Freitag, 2. Oktober 2015

Fünf fragen zu den FNL

Heute fand ich eine als »repräsentative umfrage« getarnte nationalismuswerbung der MDM Münzhandelsgesellschaft in Braunschweig im briefkasten.
Man soll eine Deutsche gedenkmünze erwerben. Natürlich zum »dankeschön sonderpreis«, weil man brav die Deutsche einheit bejubelt. Ich möchte weder eine münze noch jubeln, aber die fragen trotzdem vollständig beantworten:
»1. Wo haben Sie die Feiern zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 erlebt?«
o Zuhause
o Ich kann mich nicht erinnern
o Auf einer öffentlichen Veranstaltung
o ________
Tierpark Friedrichsfelde. Die Sibirischen tiger konnten trotz Deutschnationaler euphorie die absperrungen nicht überwinden und wurden gehindert, in Westberlin zu feiern.

Ich allerdings habe keinen grund zum feiern gesehen und habe den tag verschlafen.
»2. Welches Ereignis im Verlauf der Wiedervereinigung hat Sie am meisten berührt?
o Der Fall der Mauer am 9. November 1989
o Die Einführung der D-Mark am 1. Juli 1990
o Die Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990
o ________«
Was mich damals ehrlich berührt hat, war die ruinierung einer gesamten volkswirtschaft in so kurzer zeit und die rasant ansteigende zahl der arbeitslosen und kurzarbeiter von 0 auf mehr als 2,3 millionen innerhalb weniger monate.

»3. Was ist Ihrer Meinung nach in den Neuen Bundesländern heute besser als in der DDR?
(Mehrfachnennungen möglich)
o Mehr Demokratie
o Wirtschaftliche Situation
o Meinungsfreiheit
o Ich sehe keine Verbesserung
o ________«
Die schönen JobCenter, die überall entstanden sind, die der rückständige DDRstaat nicht hatte. Und natürlich, daß wer nicht berechtigt ist, auch gar nicht über so einen schnickschnack wie reisefreiheit nachdenken muß.

Außerdem wurden die leute mit BILD und Superillu beglückt.
»4. War der Zeitpunkt für die Wiedervereinigung richtig gewählt?
o Ja
o Nein, die Wiedervereinigung kam zu früh
o Ich bin mir nicht sicher
o ________«
Warum überhaupt »wiedervereinigung«? Ein Deutschland ist gut aber besser sind zwei!
»5. Sind wir Ihrer Meinung nach heute wirklich ›ein Volk‹?
o Ja
o Nein, es gibt noch unterschiede zwischen Ost und West
o Ich bin mir nicht sicher
o ________«

»Die Deutschen« sind noch nie ein volk gewesen: Bayern und Friesen, zum beispiel, haben weder eine gemeinsame kultur noch eine gemeinsame sprache. Wenn dann auch noch ein Sachse hinzukommt, herrscht Babylonische sprachverwirrung. Allerdings wird »volk« über die herrschaft definiert, der es unterstellt ist. Und da sind regional- oder klassenunterschiede egal.

***

Auch in diesem jahr ist der untergang des sozialismus nicht unbedingt ein grund zum feiern.

9 Kommentare:

  1. Aloha,

    ich weiß nicht mehr was ich so getan hatte,aber gefeiert hatte ich auch nicht.

    Zu 2)

    Einführung der DM am 1. Juli 1989(sic!)???
    Steht das wirklich so da?

    Nun ja, eingeführt wurde das Dingens am 1. Juli 1990.

    lg
    Hagnum

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  2. Natürlich 1990. Das kommt davon, wenn man ohne korrekturlesen texte hochlädt.
    Liebe grüße

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  3. Tja, damals war ich noch in Italien... aber von dort habe ich einen Anschluss gesehen, nich eine Wiedervereinigung.

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  4. Das musste ich aufnehmen - vielen Dank für die Inspiration! :-)

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  5. Der sogenannten DDR stand ich ungefaehr so nahe wie dem Suedosten der Mongolei und nach der westdeutschen Schleiferei durften die Ossies endlich mal die wahren Fruechte der Demokratie und ihrer sozialen Marktwirtschaft geniessen. Und natuerlich wurde dadurch bis zum heutigen Tag alles viel besser.! .........

    Kurz danach zog das gluecklich vereinte GrossDeutschland wieder in den Krieg und ich nahm etwas spaeter('95) die erst beste(einzige)Gelegenheit wahr, diesen gesamten Fehlentwicklungen zu entfliehen.
    Nach 7 hoellischen Jahren im Lone Star-State(amerikanisches Bayern) zog ich ins Land der Floridioten und stiess, uebelst zufaellig, auf ein Grueppchen ausgewanderter Ossies, welche mir ueber die harsche westdeutsche Schleifung/Ruinierung ihrer Volkswirtschaft erzaehlten, welche sie(Dreher/Feinmechanik/Elektronik/.. und den Rest diesbezueglich florierenden Mittelstands und die gesamte DDRueberhaupt, schlichtweg dicht machten/enteigneten. (diese fachkraeftigen Ossies fanden in US wesentlich unverzueglicher Selbst/Beschaeftigung denn im bananenversprechenden Wessiedoitschland)

    Wie schon betont, ist inzwischen und bis heute im deutschen Westen/Osten alles besser.! ... und diametral zu diesen erfreulichen Entwicklungen, bin ich konfusionierender Weise unfaehig an dieser Glueckseligkeit teilnehmen zu koennen/wollen/muessen.

    Fuer meine Geburt in diesem Land trage ich keine Verantwortung ... :-)

    Gruss
    Jake

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  6. Also eine Münzhandelsgesellschaft ist ja prinzipiell vielleicht nicht die unpassendste Stelle für das Thema *lach*... zudem fallen alte Münzen & Briefmarken verkaufende Geschäfte ja auch öfters mit 'Militaria' verkaufenden Antiquitäten-Geschäften zusammen... *passt scho(n)* [auch die konkrete Münzhandelsgesellschaft macht übrigens ihre Geschäftchen mit monetären NS-'Memorabilia', z. B. der "erste(n) 1-Reichspfennig-Münze des 'Dritten Reiches' in prägefrischer Qualität!" mit echtem Hakenkreuz drauf etc. > http://www.mdm.de/historische-muenzen/deutsches-reich-1933-1945] *würg*

    Entsprechend fallen die Fragen aus, die ja eigentlich auch schon die Antworten vorgeben sollen... ;-)

    Wie Du und Deine Leser*innen muss auch ich die Münzhandelsgesellschaft aber wohl enttäuschen. Ich war damals natürlich gegen den Anschluss demonstrieren (zwar "auf einer öffentlichen Veranstaltung", gefeiert haben dort aber nur NPD-Nazis & Republikaner, jedenfalls so lange, bis wir verkatert eingetrudelt sind - dann war zumindest deren Spuk allerdings schnell vorbei (^.^) [Frage 1]), was mich dennoch weniger 'berührt' hat als der 'Mauerfall', da ich schon damals ahnte, in welche Abgründe sich das entwickeln würde [Frage 2], bin seither nicht mehr aus dem Erbrechen herausgekommen [Frage 3] und habe 25 Jahre gebraucht [25 Jahre Bauch- und Kopfschmerzen als Antwort auf Frage 4], um auf dieses Thema überhaupt nochmal zurückzukommen, und das auch nur, bevor alles noch schlimmer wird und im Bestreben, dass wir auch künftig niemals ein Volk werden tun täten [Frage 5].

    Hier mein ein bißchen weniger flapsiger, ausführlicher Report unter dem Titel "Keine Feiertage: 3. Oktober, 9. November":
    http://style-berlin.blogspot.de/2015/10/keine-feiertage-3-oktober-9-november.html

    in meinem ansonsten hoffentlich erquicklicheren Blog für Stil, Sexyness und Schönheit!
    Herzlichste Grüße von einer kleinen "Engelin der Geschichte"... <3

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  7. sers, Mechthild :-)

    die fragen sind ja in etwa so bescheuert wie die wahlantworten! wenn ich diese sorte 'kollegen' nicht aus einem früheren leben kennen würde, wäre meine annahme, daß es die "Marsianer" waren, die sie gestellt haben :-D

    und zur antwort an den Mars: 1989 war ich bereits krank, zugedröhnt und habe mich für die kommende (vermeintliche) freiheit der Ostdeutschen gefreut. 1990 war ich weiter krank, zugedröhnt, sah aber ganz nüchtern die kommrnden probleme ...

    DAS sind halt 'meine zwei cents' und ich freue mich ja, weiter von Dir zu lesen.

    BG
    Frank

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    1. Salü Frank,

      Dir jibts ooch noch? Schön, daß Du noch lebst.

      Ich bin kein knickstiefel. Deshalb blogge ich munter weiter.

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anmerkungen willkommen, mißbrauch strafbar.