Dienstag, 22. Dezember 2020

Epidemie für eine person

Als ich zur grundschule ging, ist es mal passiert, daß ein schüler sich mit hepatitis infiziert hatte. Weil der erreger hauptsächlich über schmierinfektion übertragen wird, bekamen wir gesagt, daß wir die spielgeräte auf dem schulhof nicht benutzen dürfen und uns, sofern wir austreten müssen, danach gründlich die hände waschen sollen. Das war aber auch damals schon leichter gesagt als getan, denn seife oder gar reinigungsmittel gab es auf keinem schulklo.

Nach der großen pause bekamen wir gesagt, daß das gesundheitsamt angeordnet habe, alle schulen des ortes zu schließen. Die meisten hat es gefreut, so unerwartet in die ferien geschickt zu werden. Jeder bekam ein hektographierten zettel für die eltern in die hand gedrückt, auf dem stand, daß wegen infektionsgefahr die schule bis auf weiteres geschlossen ist, wir nicht draußen spielen sollen und schon gar nicht auf dem spielplatz, keine freunde treffen, auch möglichst wenig kontakt zu geschwistern haben sollen und, so vorhanden, es das beste ist, wenn wir möglichst in unseren zimmern bleiben. Unser klassenlehrer teilte noch schnell arbeitsblätter mit matheaufgaben aus, die wir lösen sollten, sofern uns langweilig würde. Weil ich mathe zu jener zeit ziemlich doof fand, beschloß ich, daß es schlauer wäre, mich auf jeden fall besser nicht zu langweilen.

In der quarantäne habe ich viel gemalt, eine ganze stadt aus lego gebaut, mit dem radiorekorder ein hörspiel gebastelt, in welchem meine plüschtiere spannende abenteuer erlebten und ich habe zum ersten mal ein buch in frakturschrift gelesen, es war »Der Goldene Topf« von E.T.A. Hoffmann, das war gar nicht so schwer, auch wenn ich mich wunderte, weshalb der held der geschichte ausgerechnet Amselmus heißt. Aber in einer seltsamen geschichte kann einer auch einen seltsamen namen haben. Wesentlich später habe ich festgestellt, daß das alles gar nicht so merkwürdig ist, sondern der »Amselmus«-Anselmus offensichtlich ziemlich bekifft durch Dresden läuft und deshalb komische dinge sieht.

Im grunde war das eher hausarrest als ferien, weil ich aber hausarrest überhaupt nicht kannte, empfand ich es nicht als schlimm. Es muß wohl auch zu einer jahreszeit gewesen sein, in der das schmuddelwetter ohnehin eher nicht zum draußen rumspringen einlud. Nach drei wochen ungefähr kam ein brief, daß die schule wieder stattfindet. Auf der einen seite war ich froh, meine freunde endlich wieder sehen zu können, auf der anderen seite hätte die schule gern noch ein weilchen geschlossen bleiben können, denn die habe ich normalerweise lieber von außen gesehen.

Zum glück hat sich sonst niemand infiziert und es blieb eine epidemie für eine person. Damals hat sich niemand über diese quarantänemaßnahme beschwert. Die letzten pockenepedemien in Deutschland lagen noch nicht so lange zurück und die leute fanden es vernünftig, eine infektionskrankheit auf diesem weg einzudämmen. Heute würden dagegen sicherlich einige schlauberger auf die barrikaden gehen, weil kinder gefälligst das recht haben, sich selbst und andere mit potentiell gefährlichen krankheiten anzustecken und sie überdies traumatisiert werden, wenn sie mal nicht mit freizeitangeboten bespaßt werden, sondern ihnen zugemutet wird, sich einfach selbst mit irgendwas zu beschäftigen.

Wer behauptet, es gäbe hier staatliche repressionen, weil er sich an die AHAregeln halten soll und möglichst persönliche kontakte derzeit vermeiden und die leute, die da mitmachen dumme mitläufer »des systems« nennt, hat schlicht nicht begriffen, was infektionskrankheiten sind. Ich bin durchaus froh, daß eine derartig selbstherrliche lusche damals nicht leiter des örtlichen gesundheitsamtes war. Das hätte böse enden können.

14 Kommentare:

  1. Coronaleugner sind eigentlich zu bedauern, denn sie kommen mit der Realität nicht klar und basteln sich daher mit ungeheurem Aufwand eine eigene. Für sie ist nun mal zweifelsfrei 1 plus 1 = 41. Wenn man ihnen entgegenhält, dass 1 plus 1 = 2 ist, dann wird das Ergebnis als Mainstream oder Fake infrage gestellt.

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  2. Bezüglich der beschlossenen Maßnahmen im Rahmen des Lockdowns kritisiere ich die politischen Entscheidungen von links, sofern sie widersprüchlich sind. Beispiel: Gastronomie muss schließen trotz guter Hygienekonzepte. Öffentliche Verdrußmittel proppevoll.

    Sollte jedoch der hier und da angeschobene Diskurs zu einer gesetzlich geregelten Triage führen, haben sie in mir einen erbitternden Gegner. Denn das kann nicht die Antwort auf die Tatsache sein, dass die Verantwortlichen in der Politik es 6 Monate lang versäumt haben, sich auf die zweite Welle vorzubereiten. Stattdessen haben sie sich von den Ballermännern und Partygängern für die fatalen Lockerungen feiern lassen.

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    1. Man muß nicht alle maßnahmen gut und richtig finden. Im november waren die einkaufsmeilen oft überfüllt, der ÖPNV häufig auch, die bühnen, die teilweise extra neue klimaanlagen hatten einbauen lassen, vor nur noch einem fünftel des publikums und ihr programm ohne pause spielten, damit alle auf ihren plätzen bleiben und es zwischendurch kein gedränge gibt, jedoch geschlossen.

      Wer im sommer eine flugreise gemacht hat, um irgendwo party zu machen, bekam am flughafen einen kostenlosen test. Wer jetzt seine angehörigen im heim besuchen möchte, muß, so er kein auto hat, in einer vollgestopften bahn in ein testzentrum am arsch der welt fahren, dort fünf stunden lang im regen anstehen, hundert euro für die pcr latzen, um einen besuch von 45 minuten machen zu dürfen. Ich habe verständnis, daß niemand ungetestet da rein soll. Kein verständnis habe ich dafür, wie das logistisch gelöst werden soll. Ja, die pflegeheime haben schnelltests erhalten, das material reicht aber gerade so für bewohner und arbeitskräfte und sie haben auch nicht das personal, um auch noch die besucher zu testen. Die zweite welle und weihnachten kamen ja auch so plötzlich und unerwartet, da war es schlicht nicht möglich, was zu planen. Mit den schulen ist es auch nicht wesentlich anders. Konnte ja niemand ahnen, daß viele schüler da mit dem bus hin fahren, weshalb es unmöglich war, zusätzliche schulbusse zu organisieren.

      Die frage nach triage würde sich nicht stellen, wenn die verantwortlichen rechtzeitig an notfallpläne gedacht hätten und vor allem nicht auf die schreihälse auf der straße gehört hätten. Es ist fragwürdig, wenn ethiker fordern, daß impfgegner keine intensivmedizinische behandlung bekommen sollen. Personen, die aus prinzip keine masken tragen und andere auffordern, es ihnen gleich zu tun, sollte man eher keine geldstrafen aufbrummen, sondern sie damit konfrontieren, eine patientenverfügung zu unterschreiben, daß sie keine intensivmedizinische behandlung wünschen. Damit könnten die intensivstationen womöglich auch ein bißchen entlastet werden

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  3. sondern ihnen zugemutet wird, sich einfach selbst mit irgendwas zu beschäftigen

    Für mich ist übrigens die Zumutung, dass ich beschäftigt werde. Und dann sagen Alle immer, viel zu tun zu haben sei gut.

    Zu den Covidioten:
    Anwalt Jun erklärt ja hier ziemlich gut ab ca. 3:45 die Funktion dieser Taugenichtse.
    Sie waren mit ihrer blödsinnigen Leugnerei zu Nichts nütze. Weder dazu, dass denen, denen es jetzt wirklich schlecht geht geholfen wird, bzw. dass insgesamt die Pandemie solidarischer gehandhabt wird (mindestens BGE und Aussetzung von Mietzahlungen waren ja mal öffentlich im Gespräch), noch dazu dass das Gesundheitssystem besser ausgestattet würde, oder die Schulen, etc..
    Mit ihrer massiven Präsenz haben sie noch nicht einmal versucht, Verbesserungen für das Leben der Menschen zu erreichen.
    Stattdessen wollen sie effektiv nur, dass jeden Tag mindestens 1000 Menschen sterben und ein x-faches davon mit Langzeitfolgen zu kämpfen hat. Denn für sie darf es ja keine Corona-Maßnahmen geben, auch keine Impfung.

    Und da freute ich mich schon, dass die Covidioten wenigstens dazu nützlich sein könnten, auch wirklich von allen schädlichen Wirkungen der Impfstoffe erfahren zu können. Bisher sieht es aber nicht danach aus.
    Die Leselotte kommt mal wieder nur mit ihren üblichen Lotterlinks um die Ecke. Der Artikel fabuliert irgendetwas Wirres. Die Links bestätigen das Behauptete nicht, oder funktionieren nicht. Es wird überhaupt nicht berücksichtigt, dass jetzt mehr als eine Million Menschen den Impfstoff schon bekommen haben und für weniger als 10 wurde diese algerische Reaktion auf das PEG gemeldet.


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    1. "Mit ihrer massiven Präsenz haben sie noch nicht einmal versucht, Verbesserungen für das Leben der Menschen zu erreichen."

      Was ist auch zu erwarten von Menschen, die in erster Linie eigene Interessen mit diesem Protest verfolgen?

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    2. Na, eben. Denen geht es nicht um weltverbesserung in irgendeiner form, sondern um den egotrip. Und, wie anwalt Jun treffend sagt, um wirtschaftliche interessen. Ich frage mich ohnehin schon lange, wo z.b. die figuren vom »Haus Suchard Bacardi - Zentrum für Realitätsverweigerung«, die den selbsternannten Demokratischen Widerstand zusammenschmieren und herausgeben, eigentlich die kohle dafür herkriegen. Es gibt bei youtube ein video vom letzen samstag, also dem 19. dezember, wo pappnase Lenz im grellgelben jäckchen am Rosa-Luxemburg-Platz joggen geht - klar, wenn man joggen geht, läßt man sich immer dabei filmen, sonst siehts ja keiner - und vorm kino Babylon »zufällig« von der polizei angehalten wird, weil er keine maske trägt (dort gibt es eine maskenpflicht) und dann bei einem fluchtversuch festgenommen wird und rumbrüllt. Das ist kein widerstand, sondern einfach nur dumm.

      Was wollen diese dödel eigentlich jetzt noch mit tierversuchen? Warum weiß journalist Wernicke nicht, daß die in der präklinik stattfinden? Noch nie hat es für die zulassung eines impfstoffs eine dermaßen breit angelegte studie mit so vielen teilnehmern gegeben. Wenn ich dadurch schneller an die impfung käme, würde ich mich sofort als versuchsratte melden, denn es ist längst klar, daß schlimme nebenwirkungen selten sind und anscheinend bei leuten auftreten, die extrem allergisch sind. Jetzt habe ich doch mal in die lotterdiskussion reingeschaut. Die fabulieren sich da ja mal wieder die köppe heiß - für mich ist es nachvollziehbar, wenn leute einem neuartigen impfstoff, der zudem rekordverdächtig schnell entwickelt wurde, erst einmal mißtrauisch sind. Nicht nachvollziehbar ist es, wie man über eine impfung, die montag EUweit regulär zugelassen wurde, am dienstag noch von »notfallzulassung« und »unerschlossener datenlage« schwafeln kann. Aber bei der Europäischen Arzeneimittel-Agentur sind sie natürlich unzurechnungsfähig, die informieren sich nicht in den voll investigativen alternativen medien. Gegen manche dinge helfen keine pillen.

      Insgesamt wäre jetzt eigentlich eine prima gelegenheit, mal über den kapitalismus nachzudenken. Weshalb ist das eigentlich ein problem, wenn kulturschaffende, gastwirte und so ihre läden dicht machen, bis die pandemie zu ende ist? Natürlich ist es blöd, in den freizeitaktivitäten eingeschränkt zu sein, aber im prinzip geht materiell überhaupt nichts verloren, wenn man für ein paar monate was anderes macht. Warum ist es erlaubt, eigentümer von wohnungen zu sein, die man selbst überhaupt nicht braucht und nur für den zweck hat, anderen einen teil des einkommens zu enteignen? Das ist doch eine komische sache. Was das BGE betrifft, bin ich allerdings alles andere als begeistert, weil das nichts als eine kapitalismusrettungsmaßnahme ist und keine schlaue idee.

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    3. Hallo Frau Mühlstein,

      "... denen geht es nicht in irgendeiner Form um Weltverbesserung, sondern um den egotrip." Wer die Messlatte an die eigenen Ansprüche so hoch hängt, der muss sich zumindest die Frage gefallen lassen, wer denn in unserer Gesellschaft diejenigen sind die aktiv an einer "Weltverbesserung" arbeiten und auch die Akteure benennen können.
      Und was ist in einer Gesellschaft, in der jeder danach streben muss nicht zu den Verlierern zu gehören und der staatlichen Fürsorge anheim zufallen verwerflich daran,dass Menschen ihre existenziellen Voraussetzungen bewahren wollen. Sind Menschen schon deshalb Egomanen? Und noch schlimmer wenn sie auch noch Lebensfreude für sich einfordern. Was für sog.Linke scheinbar ein Unding ist.

      Mit der Aufforderung über das Nachdenken über den Kapitalismus wird das leider nichts, wenn man Menschen dazu auffordert, die das gar nicht wollen und das eigene Nachdenken darüber selbst im Kleinen keinerlei Anhaltspunkte dafür liefert, dass Leben für alle Menschen zu verbessern.

      Was hier stattfindet ist eben genau das Gegenteil davon, das sind emotionale Überwerfungen.

      Und was Impfungen mit Kapitalismuskritik zu tun haben sollen, dass muss man mir Dummbeutel auch erst mal erklären.

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    4. Und was Impfungen mit Kapitalismuskritik zu tun haben sollen, dass muss man mir Dummbeutel auch erst mal erklären.

      Ist doch ganz einfach: gesunde, geimpfte Menschen sind schlecht für's Geschäft, auch das der Homöopathen, Heilpraktiker und sonstigen Esoteriker.

      Zum Rest: war ja klar, dass bei Ihnen wieder 1 + 1 = 41 ist.
      Was Anwalt Jun beschreibt, ist bei Ihnen also "dass Menschen ihre existenziellen Voraussetzungen bewahren wollen". Bei Ihnen passt eher der Begriff Lügenbeutel statt Dummbeutel.

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    5. @ anonym

      nää, »lügenbeutel« paßt für den Troptard eher nicht.

      Moin Troptard,

      wer in unserer gesellschaft an einer weltverbesserung arbeitet? Spontan würde mir da Uğur Şahin einfallen, der mir nicht erst seit vorgestern ein begriff ist, weil sein schwerpunkt eigentlich nicht die forschung an impfstoffen, sondern an modernen krebstherapien ist. Das wird mit sehr hoher wahrscheinlichkeit die lebensqualität schwerstkranker menschen verbessern.

      Was impfungen mit kapitalimuskritik zu tun haben?

      Nichts. Habe ich auch nirgends behauptet. Wenn man es als unmenschlich empfindet, die pandemie einfach durchlaufen zu lassen und abzuwarten, bis die alten und kranken allesamt tot sind, ist relativ gut beraten, die impfung eher nicht abzulehnen. Wenn man von der impfung gegen covid absieht, für die sehr viel geld zur verfügung gestellt wurde, sind impfungen meist kein übermäßig gutes geschäft.

      In Deutschland gibt es seit etlichen monaten auf der straße eine äußerst aggressive anticoronabewegung, die sich anmaßen, ganz demokratisch die interessen der gesamten bevölkerung zu vertreten. Die vertreten meine interessen nicht, ich lehne das ab. Die leute, die tatsächlich existenzielle sorgen haben, sind da nicht bei. Das sind wichtigtuerische großmäuler, die selbstherrlich darüber entscheiden wollen, was ich zu tun und zu lassen habe und von ihren anhängern nicht unerhebliche geldgeschenke einsammeln.

      Warum fällt man denn in staatliche fürsorge, wenn man für eine zeit nicht seiner arbeit nachgehen kann, aus welchen gründen auch immer? Ich weiß, daß die leute sich darüber keine gedanken machen wollen. Wäre aber schlauer, das mal zu tun.

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    6. @ Anonym,

      aus der Deckung beleidigen können sie wirklich gut! Argumente? Wenn sie ehrlich gegen sich selbst sind, dann braucht es doch so Lügenbeutel wie mich,um sich richtig wohl zu fühlen.

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    7. Wie ich schon gesagt hatte, ich find das unpassend.

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  4. Es geht immer um Verhältnismäßigkeiten. Hepathitis und Pocken sind völlig andere Hausnummern als Corona. Da gibts bspw. ziemlich wenig symptomfrei infizierte.

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    1. Ach so, sind ja nur die Alten und die sonstigen Risikogruppen. Die kann man ja opfern für unseren geliebten Kapitalismus.

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    2. @Mordred

      Genau, verhältnismäßigkeit. Hepatitis A verläuft bei kindern oft asymptomatisch und hat für gewöhnlich keinen schweren krankheitsverlauf. Bei älteren menschen und personen mit bestimmten vorerkrankungen kann es allerdings zu schweren verläufen kommen, die auch tödlich enden können. Kommt mir irgendwie bekannt vor, nur daß corona infektiöser ist und die infektionsmortalität erheblich größer ist.

      Laut RKI lag die infektionssterblichkeit von hepatitis A in Deutschland in der zeit von 2010 bis 2019 bei 0,002%. Die von covid-19 liegt in den entwickelten ländern mit hohem altersdurchschnitt zwischen 0,68% und 0,76%, ist also bloß mindestens schlappe 340 mal so hoch. Die WHO gibt weltweit niedrigere zahlen an, das liegt daran, daß weltweit der alterdurchschnitt bei ca. 29 jahren liegt, in Deutschland jedoch bei knapp 45 jahren.

      Beachte die verhältnismäßigkeiten, bevor Du meinst, Du hättest eine lizenz zum tröten.^^

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