Samstag, 16. Februar 2013

An der panke

Mitten auf dem Wedding, wo die Walter-Röber-Brücke über die Panke führt und den nördlichen abschnitt der Wiesenstraße mit dem südlichen teil verbindet, liegt neben dem Pankeradweg ein gedenkstein.
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Er erinnert an den blutmai 1929. Damals hatten sich der Preußische innenminister Albert Grzesinki und der Berliner polizeitpäsident Karl Zörgiebel, beide SPD, geweigert, demonstrationsverbot für den 1. mai aufzuheben, wie in allen anderen Deutschen großstädten auch.

Tatsächlich fand der mord an den demonstrierenden arbeitern wenige meter weiter statt, in der Kösliner Straße. Damals eine der finstersten straßen des elendsbezirks.

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Die Kösliner Straße im Herbst 2012. Zum glück kein elendsbezirk mehr - immerhin gab es auch in Westberlin mal so etwas wie »sozialen wohnungsbau«.
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Am 30. April schrieb Karl Zörgiebel im »Vorwärts«:
»... so soll nach dem Willen der Kommunisten am 1. Mai in den Straßen Berlins Blut fließen! Das darf nicht sein! Und deshalb weise ich noch einmal mit vollem Nachdruck darauf hin, dass für Berlin ein Verbot der Demonstrationen und Umzüge unter freiem Himmel nicht zuletzt dank der schweren Mitschuld der Kommunisten besteht. Wer trotzdem am 1. Mai die Straße zum Tummelplatz seiner politischen Leidenschaften zu machen versucht, muss sich darüber klar sein, dass er damit für sich und die anderen eine schlimme Gefahr heraufbeschwört! — An die friedliebende Bevölkerung Berlins, besonders an Frauen und Kinder, richte ich die dringende Bitte, am 1. Mai allen Versuchen fernzubleiben, sich nicht unnötig auf den Straßen aufzuhalten und die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zu unterstützen. Zörgiebel.«
Schon im vorfeld wurde den kommunisten die schuld am demonstrationsverbot zugeschoben und davor gewarnt, sich am 1. mai »unnötig auf der straße aufzuhalten«. Die arbeiter, auch viele mit SPDparteibuch, gingen dennoch auf die straße. Unbewaffnet. Über die anzahl der toten gibt es unterschiedliche angaben. Auf dem stein steht, daß 19 menschen bei den straßenkämpfen getötet wurden, andere quellen berichten von 32 bis 38 toten. Wahrscheinlich beziehen sich diese zahlen auf gesamt Berlin, denn auch in Neukölln war es zu unruhen gekommen.

Das buch »Barrikaden am Wedding«, das den blutmai literarisch behandelt, wurde kurz nach dem erscheinen verboten und für den text des liedes vom Roten Wedding, von dem es sehr viele unterschiedliche textvarianten gibt, wurde Erich Weinert wegen volksverhetzung verklagt, mußte allerdings wegen verjährung freigesprochen werden.


Roter Wedding

Links, links, links, links,
trotz Zörgiebels Polizei!
Links, links, links, links,
wir gedenken des Ersten Mai!

Der herrschenden Klasse blut'ges Gesicht,
der Rote Wedding vergißt es nicht,
und die Schande der SPD!
Sie woll'n uns das Fell über die Ohren zieh'n!
Doch wir verteidigen das rote Berlin,
die Vorhut der Roten Armee!

Roter Wedding grüßt euch, Genossen!
Haltet die Fäuste bereit!
Haltet die roten Reihen geschlossen,
denn unser Tag ist nicht weit!

Drohend stehen die Faschisten
drüben am Horizont!
Proletarier, ihr müßt rüsten!
Rot Front! Rot Front!

Worte: Erich Weinert
Musik: Hanns Eisler

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