen" und nach deren Überführung in die Bundesverwaltung, also seit April 1956, der BND für die "Stay behind"-Aktivitäten zuständig war.«
Mit anderen worten, Gansers »enthüllungen« waren größtenteils vorher bereits »enthüllt« und er arbeitet mit übertreibungen, um das alles etwas sensationeller aussehen zu lassen.
Hierzu sagt Fiedler in den NachDenkSeiten wörtlich:
»wer sich das buch von dr. Ganser nicht kauft, kann diesen sachverhalt nicht nachvollziehen.«
Wie bitte? Weil eine negative rezension zu Gansers buch es in die Wikipedia geschafft hat, soll sich alle welt das buch kaufen, weil man sonst nicht darüber urteilen könne? Das sind feine geschäftsmethoden!
Kritik an einem werk ist eben
kein rufmord. Wenn man die kritik für unberechtigt hält, muß man beweise bringen und wenn man das nicht schafft, war die kritik womöglich nicht völlig unberechtigt. Es ist als eher positiv zu werten, daß derartiges nicht so einfach aus der Wikipedia verschwindet. Ansonsten könnte auch die Bertelsmann Stiftung anmelden, daß die in der Wikipedia erwähnte kritik in wirklichkeit rufmord sei und einen imageschaden anrichte.
Den ruf der NachDenkSeiten muß die Wikipedia nicht schädigen. Das schaffen die glatt allein.