Donnerstag, 31. Juli 2014

Die hofnarren sollen schweigen

Bei der kabarettsendung »Die Anstalt«, vormals »Neues aus der Anstalt« hatte man schon lange den eindruck, daß sie so etwas wie die hofnarrensendung des ZDF war bzw. ist. Dort wurde oft in kabarettistischem rahmen kritik ausgesprochen, auf die man im »heute-journal« vergeblich gewartet hätte. Nur scheint es einigen medienvertretern nicht geschmeckt zu haben.

Der medieninitiative »das ZOB« gegenüber äußerte sich Max Uthoff folgenermaßen:



Zitat Max Uthoff:
»[…]Es handelt sich tatsächlich nicht um eine zensurmaßnahme des ZDF, es ergab… ist schließlich eine gerichtliche anordnung gewesen. Das ZDF hat uns unterstützt, hat die einstweilige verfügung nicht unterschrieben. Und so wurde das ganze vom gericht geklärt und in der ersten instanz haben wir sozusagen verloren in anführungsstrichen und mußten die inkriminierten stellen aus der mediathek rausnehmen.[…]Und bei der nächsten instanz werden wir schauen, ob das bestand hat, das urteil.
[…]
Wir sind immer noch der meinung, daß unsere behauptungen stimmen. Und das ist natürlich ein bißchen eine frage der korinthenkackerei. Herr Bittner zum beispiel, behauptet er sei nicht mitglied des german marshall fund. Und das stimmt auch, der ist nicht mitglied der ist participant, also teilnehmer. An dieser kleinigkeit hängt der sich auf […]«

Dazu noch einmal die gesamte sendung vom 29. april. Interessant wird es ab minute 37:



Zitat:
»Moment mal, ein journalist von »Der Zeit« arbeitetet an einem strategiepapier mit, das die außenpolitik Deutschlands neu ausrichtet - und schreibt dann hinterher wohlwollend über diese strategie […]«

Mir ist nicht bekannt, daß die eliten aus politik oder wirtschaft die kritik aus der »Anstalt« nicht ertragen hätten. Es läßt doch tief blicken, daß es die sogenannten »qualitätsjournalisten« sind, die den hofnarren des ZDF den mund verbieten wollen und nach zensur schreien.

Montag, 28. Juli 2014

Foto am montag (117)

Wenn man auf dem balkon gern nüsse und mandeln ißt, finden sich gelegentlich ungebetene gäste ein.

Die eichkatze war sehr fleißig. Sie hat den inhalt meines nußtellers in der ganzen nachbarschaft verteilt.

Freitag, 25. Juli 2014

Skandal: Tagesthemen bekommen für ehrlichen bericht programmbeschwerde

Im grunde hatte ich nichts darüber schreiben wollen. Vor zwei wochen äußerte sich in den tagesthemen ein gymnasiumsanwärter dahingehend, daß er nicht »durch so ein asiviertel« zur schule fahren wolle.

Im tagesthemenbericht war es um die wohnungsnot in Leipzig und die daraus resultierenden probleme gegangen. Laut bericht erstickt die stadt fast am zuzug aus dem umland, weil niemand damit gerechnet habe. Die folge ist auch mangel an infrastruktur. Darüber sagt die mutter des kindes, das »nicht durchs asiviertel will«, daß sie eine umfassende allgemeinbildung für ihren sohn wolle.

Welche mutter, die halbwegs bei trost ist, würde das denn nicht wollen? Die frau ist künstlerin, in der DDR aufgewachsen, hat dort einen international anerkannten wettbewerb gewonnen und ist dort dementsprechend gefördert worden.

Anscheinend ist ihr nach der wende nicht genug allgemeinbildung vermittelt worden, daß sie in diesem »neuen« staat selbst für die bildung ihrer nachkommen verantwortlich ist. Kein kind »muß« auf eine bestimmte schule, sie kann ihr kind auf jedes internat der welt schicken, wenn die staatsschule zu ordinär ist. Sie muß halt bloß ein paar steine dafür locker machen. Für arme ist bildung schiksal, für reiche käuflich.

Daß die tagesthemen drüber berichten, wie selbstverständlich solche leute glauben, daß ihnen dieser staat doch etwas schenken müßte, das ihren bedürfnissen irgendwie entspräche, soll ein skandal sein.

Wie die leute dazu kommen so zu denken und die zustände, die die spaltung der gesellschaft vorantreiben, offenbar nicht.

Aber bei der ard ist halt leichter beschweren. Auch wenn die bloß mitgeteilt hat, wie bestimmte menschen denken. Da wird einmal was berichtet, das tatsächlich stimmt. Und schon ist es auch nicht recht.

Dienstag, 22. Juli 2014

Das patriachat

An sich könnte man frau dr. habil. Heike Diefenbach zustimmen, wenn sie in ihrem aufsatz »Das patriachat« (pdf) feststellt, daß der »staatsfeminismus« frauen als mehr oder weniger homogene gruppe zusammenfaßt und ihnen mit quotenregelungen ein gemeinsames interesse unterstellt, das ja tatsächlich nicht vorhanden ist.

Auch ihre kritik an der »feministischen philosophie«, daß frauen schwierigkeiten mit der »patriachal geprägten vernunft« hätten, geht meines erachtens völlig in ordnung.

Wenn sie nur nicht als lebender beweis für weibliche irrationalität dastünde. Auf seite 14 des verlinkten werkes schreibt sie:
»[…]Und bereits Bebel, der Begründer der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung und (gemeinsam mit Karl Liebknecht) der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei im Jahr 1869[…]«
Wie der am 13. august 1871 geborene Karl Liebknecht bereits 1869 eine arbeiterpartei mitbegründen konnte, kann zumindest ich rational nicht erklären.

Aber bedeutende männer werfen eben ihren schatten voraus.

Montag, 21. Juli 2014

Foto am montag (116)

Blauflügel-Prachtlibelle (calopterix virgo).

Samstag, 19. Juli 2014

Montagsschüttelreim

Ken Jebsen ging zur mahnwache,
verbreitete nichts als wahnmache,
er redete stunden blindwütig,
doch seinen theorien bloß windblütig.

Mehr ist mir zu dem thema nicht eingefallen, sonst gibt es dazu nichts weiteres zu sagen und etwas anderes als schweinreim wäre es kaum wert.

Aber nicht vergessen: Geht heute lieber in den wald, ja?!

Freitag, 18. Juli 2014

Montags zu hause bleiben - teil 4 - teilnehmer der montagmahnwachen

Im Juni führte die TU Berlin eine befragung der teilnehmer der »montagsmahnwachen für den frieden« durch. Daran nahmen in Berlin und vier anderen städten knapp 400 demonstranten teil, was einem knappen viertel der dortigen teilnehmer insgesamt entsprach.

Das altersspektrum der montagsmahnwache ist realtiv jung, fast 50  % der teilnehmer der montagsmahnwachen sind zwischen 25 und 39 jahren alt. Damit läßt sich vielleicht erklären, warum 39 % der leute sich auf einer links-mitte-rechts-skala nicht einordnen können, denn mit den jahren weiß man doch eigentlich, ob man eher progressiv, liberal oder eher konservativ/reaktionär denkt. Die teilnehmer der montagsmahnwachen sehen das zum teil als »bauernfängerei«.

»Bauernfängerei« ist es, wenn man wie unterhosenforscher Elsässer mit reaktionären ideen hausieren geht und dann von sich behauptet »links« zu sein.

Wenn man sich eine welt ohne widersprüche und konflikte wünscht, sollte man sich als erstes überlegen, wo denn die hauptursachen für konflikte liegen und worin die widersprüche in der gesellschaft denn liegen. Mit dem schuldgeld können die nämlich nicht aus dem weg geräumt werden, weil die ausbeutung im kapitalismus nicht allein durch den zins stattfindet, sondern auch durch die ungleichverteilung der produktionsmittel.

42,6 % der befragten gaben an, bei der letzten bundestagswahl die LINKSpartei gewählt zu haben, die »volksparteien« kamen auf zusammen knapp 7 %, während GRÜNE, PIRATEN und AfD jeweils zwischen 12 bis 15 % der stimmen bekamen.

Eine diktatur im nationalinteresse wurde von rund 90 % der befragten abgelehnt, interessanter weise waren jedoch knapp 20  % der ansicht, daß wir einen führer bräuchten, der zum wohl aller Deutschen mit starker hand regiert. Tut das die Merkel nicht schon? Mit starker hand regieren, zum wohle des nationalinteresses?

Antisemitischen oder NS-verharmlosenden äußerungen stand die breite mehrheit ablehnend gegenüber. Ungefähr 2 % waren der ansicht, daß der Hitlerfaschismus seine guten seiten hatte oder daß juden mit üblen tricks arbeiten würden, um zu erreichen, was sie wollen. Im vergleich zur gesamtbevölkerung liegt nach dieser befragung der anteil der rechtsextremen auf den montagsmahnwachen unter dem durchschnitt der gesamtbevölkerung.

Für mich stellt sich da nur die frage, warum leute, die offenbar wenig oder nichts mit den reaktionären ansichten des großteils der redner zu tun haben, sich hinstellen und denen zujubeln. Als würden sie nichts von dem begreifen, was dort geredet wird.

Morgen, am 19. juli soll in Berlin die erste bundesweite mahnwache stattfinden. Bleibt zu hause. Es geht nicht hauptsächlich um den frieden, sondern um werbung und selbstdarstellung einiger wichtigtuer.

Und wenn Ihr den Berlinaufenthalt schon geplant habt, packt die badehose ein und nichts wie raus zum Wannsee. Morgen werden hier temperaturen um 32°C erwartet, dann wird in der innenstadt eine unerträgliche hitze brüten. Also macht ein picknick im Treptower Park, schaut Euch die »gärten der welt« im Erholungspark Marzahn an, springt zur abkühlung in Müggel- Tegeler- oder Langen See oder was es sonst noch gibt.

Oder »geht mal in den wald! Ja?!« (Ken Jebsen).

Ausflugstipps gibt es hier.

Montags zu hause bleiben - teil 3.2 - redner der montagmahnwachen

Andreas Popp ist unternehmer und nach eigener auskunft finanziell unabhängig. Nicht verwechseln sollte man ihn mit dem gleichnamigen »piraten«, gemeint ist hier der Popp von der »wissensmanufaktur«.

Nachdem die sendung Kulturzeit negative kritik für das interview mit Jutta Ditfurth bekommen hatte, gab Popp seinerseits selbiger sendung ein fast einstündiges interview. Hinterher bezichtigte er Kulturzeit der »professionellen propaganda« und der »subtilen meinungsmanipulation«, weil in der 40-minütigen sendung, die schon immer aus mehreren filmbeiträgen oder kurzinterviews von ca. 5 bis  10 minuten länge bestand, »wichtige aussagen des interviews« verzichtet wurde.

Das 1€blog hat keine kosten und mühen gescheut und die wichtigen aussagen des interviews mitstenografiert. Selbstverständlich nicht ohne anmerkungen.
Popp: »Ich denke ich bin nicht links und nicht rechts, ich versuche lieber vorne zu sein«
In einer kapitalistischen konkurrenz ist es sicherlich besser, »vorne« zu sein. Dann sind nämlich die anderen zwangsläufig »hinten«. In den tresoren der Popp AG wurden 2010 laut bericht der Süddeutschen 800 kg gold und 42 t silber verwahrt. Man hat eindeutig ein bequemeres leben, wenn man mit derartigen anlagegeschäften reich wird, als wenn man in Afrika, Lateinamerika, Australien oder sonstwo das zeug aus der erde holen muß und trotzdem kaum genug für den lebensunterhalt verdient.
Popp: »Es geht nur noch um stimmen es geht nur noch um die privilegien der politiker und das ist wie die ›reise nach Jerusalem‹: wenn die musik aufhört zu spielen, dann sind ein paar leute übrig aber die stühle sind besetzt. Das ist der punkt«
Hier wird der niedergang des staates wegen »pöstchenschacherei« beklagt. Mir ist dazu sofort ein zitat eines anderen Deutschen »denkers« eingefallen, der einst schrieb: »Noch niemals wurde in der deutschen Geschichte schamlosere Günstlingswirtschaft getrieben als in der demokratischen Republik. Ein großer Teil [...] fällt auf das Konto jener Parteien, die einst die Bahn dem Tüchtigen freizumachen versprachen, dabei aber bei Besetzung von Ämtern und Posten ausschließlich die Parteizugehörigkeit im Auge hatten.«

Einfach leute für die wahl agitieren zu wollen und hinterher von privilegien pofitieren zu können, scheint in der heutigen republik kein hindernis am erfolg des staates in der imperialistischen konkurrenz zu sein, wie es seinerzeit jener beklagte, der unter dem pseudonym »führer« bekannt und beliebt wurde.
Popp: »[…] Wenn ein umverteilungsprozeß stattfindet, wie wir ihn in ›plan b‹ deutlich beschreiben, nicht von arm nach reich, weil die armen haben nichts zu verteilen, sondern die ›fleißigen nach reich‹ […]«
Da hat »plan b« offensichtlich etwas falsches herausgefunden. Aber etwas anderes sollte man auch nicht von figuren erwarten, die sich auf den faschistischen zinskritiker Gottfried Feder beziehen. Im april des jahres wurde Feder auf deren internetseite noch folgendermaßen gewürdigt: An dieser Stelle soll auch der Erfinder dieser Methode der Staatsentschuldung gewürdigt werden. Es ist Gottfried Feder (1883 - 1941), der diese Idee schon 1919 in seinem „Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft“ veröffentlichte. Heute wird dieser große Wirtschaftstheoretiker leider noch immer mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht, obwohl er ab 1933 keine Rolle mehr spielte und seine Zinskritik von da an von Kapitalisten, Kommunisten und Nationalsozialisten gleichzeitig bekämpft wurde.

Der text kommt inzwischen in etwas »entschärfter« form daher, die falsche behauptung, Feder sei von den nazis bekämpft worden, haben sie nicht geändert. Auch selbst wenn diese textpassage gestrichen würde, änderte es nichts daran, daß auch das konzept des »plan b« auf Feders irriger annahme fußt, daß es »raffendes und schaffendes« kapital gäbe.

Aber zurück zur verteilung von fleißig zu reich. Wer lohnarbeiten geht, mag auch heutzutage gelegentlich noch einen lohn erhalten, der einen gewissen wohlstand ermöglicht. Im normalfall wird der wohlstand aber nie so groß sein, daß der lohnarbeiter sich einfach mitten im leben entschließen könnte, das arbeiten bleiben zu lassen. Mit dem wohlstand ist es nicht weit her, wenn das mit der lohnarbeit nicht mehr klappt. Also gehören sie zu den armen. Die armen haben nämlich etwas, das man ihnen wegnehmen kann: ihre lebenszeit und ihre arbeitskraft. Und genau das wird auch getan.
Popp: »[…]Ich weiß nur, daß irgendwann die chefin der wissensmanufaktur, die Pia Kästner, mir irgendwann mal die anfrange hinlegte, ob ich interesse hätte, dort aufzutreten. Und dann habe ich schlicht und ergreifend ein bißchen recherchiert, wer sind die handelnden personen, das war dieser Lars Märholz und ich hab ihn mir angesehen, mit seinen langen haaren, klassische linke szene, politisch aus meiner sicht unbeschrieben[…]«
Das ist mal etwas ganz neues, daß man politische gesinnung plötzlich an der frisur erkennen soll. Da fragt sich nur, weshalb einer aus der »klassischen linken szene«, trotz original-linkem fusselbart vermutlich mit läusen drin, ausgerechnet rechten ideen folgt und das mißgeschick es zudem zuläßt, daß erst redner mit rechtem gedankengut gefragt wurden.

Welch zufall, welch zusammenspiel. Da hat dem Märholz das schiksal aber wirklich übel mitgespielt, daß ihm ausgerechnet für den ostermontag keine anderen als Jürgen Elsässer, Andreas Popp und Rico Albrecht eingefallen sind! Es gibt sonst schließlich keine menschen, die man als »klassischer linker« hätte fragen können.
Popp: »[…]und dadurch, daß wir den ›plan b‹ entwickelt haben wird sofort ein sozialistisches - und zwar linkssozialistisches gedankenmodell unterstellt, denn wir haben auch sehr, sehr stark mit der unterstellung des linksextremismus zu tun[…] aber da gibt es dann halt einige personen, die dann eben halt da bei uns ein sozialistisches modell entdecken wollen und dann eben halt gegen uns schießen. Ich weiß nicht, wo es herkommt, em , ich weiß auch es soll vor allem angst machen[...]«
Daß Popp hier tatsachen ins gegenteil verdreht, ist eine sache. Was er dem verehrten publikum an intelligenz zutraut, niederschmetternd.

»Das was ich den menschen sage, das wissen sie alles. Ich formuliere eigentlich ihr bauchgefühl. Mehr will ich gar nicht.«
Wenn mein bauchgefühl so beschissen wäre, würde ich dringend einen gastroenterologen aufsuchen.
Popp: »[…] Ich empfinde hier momentan bei diesen leuten, die kritisch sind gegenüber dem heutigen system manchmal gewisse parallelen zu den geschwistern scholl, die sich auch irgendwann mal gegen ein system gewehrt haben, ende der 30er jahre und anfang der 40er hingerichtet wurden dafür […]«
Manchen menschen ist nichts zu ekelhaft. Sophie und Hans Scholl haben ihr leben im kampf gegen den faschismus riskiert und wurden vom staat ermordet. Wer sich selbst oder andere sesselpupsende redenschwinger mit denen auf eine stufe stellt, macht sich lächerlich. Mir ist nicht bekannt, daß man in diesem staat für flugblätterverteilen gefahr liefe, vor gericht gestellt und geköpft zu werden.

Das immerhin nicht.

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Eigentlich hätte ich noch mehr material über die montagslaberer auf lager. Ungefähr ein vierteljahr lang habe ich mir angeschaut, was die so machen. breits anfang mai kritzelte ich in mein notizbüchlein folgendes:

»Für Elsässer scheint das alles generell eher eine werbeveranstaltung zu sein seine texte enden immer so ähnlich wie ›liebe kinder! Hat Euch mein märchen vom bibubabubobubärchen gefallen? Dann gebt mir Euer taschengeld und abonniert, damit ich zukünftig wenigstens ein paar beträge auf meinem konto begrüßen darf, wenn ich Euch schon bären aufbinde.‹

Klappern gehört zum handwerk und marktschreierei zum geschäft. Diese figuren wollen offenbar ›irgendwie im geschäft‹ bleiben. Und da sie anscheinend von allerhand windigen geschäftsmodellen leben, müssen sie das auch.

Aber weshalb soll ich mich deshalb auf die straße stellen und jubeln? Wer anstatt sich montags dies dampfgeplauder anzuhören zu hause bleibt und stattdessen beispielsweise ein gedicht von Brecht, Kästner, Tucholsky oder Mühsam liest (ich will nicht davon anfangen, Marx zu lesen) hat mit sicherheit mehr für den weltfrieden getan.«


Interessant daß Harzpeter schrieb: Bei Meister Jebsen habe ich irgendwie das Gefühl, dass er hauptsächlich in eigener Sache unterwegs ist. Vielleicht liebäugelt er ja damit, dass seine Auftritte und seine daraus resultierende "Halbprominenz" auch an anderer Stelle Aufmerksamkeit erregen und ihm bei einem großen Privatsender eine eigene Sendung Marke "Jebsen deckt auf", "Jebsen enthüllt", "Jebsen wühlt in der Scheiße", "Jebsen allein im Wald", "Jebsen hebt ab", "Jebsen fliegt mit" oder dergleichen einbringen könnten.

Ein kommentar, der kurz auf den punkt gebracht hat, was ich während meiner schreiberei die meiste zeit gedacht hab. Kein witz.

Mein lieblingszitat von unterhosenforscher Jürgen Elsässer möchte ich jetzt aber auch nicht einfach weglassen:
»Beim Blick in die eigene Unterhose ist doch jedem klar, dass es einen Unterschied zwischen Mann und Frau gibt.«
Das verschafft einen gewissen einblick, womit dieser mann sich tagein, tagaus beschäftigt.

Elsässer rief zu »souverenitätkonferenz« auf. Wer etwas über deren sarrazynistischen charakter erfahren möchte, schaue bitte auf dem narrenschiff vorbei.

Mittwoch, 16. Juli 2014

Montags zu hause bleiben - teil 3.1 - redner der montagmahnwachen

Natürlich können hier nicht alle, die mal auf einer der mahnwachen gesprochen haben, berücksichtigt werden. Dieser artikel ist aber auch gar nicht dazu gedacht, jeden satz der dort geäußert wurde zu dokumentieren, sondern soll nur einen eindruck geben wie einige der montagsredner denken.

Ken Jebsen ist radiomoderator, der bis 2011 bei Radio Fritz eine radioshow moderierte, bis er wegen antisemitismusvorwürfen gekündigt wurde. An sich wirkt er immer wie ein überdrehter animateur, der mit dampfplauderei ein publikum zu unterhalten sucht, oftmals wirr redet und dabei tierisch nervt.
Jebsen: »Ich könnte jederzeit ebenfalls für eine art von propagandaministerium arbeiten. Mach ich aber nicht. Weil der frieden ist dafür zu wichtig. Mach ich nicht. Ich wäre ein super werber, ich könnte mir eine goldene nase verdienen. Ich bin ein topverkäufer. Ich könnte ihnen alles verkaufen. Mach ich aber nicht.«
Irgendwie scheint er ein wenig zur selbstüberschätzung zu neigen, nicht jeder kauft einem dauerplappernden schwatzheini jeden mist ab. Es soll sogar leute geben, die sich bei derartiger marktschreierei abwenden und das weite suchen.
Jebsen: »[...]wir haben eine immer kleinere zahl von menschen die arbeit haben gegen ein großes heer von menschen die keine arbeit haben - hier wird mangel von arbeit organisiert. Man verspricht ihnen ›Du bekommst einen arbeitsplatz‹ aber es wird eben nur dann ein geschäft, wenn Du den, der arbeit hat gegen den stellen kannst, der keine arbeit hat, um dessen löhne zu drücken - und das ist erpressung. Das ist mangel von arbeit[...]«
Das ist eine krause aussage, die ein stück weit richtig ist, aber überhaupt nicht den kern der angelegenheit trifft.

Als erstes ist dazu anzumerken, daß arbeit in jedem falle mühsal bedeutet und ein mangel daran im grunde etwas positives wäre. Man geht doch nicht malochen, um sich an der eigenen mühsal zu ergötzen, mühsal möchte man doch möglichst wenig haben. Man ist stattdessen auf einen arbeitsplatz angewiesen, weil man geld verdienen muß. Ohne geld ist man in unserer gesellschaft selbst von den elementarsten grundbedürfnissen ausgeschlossen.

Arbeit findet in dieser gesellschaft nur statt, wenn der mensch der sie verrichtet einen produktionsmitteleigentümer findet, den er durch seine arbeit bereichern kann und seine arbeit so für einen anderen zum lohnenden geschäft wird.

Daß es nur ein geschäft würde, wenn man den arbeitsstellenbesitzer gegen den arbeitslosen ausspielen könne, ist humbug. Daß durch eine hohe arbeitslosenquote die konkurrenz um arbeitsplätze erhöht wird, ist bloß ein für die kapitaleigner günstiger nebeneffekt.

Auch in zeiten, in denen arbeitslosigkeit quasi unbekannt war, hat lohnarbeit auf dem selben erpressersystem basiert, daß der lohnarbeiter mehr abzuliefern hat, als er zum leben benötigt.

An dieser sauerei hat sich bisher offensichtlich kein montagsdemonstrant gestoßen.
Jebsen: »[...]und vielleicht mal ein gedankenexperiment, was passieren würde ... was würde passieren, wenn wir allen denen die jetzt von h4 vegitieren müssen oder im niedriglohnsektor acht stunden arbeiten und trotzem geld vom amt bekommen, um ihre kinder - was schon an sich asozial ist - was würde passieren, wenn man diesen menschen ein grundeinkommen geben würde, was würden diese menschen machen? Die würden sich zuerst die dinge leisten, die sie sich lange nicht leisten konnten, die produktion würde hochgefahren werden, das heißt diese menschen würden langsam in den arbeitsprozeß kommen - immer mehr leute würden in den arbeitsprozeß kommen - immer mehr leute würden anfangen zu produzieren, die produktpreise würden fallen, igendwann hätten alle alles und die arbeit wäre getan und was machst Du dann mit diesem heer von menschen, die nicht mehr arbeiten müssen, um alle alles haben. Diese menschen kannst Du über arbeit nicht mehr steuern und nicht mehr frei rumschubsen. Das heißt das ist gar nicht gewünscht, daß wir uns ein grundeinkommen verschaffen. Das ist gar nicht gewünscht. Denn menschen die ein grundeinkommen bekommen, die nicht mehr arbeiten müßten wegen dem geld, die fangen an, nachzudenken, die fangen an, dinge zu tun, die sie machen wollen, aber sie sollen nicht dinge tun die sie machen wollen, sie sollen das machen, was andere wollen. [...]«
Das »gedankenexperiment«, was passieren würde, wenn es ein grundeinkommen gäbe, habe ich vor längerer zeit schon gemacht.

Dort schrieb ich:

Aber was würde passieren, wenn es grundeinkommen gäbe? Würde plötzlich das paradies auf erden herrschen?

Ja, ich glaube schon. Das würde garantiert eintreten. Allerdings nicht für den lohnabhängigen, sondern für den, der ihn beschäftigt. Derzeit bezahlt der arbeitgeber, wie schon erwähnt 2271€93 pro monat für den arbeitnehmer. Weil die sozialversicherungspflicht wegfällt, braucht der arbeitnehmer nur noch den nettolohn von 1301€39 zu erhalten - und der setzt sich aus 651€39 und 650€ BGE zusammen. Davon darf man sich sowohl privat gegen alle notlagen versichern als auch ca. 50 % konsumsteuer finanzieren. Schönes leben.

Der arbeitgeber spart 1620€54. Für ein unternehmen mit 20000 mitarbeitern würde dies eine ersparnis von 32.410.800 € bedeuten. Jeden monat. Damit hätte man glatt den schlecker retten können. Die armen leute, die dort arbeiten wohl eher nicht.


Die idee hat keinen taug, wenn man tatsächlich den besitzlosen menschen helfen möchte. Die werden dadurch keineswegs von der lohnknechtschaft befreit. Im gegenteil. Es bedeutet lohnknechtschaft unter verschärften bedingungen.

Wenn man etwas gegen die lohnarbeit hat, ist es ratsam über die produktions- und eigentumsverhältnisse nachzudenken. Aber das machen gute bürger bekanntermaßen nicht.
Jebsen: »[...]und meine orientierung an der natur wäre ein wirtschaftssystem, das wie der wald funktioniert! Im wald wird kein krieg geführt! Die ameisen kämpfen nicht gegen die amseln, und die füchse versuchen nicht die oberherrschaft, und ein ameisenhaufen versucht nicht über den anderen ameisenhaufen zu herrschen. Es ist dort kein friede, es ist dort kein krieg, es ist keine friedliche koexistenz. Wir menschen wissen nicht, was es ist. Aber es ist nicht ›survival of the fittest‹, wie wir das definieren. Es ist was anderes! Und es entsteht dort kein müll! Und nicht der größere überlebt! Wir sollten uns am wald orientieren! Geht mal in den wald! Ja!?[...]«
Und dann wird doch wieder die niedliche, kleine ameise vom »bösen« grünspecht gefressen, weil der die unheimlich lecker findet und durch seine größe eindeutig im vorteil ist. Im gegensatz zu Jebsen kennt die natur keine moral.
Jebsen: »[...]Und final möchte ich noch etwas zum thema ›demokratie‹ sagen. Zu ›demokratie löst nicht alle probleme‹. Das denkt man, dass demokratie alle probleme lösen kann. Es gibt auch andere möglichkeiten. Und dann orientiere ich mich auch an der natur. Stellt Euch mal vor: zugvögel würden die Reise nach Afrika ›demokratisch‹ organisieren. Die kämen nur bis Sylt! Die kämen nur bis Sylt! Und dann wär es vorbei. Dann würde sie der winter auf Sylt einholen. Die Vögel fliegen nach Afrika, ohne lang rumzudiskutieren - und sie fliegen auch wieder zurück. Und sie halten sich an ein gesetz, ein ›natürliches gesetz‹, und das heißt auch das ist möglich. Und ich erkenne, dass zugvögel recht friedlich leben seit vielen tausend Jahren. Ohne demokratie! Ja, wie machen denn die vögel das? Wie finden sie den ort eigentlich ohne ›google earth‹? Die natur ist schlau genug! Orientier Dich doch einmal an der natur! Und versuche nicht, die natur zu verbessern. Das tun wir[...]«
Es stimmt auffallend, daß zugvögel offenbar recht friedlich leben. Im gegensatz zu uns haben die jedoch keinen staat, der ihnen vorschriebe, wo sie sich aufzuhalten haben oder interessenkonflikte auf grund der eigentumsverhältnisse aufzwingt. Die kraniche müssen nicht darüber abstimmen, ob sie in den Süden fliegen, sie haben ein gemeinsames interesse genug futter für alle zu finden. Gibt genug nahrung, fliegen sie nicht aus purer langeweile nach Sylt oder sonstwohin, sondern überwintern bei uns in Brandenburg. Die kennen kein gesetz, daß ihnen vorschriebe, in den Süden fliegen zu müssen. Die ziehen einfach dann weiter, wenn es notwendig ist.

Dem menschen ist es nicht erlaubt, sich einfach zu nehmen, was er zum leben braucht oder einfach weiterzuziehen, wenn er das nicht bekommt und das wird staatlich durchgesetzt. Obendrein kriegt er, bevor er denken kann, den stempel seiner nationalität auf den arsch gedrückt und ob er das glück hat, zur besitzenden klasse zu gehören oder ob er ein habenichts sein wird, ist auch schon festgelegt. Völlig ohne lang rumzudiskutieren oder daß darüber abgestimmt würde.

Zusätzlich sollte man bedenken, daß »natürlichkeit« überhaupt kein argument für irgend etwas ist. Eine tropfsteinhöhle ist im gegensatz zu einer plattenbauwohnung eine natürliche sache, während die plattenbauwohnung »unnatürlich« ist, weil sie vom menschen geschaffen wurde.

Ich zumindest bin der auffassung, daß es eine positive entwicklung ist, nicht mehr in höhlen zu wohnen. Ein ding ist doch nicht schlecht, weil es nicht aus der natur kommt, sondern stattdessen mit verstand konstruiert wurde.

In sofern ist es ein ziemlicher käse, den Jebsen zum besten gibt. Wenn er redet, wirkt er auf mich irre. Im von mir gesichteten material habe ich keine hinweise auf antisemitismus gefunden, allerdings habe ich mir auch bei weitem nicht alles anhören können.

Wie auch? Das ist einer der stundenlang reden muß, auch wenn es der krudeste blödsinn ist. Die zeit kann man sich sparen.

Dienstag, 15. Juli 2014

Montags zu hause bleiben - teil 2 - wer ruft zur montagmahnwache auf?

Was sagt Lars Märholz eigentlich selbst? Videobotschaft vom 16. april des jahres:

Zitat:
»Also, mein name ist Lars Märholz, ich bin in Berlin geboren, ich bin 34 jahre alt und anfang des jahres habe ich mich ein bißchen intensiver mit der geschichte beschäftigt und mit dem finanzsystem und - ja kurze zeit später kam halt der höhepunkt der krise in der Ukraine und die berichterstattung der westlichen medien dazu und das hat mich halt dazu gebracht auf die straße zu gehen.«
Das ist komische erklärung. Da befaßt sich der unpolitische mensch mal ganz zufällig ein bißchen mit geschichte und finanzsystem und schon ist er voller tatendrang, weil es in der Ukraine brennt und da ja was gemacht werden muß.

Da ist ihm 34 jahre lang am arsch vorbei gegangen, was in der welt läuft und, potzblitz, kommt so eine verflixte »erleuchtung« daher und der eventmanager muß gleich ein event managen, weil es ja wichtiger ist, eine massenbewegung ins leben zu rufen, als vielleicht selbst erst mal zu igendetwas zu begreifen.

Zitat:
- Demonstration vs Mahnwache
»Ja, demonstration ist ein sehr negativ belegter begriff. Deswegen wollten wir eine mahnwache veranstalten und die welt ermahnen, daß sie mal da hinkuckt auf sich selber und feststellt in welcher situation wir vielleicht sind und was man ändern müßte.«
Demonstration ist überhaupt kein »negativ belegter begriff«. Negativ wird dieser begriff eher in konservativen und vor allem reaktionären kreisen gesehen und das läßt darauf schließen, in welchem umfeld Märholz sich bewegt. Er tritt zwar allein auf spricht aber von »wir«. Wer soll dieses »wir« denn sein?

Dieses »die welt ermahnen« wirkt kindisch. Die welt kann nicht auf sich selber schauen. Die welt kann nur von den menschen betrachtet werden, die in ihr leben. Vor das »ändern« gehört das begreifen der aktuellen situation - und die diskussion, was denn wie zu ändern sei.

Zitat:
- Motto und Ursprungsgedanken
»Ja, das motto ist der aufruf zum friedlichen widerstand für frieden in der welt in Europa, für eine ehrliche presse. Und gegen die tödliche politik der Federal Reserve, der Amerikanischen Notenbank, einer privaten bank. Und der titel hat sich ganz einfach daraus ergeben, daß frieden ja wohl das wichtigste auf dem planeten ist. Und die medien leider dagegen arbeiten, manchmal. Und die Federal Reserve der anfang allen übels ist, mit dem zinseszinssystem, mit dem fiatmoney, was wir auf dem planeten haben. Und so hat sich der titel halt ergeben. Vom anfang bis zum ende alles aufgelistet.«
An den lebensverhältnissen im weltkapitalismus ist auch ohne waffengewalt gar nichts friedlich. Die abschaffung des zinseszinssystems würde nichts an der ausbeutung des menschen ändern. Das was für die banken zins und zinseszins ist, heißt bei den anderen ausbeutern »gewinn«. Wer da einen unterschied macht, findet vermutlich auch scheiße wiederlich, während kacke etwas viel besseres sei.

Es handelt sich um nichts anderes als zwei unterschiedliche begriffe für die selbe sache. Wer wissen möchte, wie es sich damit verhält, kann beispielsweise an dieser stelle etwas darüber erfahren.

Eine ehrliche presse wird es mit den medien, die er selbst verlinkt, leider auch nicht geben. Die mögen dinge berichten, die schwachsinnig genug sind, von den »mainstreammedien« weitgehend ignoriert zu werden, ehrlicher ist daran jedoch nichts, weil die genau so darauf ausgerichtet sind, geld zu verdienen, wie die anderen arschlöcher auch.

Zitat:
- Warum ist die FED so wichtig?
»Die Federal Reserve ist sozusagen die zentralbank der zentralbanken, also selbst wenn man sagt, da gibt es keine hierarchie im zentralbanksystem, die Federal Reserve kontrolliert alle anderen zentralbanken in 186 ländern oder 187 ländern der welt. Und - em - die meisten kriege, die Amerika führt - em - als angriffskriege, sind kriege um die währung zu stabilisieren. Es geht auch nicht mehr wirklich ums öl. Es geht lediglich darum, die währung zu stabilisieren.«
Daß es »nicht einmal mehr um öl«, sondern bloß noch um die stabilität der währung ginge, ist eine behauptung aber kein beweis, daß die FED wichtig sei und hört sich überdies so an, als sei ein krieg um öl eine ehrenwerte angelegenheit, während währungsstabilität etwas minderwertiges sei. Für eine funktionierenden kapitalismus ist beides wichtig.

Während des Kalten Krieges waren die Sowjets zur zweiten supermacht aufgestiegen, der Warschauer Vertrag bildete ein gegengewicht zur NATO. Dadurch konnten die geostrategischen interessen der USA behindert werden.

Nach dem zerfall der Sowjetunion blieben die Vereinigten Staaten alleinige weltmacht übrig. Und das wollen sie auch bleiben. Aus dem grund muß Rußland möglichst schwach gehalten werden und die position der NATO in Osteuropa und überall sonst möglichst gestärkt werden. Mit der FED und der währungsstabilität hat das wenig zu tun.

Vielmehr geht es um die stabilisierung und sicherung der vormachtstellung der weltmacht. Da kommen ganz andere interessen zusammen als nur das interesse einer einzelnen bank, in sofern ist es lächerlich, alle schuld auf die FED zu schieben.

Zitat:
- Was ist das Programm der Mahnwachen?
»Das programm der mahnwachen ist ›Frieden auf der Welt‹. Und informationen zu verbreiten. Es sind ja auch informationsveranstaltungen unter freiem himmel. Die Menschen brauchen informationen oder müssen informationen bekommen, die sie so nicht erhalten. In den öffentlich-rechtlichen medien nicht oder selbst in der schule nicht. Das kriegt man halt nur, wenn man im internet selber recherchiert - und das ist eigentlich die aufgabe die wir heutzutage haben. Wir müssen unsere informationen selber recherchieren. Wir können nichts mehr glauben, was uns gesagt wird. Und das ist auch die aufgabe der mahnwache. Information zu verbreiten«
Sich zu informieren ist sicherlich eine gute sache. Ob demos, zu denen einer aufruft, der selbst von sich sagt, sich erst seit anfang des jahres mit politik zu beschäftigen, darf angezweifelt werden.

Die seiten die Märholz verlinkt, sind jedenfalls für eine vernünftige information völlig ungeeignet.

Zitat:
Wie begann die Vernetzung?
»Ja und dazu hat ›facebook‹ einen großen beitrag geleistet. Und ich hab eine veranstaltung erstellt und hab die immer auf den seiten von ard und zdf und tageszeitungen und so was gepostet. Und das hat dazu geführt, daß an der ersten mahnwache hundert leute teilgenommen haben, von denen 60, 70 % noch niemals auf einer demo gewesen sind und die ich alle nur über diese nachrichtenseiten, ja, auf diese veranstaltungen gezogen habe. Und die verstanden haben, daß es wichtig ist, für frieden auf die straße zu gehen.«
Komisch, daß die FED »böse« ist und die datenkrake facebook »gut«. Das verstehe, wer will.

Zitat:
- Welche Form der Unterstützung könnt Ihr gebrauchen?
»Die größte form der unterstützung die wir alle brauchen sind ganz viele leute auf der straße, in ganz Deutschland, also wenn ihr helfen wollt, dann geht auf die straße. Kommt zu uns. Unterhaltet Euch mit uns und dann wird sich alles weitere ergeben.«
- Wie war die Resonanz auf den ersten Aufruf?
»Ja, also wie gesagt 100 leute standen am ersten montag - em - vorm Brandenburger Tor, ungefähr 400 beim zweiten montag schon, und dann 1400 leute am dritten montag. Und seit dem steigert sich das immer so um 3, 4, 500 leute, also die resonanz ist sehr gut und wir sind mittlerweile in 23 städten in Deutschland am start sozusagen. Also 23 mahnwachen in ganz Deutschland und mittlerweile sind das so 5.000 menschen, die jeden montag schon auf der straße stehen.
Die frage ist, wofür die menschen auf die straße gehen. Einfach das »fußvolk« für ein paar überdrehte selbstdarsteller zu geben, ist keine angelegenheit, die die welt bewegt.

Zitat:
- Von wem hast Du Hilfe bekommen?
»Die energie in der gruppe, also das ist so unglaublich - em - in Berlin hat noch kein pfennig den besitzer gewechselt. Alles, was da passiert, machen die leute ehrenamtlich. Für die sache und keiner will irgendwie geld haben oder sowas und das ist schon eine riesenunterstützung aus der gemeinschaft halt kommt die unterstützung.«
Auf linken demos ist es an sich üblich, daß eine spendendose rumgeht und jeder, der eine münze oder zwei übrig hat, gibt etwas dazu. Nicht, weil damit die veranstalter ein vermögen verdienen, sondern, damit die leute, die sich drum gekümmert haben eine aufwandsentschädigung bekommen. In einem geldbasierten system ist man gezwungen für alles zu bezahlen, ob einem das gefällt oder nicht.

Daß »kein pfennig den besitzer gewechselt habe« glaube ich sofort. Schließlich leben wir im jahr 2014 und kein mensch rechnet mehr in pfennig. »Ehrenamt« heißt schließlich keinesfalls kostenlos, für ein ehrenamt kann es durchaus aufwandsentschädigungen geben, es gibt vereine, die aufwandsentschädigungen in millionenhöhe für ehrenämter zahlen. Das will ich jetzt nicht unterstellen, aber wer so betont, was eigentlich selbstverständlich ist, macht sich ein wenig verdächtig.

Zitat:
- Wer ist auf den Mahnwachen willkommen?
»Auf den mahnwachen ist jeder mensch willkommen, der friedlich demonstieren kann. Also - em- extreme gesinnungen sind nicht gerne gesehen. Wir wollen weder linksextreme, noch rechtsextreme, noch irgendwelche extremen religionen oder irgenwas. Also jeder extremismus ist nicht gerne gesehen. Aber ansonsten kann jeder, ob er nun etwas links gerichtet ist oder etwas rechts gerichtet ist. Soll jeder kommen, solange er friedlich mit uns da steht und gemeinsam für ein ziel.«
Interessanterweise ist es kein problem, daß menschen, die extremen vereinigungen angehören, auf den montagsmahnwachen reden.

Zitat:
- Bist Du auf Widerstände gestoßen?
»Oh, ja und zwar unglaubliche widerstände. Und das von einer seite, von der ich es überhaupt nicht erwartet hätte. Die, äh, linken, die vermeintlich linken, em, die hetzen so auf uns, das ist ist unglaublich, mir wird unterstellt ich hätte den Holocaust geleugnet, mir wird unterstellt ich sei antisemit und das sind ganz einfach ganz, ganz plumpe lügen und verleugnungen. Und em, ich würde sowas niemals sagen. Nur, weil man dieses große wirtschaftssystem angreift, sagen die linken jetzt ich bin rechts. Das ist total krass dabei ist es doch die aufgabe der linken dieses wirtschaftssystem anzu… äh, äh, ja also anzukreiden oder dieses wirtschaftssystem zu kritisieren. Genau.«
Als linke, also vermeintlich linke, stelle ich fest, daß der Märholz dieses »große wirtschaftssystem« im grunde überhaupt nicht angreift. Er glaubt bloß, daß eine bestimmte angelegenheit innerhalb dieses systems »schuld« an allem übel in der welt sei.

Er ist nicht der erste, der das geglaubt hat. Auf kritik am system, die keine ist, kann man getrost verzichten.

Zitat:
- Welchen Vorwürfen siehst Du Dich ausgesetzt?
»Ja, also wie gesagt, die vorwürfe gehen halt in die politische richtung, daß man sagt ich bin rechts. Ich war noch nie rechts. Also, wenn dann bin ich kapitalist und trotzdem stehe ich da und wetter gegen diesen kapitalismus. Weil der wirklich den planeten zerstört. Also wie gesagt, auf der veranstaltung hat noch kein pfennig den besitzer gewechelt. Wir nehmen am ende der veranstaltung keine spenden entgegen. Und wir wolln uns auch ganz klar erstmal von irgendwelchen finanziellen sachen distanzieren. Wir machen das alle ehrenamtlich. Und alle kostenlos nicht umsonst.«
Es ist schon komisch, daß Märholz nun zum zweiten mal betonen muß, daß es keine finanziellen interessen gäbe und alle ehrenamtlich agieren würden. Das stinkt.

Henry Ford war ebenfalls kapitalist. Und hat sich hingestellt und gegen den kapitalismus gewettert. Selbstverständlich nicht gegen seinen eigenen, sondern gegen den »falschen«, finanzbezogenen, »jüdischen« kapitalismus. Henry Ford war der einzige USAmerikaner, den Hitler in »Mein Kampf« erwähnte.

Und wenn man sich eine »kapitalismuskritik« zueigen macht, die der des antisemiten Ford gleicht, sollte man sich nicht wundern, wenn andere menschen imstande sind, eins und eins zusammenzuzählen und die rechte »kapitalimuskritik«, die das übel im finanzjudentum sah, als solche zu bezeichnen. Wobei die zinskritik an sich erst einmal nicht antisemitisch, sondern bloß unsinnig ist. Allerdings kommt bei manchen leuten noch eine gewisse ideologie dazu.

Zitat:
- Was wünschst Du Dir für die Zukunft?
»Das ziel der ganzen sache wäre, daß vielleicht irgendwann 30 millionen oder 50 millionen auf der ganzen welt auf der straße stehn und gemeinsam mit einer stimme sprechen. Und sagen dieses zentralbanksystem, dieses fiat money system und dieses zinseszinssystem sind drei probleme, die unbedingt gelöst werden müssen auf dem planeten. Um irgenwann mal möglicherweise langfristigen frieden herzustellen.«
Weshalb sollten millionen leute für unsinnige ideen auf die straße gehen? Das wäre millionenfache zeitverschwendung.

Zitat:
- Welche Botschaft möchtest Du an die Menschen im In- und Ausland senden?
»Daß gewalt niemals eine lösung ist. Daß die Griechen und die Spanier bitte, bitte, bitte ihre steine niederlegen und in einem friedlichen widerstand mit uns versuchen, die welt zu ändern. Gewalt wird niemals eine veränderung auf diesem planeten hervorrufen. Nur aus frieden und liebe können wir irgendwas verändern.«
Die staaten dieser welt sehen das selbst in friedenszeiten völlig anders. Da ist nichts mit frieden und liebe, sondern da wird die staatliche ordnung mit staatsgewalt aufrecht erhalten.

Montag, 14. Juli 2014

Montags zu hause bleiben - teil 1 - das umfeld der montagmahnwache

An sich sollte man meinen, daß frieden wichtig ist und es somit im grunde egal wäre, wer dazu aufruft, dafür zu demonstrieren. Schließlich geht es um die gute sache und wer sollte da schon etwas gegen haben?

Man kann jedoch sehr wohl für frieden sein und trotzdem diesen eher merkwürdigen veranstaltungen fernbleiben. Zu diesem schluß bin ich nicht gekommen, weil die Jutta Ditfurth das totschlagargument »antisemitismus« in den zusammenhang mit den montagsdemos gebracht hat. Ob die protagonisten allesamt ausgemachte judenhasser sind, kann und will ich nicht beurteilen, obgleich tendenzen zu antisemitismus offensichtlich zu tage treten.

Es reicht aber auch drei nummern kleiner: mit einer halbwegs aufgeklärten weltanschauung paßt das umfeld dieser leute nicht zusammen.

Initiator der demos ist Lars Märholz. Medienberichten zufolge fallschirmspringer und eventmanager, der von sich selbst behauptet, bis vor wenigen monaten unpolitisch gewesen zu sein. Seine internetseite verlinkt auf allerhand merkwürdige seiten.

Auf einer von denen wird mit »endlich montag - positiv in die woche starten« geworben. Eine politische mahnwache als »wohlfühlprogramm«. Das ist eine bescheuerte idee. Wenn man feststellt, daß das politische system zwangläufig zu armut und ausbeutung führt, dann benötigt man keinen »positiven wochenstart«, sondern dann muß man sich mal ein paar gedanken machen, was eigentlich systematisch falsch läuft und wie man das abschalten könnte.

Stattdessen krause theorien und die suche nach sündenböcken, die an der derzeitigen situation schuld seien. Beispielsweise das freihandelsabkommen mit den USA, das es zwar noch gar nicht gibt, aber schuld kann es ja trotzdem schon mal sein.

Auf einer anderen internetseite wird behauptet, nichts geringeres als die weltrettung auf dem plan zu haben. Neben der gentechnik von Monsanto ist in diesem fall natürlich auch das milchtrinken schuld am übel in der welt. Schließlich beherrscht die menschheit die technik des milchviehhaltens erst seit wenigen jahrtausenden und ist seit dem wegen des irrglaubens, daß milch ein gesundes nahrungsmittel sei, fast ausgestorben.

Eine weitere verlinkte seite wird von der selben GbR betrieben wie das videoportal NuoViso. Schwerpunktmäßig befassen die sich mit kruden dinge wie kornkreisen und allerhand anderen unbewiesenen dingen, die man besser nicht glauben sollte. In deren shop kann man videos über »wasserautos« oder den »Spirit of Health Kongress«, auf dem auch quacksalber wie Jim Humble zu wort kamen. Hier ein video über dessen »heilungsmethode« . Diese sendung (die ersten ca. 12 minuten) ist nichts für schwache nerven, einem wird kotzübel, wenn man sich anschaut, wie kranke menschen, die mit vernünftiger medizinischer behandlung chancen zum gesund werden hätten, auf die falschen versprechen reinfallen und sich zu tode quälen. Trotzdem empfehle ich, diesen film anzuschauen, man bekommt einen eindruck davon, mit welcher art von menschenfreunden man es hier zu tun hat.

Unter den verlinkten seiten scheint die rapperseite »Raus auf die Straße« noch eine der harmloseren zu sein, obgleich es komisch anmutet, daß die auf demonstrationen auftreten wollen, sich aber gleichzeitig als »stimmungsmacher« verstanden wissen wollen. Zitat von der seite »Alle Sorgen über Bord! Wir sorgen für gute Laune!« Ja was denn nun? Und für ein absolut auf »inkommerzialität« ausgerichtetes projekt wirkt es seltsam, daß eine der rapbands bei Dieter Bohlen auftreten wollte, den auftritt dann aber per einstweiliger verfügung stoppte, weil die arbeitsbedingungen dort zu mies waren.

Über Lars Märholz vergangenheit schrieb am 21. mai 2014 Stefan Lauer bei VICE folgendes:
Lars Mährholz ist bei weitem nicht so nett, „unpolitisch“ und naiv im Umgang mit den Medien, wie er sich präsentiert. Der 34-Jährige war von 2001 bis 2007 Mitglied und Beisitzer im „Verband Junger Journalisten“ (VJJ), der von Torsten Witt gegründet wurde. Witt starb 2010, aber war zu Lebzeiten eine schillernde Figur im rechtsnationalen Milieu. Er durchlief mehrere Parteien und siedelte sich dort immer im jeweils rechten Flügel an. Vor allem interessant ist seine Mitgliedschaft im nationalliberalen Flügel der FDP von 88-97. Die Berliner Nationalliberalen hatten geplant, die gesamte FDP zu übernehmen und sie zu einer deutschen FPÖ umzubauen. Dieser interne Putsch war nicht erfolgreich und Witt wechselte zum Bund Freier Bürger. 1999 nimmt Witt zusammen mit Horst Mahler (damals noch Anwalt der NPD, heute im Knast wegen Holocaustleugnung und Volksverhetzung) an Demonstrationen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft teil und organisiert interessanterweise Montagsdemos. Allerdings nicht für den Frieden, sondern gegen das geplante Holocaustmahnmal.

2004 wollte er schließlich mit seinem VJJ den Deutschen Journalisten Verband Brandenburg übernehmen, indem die eher rechtslastigen Mitglieder des VJJ (inklusive Mährholz) gesammelt in den DJV eintraten und ihn prompt zum Vize-Vorsitzenden wählten. Mitglieder des DJV bezeichneten ihn als Rechtsextremisten, wogegen er klagte. Am 07.12.2004 verfügte das Oberlandesgericht München zu dem Thema unter anderem Folgendes: „Im übrigen kann dem Verfügungsbeklagten nicht verboten werden den Antragsteller (Torsten Witt) allgemein als 'Rechtsextremisten' zu bezeichnen. [...] Unstrittig hat (Witt) [...] Kontakte zu Gruppen gehabt, die [...] als deutlich rechtsstehend oder als rechtsextrem eingestuft werden bzw. wurden […]“.

Natürlich kann man nun daraus nicht direkt auf die politische Gesinnung von Lars Mährholz schließen, allerdings zeichnet sich hier doch ein ziemlich anderes Bild als das vom mehr oder minder apolitischen Hippie, der doch nur was für den Frieden machen will.
Das sind ausreichend gründe, diesen demos - pardon - mahnwachen skeptisch gegenüber zu stehen. In teil zwei, der in kürze erscheinen wird, kommt Lars Märholz im o-ton zu wort. In den weiteren teilen werden einige der bekannteren redner etwas genauer betrachtet und am schluß auch die leute die dort hingehen.

Jeder muß selbst prüfen, ob meine gedanken zur Berliner Mahnwache zu den verhältnissen der mahnwache in der eigenen stadt passen oder nicht. Genau wie jeder selbst einscheiden muß, ob er in so einem umfeld als fußvolk jubeln möchte.

Ich möchte das definitiv nicht. Weiter zu teil 2

Foto am montag (115)

Eine wacholderdrossel (turdus pilaris).

Freitag, 11. Juli 2014

Schlimmer als elektroschocks: denken. Und flaschenpfand als sinn

Eigentlich eine schöne sache im leben: nur mal da sitzen und ohne ablenkung keinesfalls nichts tun, sondern den gedanken nachhängen, tagträumen, frei vom zwang, sie aufzuschreiben oder sie anderen mitteilen zu wollen.

Doch offenbar wird das, was manch einer als lebensqualität sieht, von US-college-studenten als zumutung empfunden. Einer studie der Harvard Universität und der Universität von Virginia zufolge lenkten sich die studenten lieber mit elektroschoks ab, als auch nur 15 minuten nachzudenken.

Das gibt hoffnung: die werdende elite der supermacht malträtiert sich lieber selbst, als zu denken.

Ebenso wenig erhellend scheint die dissertation »Pfandsammler. Erkundungen einer urbanen Sozialfigur« des Freiburger soziologen Sebastian J. Moser zu sein.

Er will bei seinen beobachtungen festgestellt haben, daß die pfandsammler nicht des geldes wegen unterwegs seien, sondern aus sehnsucht nach einer festen tagesstruktur und einer sinnvollen betätigung. Es stelle ein zentrales problem dar, freie zeit auszufüllen.

Um freie zeit vernünftig zu verbringen, gäbe es aber wirklich genügend andere tätigkeiten, denen man nachgehen könnte: sich in einem verein engagieren, eine fremdsprache lernen, sich zu einem thema, das einen interessiert fortbilden, lesen, musik hören, selbst musizieren oder was einem auch immer einfallen mag. Um rauszukommen und leute zu sehen, was ein motiv der flaschensammler sei, könnte man auch in ein café oder einfach spazieren gehen.

Das problem dabei ist, das all diese betätigungen, die allesamt auch ihren sinn haben, in den meisten fällen nicht nur kein geld bringen, sondern im gegenteil sogar geld kosten. Wenn man knapp bei kasse ist, ist es tatsächlich sinnvoller, einer betätigung nachzugehen, die etwas geld einbringt.

Was an Mosers dissertation bzw. an diesem UniSpiegelartikel so ärgerlich ist, ist daß darum geworben wird, daß man auch diese arbeit, bei der im müll herumgewühlt werden muß, anerkennen soll.

Das sollte man nicht tun! Die menschenunwürde fängt keinesfalls erst an, wenn man solche menschen als »penner« bezeichnet, oder sie mit einer an eine schnur gebundenen flasche demütigt.

Für solche figuren, die dafür anerkennung fordern, scheint es völlig selbstverständlich zu sein, daß in dieser gesellschaft menschen so weit an den rand gedrängt werden, daß sie um jeden flaschenpfandcent dankbar sind. Da soll man nichts gegen die verhältnisse haben, sondern diese armen in ihrer gesellschaftlichen rolle anerkennen. Das ist schäbig.

Nachtrag: letzteres heißt natürlich keinesfalls, daß man zu den pfandflaschensammlern unfreundlich oder gemein sein soll. Das nicht. Man sollte jedoch nicht aktzeptieren, daß menschen so leben müssen. Auch in zeiten der arbeitslosigkeit habe ich nie das gefühl gehabt, daß es »zeit zum totschlagen« gegeben hätte, weshalb es mich fast depressiv stimmt, daß menschen mit freizeit angeblich nichts besseres mit ihrer zeit anzufangen wüßten, als aus purer langeweile flaschen im müll zu suchen. So ganz ohne not. Ich glaub das nicht.

Mittwoch, 9. Juli 2014

Tagebücher

Seit 2011 erscheinen im verbrecher verlag die tagebücher Erich Mühsams, 2018 soll das letzte von ihnen erscheinen.

Zeitgleich erscheinen sie online. Diese tagebüchersite ist sehr gut gemacht, mit einem umfangreichen register, einem almanach und sogar die handschriften kann man betrachten.

Am 10. juli 1934 wurde Erich Mühsam im KZ Oranienburg ermordet. Vielleicht ein anlaß, sich einmal wieder oder vielleicht überhaupt einmal mit seinem werk zu befassen.

Kapitalismus funktioniert noch

Aktuellen zahlen von Oxfam Deutschland zufolge haben Karl Albrecht (25 milliarden US$), Dieter Schwarz (21,1 milliarden US$), Theo Albrecht und familie (19,3 milliarden US$), Michael Otto und familie (18,4 milliarden US$) und Susanne Klatten (17,4 milliarden US$) derzeit zusammen ein vermögen von 101 milliarden US$. Das entspricht dem vermögen von 32 millionen menschen - 40 % der bevölkerung.

Die 85 Deutschen milliardäre besitzen zusammen ein vermögen von 400 milliarden US$. Das entspricht einem vermögen von 40 millionen menschen - die hälfte der bevölkerung und das reichste eine prozent der bevölkerung hat ein vermögen von 3560 milliarden US$, so viel wie 64 millonen menschen oder 80 % der bevölkerung.

Ein zeichen dafür, daß das wirtschaftssystem, das darauf basiert, daß von arm zu reich verteilt wird, bestens funktioniert. Oxfam fordert von der Bundesregierung, daß sie gegensteuern solle um die ungerechtigkeit abzumildern. Dabei ist die wachsende ungleichheit gerade keine absonderliche ungerechtigkeit, sondern das resultat einer wirtschaftsweise in der die besitzende klasse weitgehend allein bestimmt, wer welche prokukte herstellt und was er dafür zu kriegen hat.

Die regierung wird nicht dafür gewählt, damit in der bevölkerung oder gar bei den ärmsten 10 % plötzlich wohlstand ausbricht und die armut abgeschafft wird, sondern dafür daß sie die armut für das kapital nutzbar macht. Und aus dieser sicht betrachtet, leistet die regierung ganze arbeit.

Montag, 7. Juli 2014

Tooor! Tooooooor!!!

Nein ich bin nicht plötzlich unter die fußballfans gegangen, sondern habe lediglich an einer online-umfrage über datenschutz der Universität Hohenheim teilgenommen. Den link zu klicken, kann ich durchaus empfehlen, man bekommt am schluß eine auswertung der antworten und kann dadurch ein stück weit einschätzen, welche wissenslücken in puncto »sicherheit im internet« man hat.

Obwohl dieser »selbsttest« von der formulierung her teilweise uneindeutig ist. Zum beispiel die frage »Alle Browser unterstützen automatisch das aktuelle Transport Layer Security Verfahren (TLS 1.2.), das vor allem mit HTTPS eingesetzt wird.« Worauf soll sich denn das beziehen? Auf alle browser die es je gab? Wer hier vom gefühl her »nein« sagt, liegt richtig. Unter umständen ohne zu wissen, warum.

Man wird aufgefordert wahrheitsgemäß nach dem prinzip »ja«, »nein« oder »weiß nicht« zu antworten, ausgewertet wird am schluß allein nach dem prinzip »richtig«/»falsch«. Wenn man etwas mit »weiß nicht« beantwortet hat, hat man keine richtige antwort gegeben, so viel steht fest. Das ist jedoch etwas anderes als etwas falsches zu »wissen«, das sollte in eine auswertung auf jeden fall mit einfließen. Denn es ist nicht das selbe, ob man von einer angelegenheit einfach keinen blassen dunst hat, oder ob man falsch informiert darüber ist und an irgendeinen blödsinn glaubt.

Der klopper der umfrage befindet sich in kategorie drei: wissen über strategien des datenschutzes
Frage 6: Die Nutzung von Anonymisierungsprogrammen (z.B. TOR) kann größtenteils vor der Sammlung und Auswertung der eigenen Daten durch Geheimdienste und andere Institutionen schützen.
Die richtige Antwort ist "wahr". Sie haben diese Frage falsch beantwortet.
In der freundlichen sprache der web-entwickler bezeichne ich diese aussage als »false«. Retten kann man sich allerhöchstens durch die formulierung »größtenteils«. Was soll das sein? Daß wenigstens die geheimdienste belangloser kleinstaaten wirklich keinen zugriff haben? Daß erstmal nur metadaten erkundet werden können? Ich hatte schon lange den verdacht, daß anonymisierungsdienste im internet nicht nur die geschwindigkeit lästig verlangsamen, sondern einen auch in den fokus von geheimdiensten bringen können. Mein verdacht hat sich in der vergangenen woche erhärtet. Das ist alles andere als anlaß zur freude.
Deutsche, die sich mit Verschlüsselung im Internet beschäftigen, werden gezielt vom US-Geheimdienst ausgespäht. Anhand eines eigentlich geheimen Quellcodes der NSA konnten NDR und WDR nun in Deutschland Opfer der NSA-Überwachung namentlich identifizieren. Eins davon ist der Erlanger Student Sebastian Hahn, der sich in seiner Freizeit mit Verschlüsselungstechnologie beschäftigt. Er ist nach Angela Merkel, deren Handy von der NSA überwacht wurde, das erste namentlich bekannte deutsche Opfer der NSA.
In dieser meldung von teltarif wird weiterhin darüber berichtet, daß allein die internetsuche nach verschlüsselungssoftware verdächtig machen kann. Das konnten die leute von der Uni Hohenheim als sie diese umfrage entwickelten nicht wissen. Interessant wäre es, ob sie die auswertung den aktuellen ereignissen anpassen oder vielleicht die umfrage sogar wiederholen.

TOR steht für »the onion routing«. Ist halt zwiebel. Wer reinbeißt, kriegt’s heulen.

Foto am montag (114)

Wachteln (corturnix corturnix) im botanischen garten.

Sonntag, 6. Juli 2014

Was gerade noch gefehlt hat…

…sind derartige appetitszügler beim sonntagsfrühstück:

Wer braucht schon Deutschnationale schrippentüten zum frühstück? Ich kann mich daran erinnern, daß auch bei früheren fußballweltmeisterschaften mit »weltmeisterbrot« oder dergleichem geworben wurde. Daß man allerorten mit nationalismus terrorisiert wird, ist eigentlich in diesem ausmaß erst seit 2006 so.

Meine türkischen nachbarn hatten pünktlich zum WMbeginn mit Deuschlandfähnchen »dekoriert«. Das wäre in den 90er jahren doch niemandem im traum eingefallen.

Samstag, 5. Juli 2014

Ökonomisches analphabetentum

In einem songtext der Berliner band »Foyer des Arts« hieß einst eine textzeile
»Das peinlichste am Schwabenlande, mal von der Landschaft abgesehen, sind doch wohl sicherlich die Schwaben.«
Noch peinlicher als Schwaben sind gewiß Schwäbische politiker. Wie zum beispiel der durch politische promiskuität auffällige Oswald Metzger. Vor jahren äußerte er sich noch als GRÜNES mietmaul der INSM über h4empfänger dahingehend, daß die ohnehin nichts anderes täten, als kohlehydrate und alkohol in sich hinein zu stopfen und vor dem fernseher zu hocken.

In der vergangenen woche stellte er als stellvertretender vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, geschäftsfürender sekretär des »Konvent für Deutschland« und CDUmitglied in der »Welt« unter dem titel »wider das ökonomische analphabetentum« die frage, ob schon einmal jemand einen mindestgewinn für kleinbetriebe gefordert habe. Wenn sich der studierte rechtswissenschaftler ohne diplom da mal kein eigentor geschossen hat. Denn dann könnten alle h4empfänger und niedriglöhner einfach unrentable kleinstfirmen gründen und vom staatlich zugesicherten mindestgewinn ein angenehmes leben führen. Das könnte man schon fast eine menschenfreundliche idee nennen. Aber so hatte es der berufspolitiker ohne berufliche qualifikation wohl eher nicht gemeint.

Im weiteren verlauf des artikels gibt es dann noch ein wenig lehrer-, politiker- und medienschelte. Die meinung, daß lehrer überbezahlte staatsbeamten seien, ist tatsächlich nicht neu. Allerdings auch nicht mehr aktuell, weil heutzutage längst nicht mehr alle lehrer an öffentlichen schulen verbeamtet sind. Und gut oder gar »überbezahlt« war wohl auch eher gestern. Es soll sogar lehrer geben, die in den großen ferien von arbeitslosengeld leben müssen, weil sie nur noch zeitverträge erhalten. Ich glaube nicht, daß das der qualität des unterrichts zuträglich ist.

Im weiteren erzählt der autor anscheinend aus seinem leben: Daß menschen, die unternehmerisch denken, eher nicht berufspolitiker werden. Weil jemand der erfolgreich ist, die pöstchen, auf die der herr Metzger immer spitz gewesen ist, nicht nötig hat.

Er schreibt, daß die medien die »wahre lage« überzeichneten, daß das problem der prekären beschäftigung tatsächlich gar kein so schlimmes sei, sondern nur viele journalisten tatsächlich nicht übermäßig gut bezahlt würden, weshalb sie nicht müde würden, ständig zu wiederholen, daß es nicht schön ist schlecht bezahlt zu werden.

Da kann man wohl davon ausgehen, daß sich einer freut, wenigstens gut dafür bezahlt zu werden, das gegenteil zu behaupten. Das ist halt ökonomischer analphabetismus: nichts können, nichts begreifen aber trotzdem bezahlt werden, weil man in einem ordentlichen kapitalismus wenigstens noch die eigene »meinung« käuflich veräußern kann.

Mittwoch, 2. Juli 2014

Verdienstkreuz abgelehnt

Der Französisch-Deutschen journalistin Florence Hervé wurde das »Bundesverdienstkreuz am Bande« zuerkannt und aus guten gründen hat sie es abgelehnt. Aus ihrem schreiben an bundeskuckuck Gauck:

»[...]Der Waffenexport der Bundesrepublik – häufig sogar in Konfliktregionen – trägt nicht zum friedlichen Zusammenleben der Völker bei. Das stimmt für die Vergangenheit mit Lieferungen von Waffen an den NATO-Partner Türkei im Kampf gegen die Kurden ebenso wie für jetzt, da Panzer und andere Waffen in die Golf-Diktaturen Katar und Saudi-Arabien verkauft werden. Das gilt auch für die Lieferung von atomwaffenfähigen U-Booten an Israel.

Sie, Monsieur le Président*, fordern ein stärkeres Engagement in Afrika – auch im Sinne militärischer Einsätze. Dies hat mit einem friedlichen Zusammenleben wenig zu tun. Vonnöten wäre dagegen eine Aufarbeitung der historischen Verantwortung für die anhaltende Ungleichheit und Ausbeutung der betroffenen Länder vor dem Hintergrund der deutschen Kolonialgeschichte. Zum Beispiel gegenüber dem heutigen Namibia: Es gab 2004 eine symbolische Geste der Entschuldigung für den 1904 begangenen Völkermord an den Hereros durch die damalige Ministerin für Entwicklung und Zusammenarbeit. Dabei blieb es bis heute. Weder Entschädigung noch Wiedergutmachung folgten.

[...]Eine unzureichende Aufarbeitung der Nazivergangenheit, eine nicht konsequente Bekämpfung des offenen und latenten Neonazismus und Rassismus und eine unzureichende Anerkennung des antifaschistischen Widerstands – über den 20. Juli 1944 und die Weiße Rose hinaus – kennzeichnen leider weiterhin die Politik und das Geschichtsverständnis der Bundesrepublik. Würde ich die Auszeichnung annehmen, befände ich mich zudem in einer Reihe mit solchen früheren Preisträgern, die Nazis bzw. Nazitäter waren. Soweit mir bekannt ist, wurde bis auf eine Ausnahme keinem von ihnen nachträglich das Verdienstkreuz aberkannt. Das wäre im übrigen ein leicht machbares Unterfangen, das zudem der Geschichtsaufarbeitung diente.

Schließlich möchte ich nicht den Eindruck vermitteln, ich hätte meinen Frieden mit dieser Politik geschlossen.

Zahlreiche Menschen haben sich dafür eingesetzt, daß ich diese Auszeichnung erhalte. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich. Ich betrachte es als Ermutigung, auch künftig einzutreten für ein menschenwürdiges, gleichberechtigtes Leben von Frauen und Männern, gegen die Tolerierung von sexueller Ausbeutung und sozialer Ausgrenzung von Frauen, für ein friedliches Zusammenleben der Völker.

Ich verbinde meine Verweigerung der Annahme des Bundesverdienstkreuzes am Bande mit dem Wunsch, daß sich in der künftigen Politik dieses Staates die Ziele meines Engagements widerspiegeln.[...]«

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