Sonntag, 7. Dezember 2014

Die Bahn ist zu billig

Das zumindest findet Thiemo Heeg, wirtschaftsredakteur der FAZ. Schließlich verschleudere sie seit jahrzehnten ihre tickets zum halben preis.

Dies sei für schnäppchenschland der traum, daß man im supermarkt an der kasse seine rewe- oder aldicard zücke und schon halbiere sich der preis, deshalb habe sich auch noch nie ein unternehmen auf so etwas eingelassen.

Stimmt ja gar nicht. Zumindest in Berlin gibt es einen biosupermarkt mit mehreren filialen, bei dem man tatsächlich eine kundenkarte erwerben kann, mit der man an der kasse einen sofortrabatt auf alles erhält. Das hat, der herr wirtschaftsredakteur ahnt es nicht, den zweck der kundenbindung.

Und ähnlich verhält es sich mit der BahnCard. Die verschenkt die bahn leider nicht, sondern man muß sie erst für teuer geld kaufen, so daß sie sich für kunden erst lohnt, wenn sie öfter fahren. Der bahn kann es egal sein, sie kassiert, ohne daß sie den BahnCard-Kunden dafür auch nur einen kilometer befördern müßte für die BahnCard50 255 € oder für die BahnCard25 62 € (alles schon wieder teurer geworden).

In den 90er jahren, als die BahnCard eingeführt wurde, war die idee, neue kunden zu gewinnen. Leute von der straße auf die schiene zu locken. Und das hat bis zu einem gewissen grad funktioniert, die fahrgastzahlen sind seit dem, trotz verschlechterung des angebots (z.B. streichung der interregiozüge) nicht weiter gesunken.

Angeblich mache der »luftverkehr vor, wie ein kluges preissystem aussieht. Sind die kabinen voll, kostet es viel. Sind sie leer, kann ich günstig fliegen.« Auch wenn ich mächtige zweifel daran habe, daß ein preissystem an sich klug sein kann, das gibt es bei der bahn doch längst: bei eher »unbeliebten« zügen hat man höhere chancen auf ein sparpreisticket als bei zügen, mit denen alle fahren wollen.

Hartmut Mehdorns »flugpreiskonzept« ohne bahncard, das er vor über 10 jahren durchsetzen wollte, ist bei den kunden nicht gut angekommen. Von Berlin aus kann man in viele andere Europäische großstädte bequem fliegen, mit dem flugzeug ist man schneller und oft sogar günstiger unterwegs als mit der bahn. Der vorteil der bahn ist, daß man spontan fahren kann und wenn man das öfter möchte, eben auch günstig.

Die bahn braucht kein neues preissystem. Die geschäftsleitung der bahn braucht bloß ein umdenken, daß die bahn dafür da ist, leute von a nach b zu befördern und keiner der bahnkunden am gewinn der bahn interessiert ist, sondern eher, möglichst pünktlich und heile anzukommen. Damit das gewährleistet werden kann, müßte das personal anständig bezahlt und behandelt werden. Auch haben bahnkunden kein interesse daran, auf kleinstadtbahnhöfen im regen zu stehen und zu frieren, weil aus kostengründen die hübschen bahnhofsgebäude mit ihren warmen wartesäälen nicht mehr genutzt werden dürfen. In den chefetagen der bahn sollte man sich drauf besinnen, daß es eben nicht nur in den metropolen potentielle bahnfahrer gibt, sondern auch auf dem flachen land.

Das problem der bahn ist nicht, daß sie ihre tickets zu billig verschleudern würde, sondern, daß sie ihr angebot stetig verschlechtert, strecken stillegt und menschen vom bahnnetz abschneidet.

4 Kommentare:

  1. Und die Bahn verkauft doch Tickets zu billig.
    Zu lesen war, wenn es auch schon eine Weile her ist, dass der ICE und IC-Betrieb Miese bringt, deren Ausgleich und den Gewinn macht die Bahn durch auf der anderen Seite reichlich teuer an die Frau und den Mann gebrachte Fahrkarten in teils übervollen Zügen im Regionalverkehr.

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    1. Vor etwas längerer zeit habe ich genau das gegenteil gelesen: daß nämlich die rentablen strecken im fernverkehr die weniger rentablen regiostrecken mitfinanzieren würden, weshalb der verkehr in der fläche ausgedünnt werden müsse, damit das alles gewinn abwerfen könne.

      Es ist ein komischer gedanke, den fernverkehr und den regionalverkehr trennen zu wollen, wer z.b. von Köln nach Berlin fährt, wohnt normalerweise nicht neben einem der Fernbahnhöfe, sondern will in irgendein kleines kaff in Brandenburg oder MeckPomm, nur da kommt man kaum noch hin. Natürlich ist es eine riesensauerei, daß die BahnCard im regionalverkehr nur noch zu 25% anerkannt wird und daß sparangebote wie das »schöne-wochenendticket« heute keine mehr sind.

      Die billigen tickets im fernverkehr sind wohl nicht schuld an den überfüllten zügen im nahverkehr. Sondern eher, daß die bahn inzwischen für jeden zug auf jeder linie eine kosten-nutzen rechnung aufmacht und wenn sich das nicht lohnt, wird im schlimmsten fall gleich die ganze linie dichtgemacht. Die bahn macht im gegensatz zu früher zwar gewinn, aber auf wessen kosten?

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  2. Leicht verspätet wg. Flugreise nach Bahnfahrt.
    Im Reginalverkehr zahlt man im Westen für eine ca. 60 km lange Strecke 11 oder 12 € bei Kauf eines 4er-Tickets (VRR bzw VRS) Beispiel Abfahrt zw. Hagen u. Wuppertal nach DUS oder Köln. Will man nach Weeze, kauft man das Ticket eine Preisstufe höher ( E ) für unter 15 € (ebenfalls 4er-Ticket), man darf dafür aber eine Stunde länger fahren und damit ca doppelt so weit.
    Von Hagen ins Nachbardorf (9 min. Fahrzeit) zahlt man schon über 5 € (Stufe B). Letzes Jahr fuhr eine mir sehr gut bekannte Person nach Kärnten und zurück erster Klasse für unter 150€. Ich seh da nur das gleiche Prinzip wie bei den Strompreisen: Wer mehr verbraucht, bekommt's deutlich billiger.
    Und ja, unrentable Strecken: weg damit ausgenommen Prestige-Projekte.

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    1. Mit den strompreisen kann man das rabattsystem der bahn schlecht vergleichen. Wenn die stromanbieter ein rabattsystem wie die bahn hätten, dann würde man seinen strom zu einem bruchteil des preises erhalten, wenn man bereits im oktober ankündigt, daß man seine weihnachtsgans nicht am 25.12. vormittags schmoren will, wenn alle das wollen, sondern schon am 22.12. oder erst am 28.12. und zwar um halb zwei uhr morgens, wenn sonst niemand das will.

      So kann man von z.B. Berlin für 58€ mit dem ICE nach Garmisch-Partenkirchen, Castrop-Rauxel oder ein anderes beliebiges kaff mit bahnhof in Deutschland fahren, wenn man es sich nur rechtzeitig überlegt, mit welchem zug man fahren will und flexibel genug ist, notfalls einen zug zu nehmen, den andere nicht so gern nehmen. Der preis gilt wohlgemerkt für hin- und rückfahrt ohne BahnCard, der preis ist mit der BC25 kombinierbar und dann kostet der spaß ca. 45 €. Wenn man allerdings spontan nach Garmisch-Partenkirchen reisen wollte, würde das für die einfache fahrt mit ICE 142 € kosten.

      Auf den ersten blick scheint der nahverkehr im westen teurer zu sein. Im tarifbereich Berlin ABC kann man z.b. die ca. 70 km von Oranienburg bis Werder an der Havel für 3,20€ fahren. Das klingt traumhaft billig - ist es eigentlich auch, aber wenn man beispielsweise von Oranienburg bloß in die stadt möchte, kostet es auch 3,20€. Im stadtgebiet 2,60€, die kurzstrecke (3 stationen) 1,50€. Ist halt der stadttarif.

      Auf dem flachen land gelten in Brandenburg im regionalverkehr ähnliche tarife wie im westen. Mit dem standortvorteil, daß man oft auf die nächste bahn stunden warten muß und am wochenende oft gar nichts fährt. Und ein bißchen weiter draußen in MeckPomm sieht es streckenweise richtig traurig aus.

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