Freitag, 16. August 2013

Hundert jahre fließbandarbeit

Am 16. august 1913 führte die Ford Motor Company in Detroit, USA, die fließbandproduktion ein. An sich hatte ich schon lange vor, ein paar zeilen zu Henry Ford, fordismus und dem, der den begriff »fordismus« prägte zu schreiben. Denn es kommt immer wieder vor, daß in diskussionen Henry Ford zitiert wird oder daß man auf internetseiten, beispielsweise auf der der »bürgerbewegung bandbreitenmodell«, über die ich in den letzten wochen hier das eine oder andere wort verloren habe, über Ford-zitate stolpert.

Da ist es nicht verkehrt, sich anzuschauen, wie dieser mensch dachte, welchen einfluß er ausübte und wer die menschen waren, die ihn seinerzeit schätzten.

Da wäre Friedrich von Gottl-Ottielienfeld zu nennen, der als glühender verehrer Henry Fords bekannt war. Staatswissenschaftler und nationalökonom, mitglied der NSDAP und der faschistischen »Akademie für Deutsches Recht«. Er prägte den begriff des fordismus.

Zu den bewunderern Henry Fords zählte auch der »führer« persönlich, bis zum schluß soll auf Hitlers schreibtisch ein portrait Fords gestanden haben, Ford ist der einzige Amerikaner, der in »Mein Kampf« zitiert wird. Beide trennten sie unsinnigerweise das »böse« finanzkapital vom »guten« poduktiven kapital (bei den nazis als »raffendes« und »schaffendes« kapital bezeichnet). Gemeinsam war ihnen ebenso der haß auf »die juden«. Mit »Der internationale Jude« heizte Henry Ford den ohnehin schon vorhandenen antisemitismus an.

Es gibt keinen grund, den kapitalisten Henry Ford in irgendeiner weise positiv zu betrachten.

Zum thema empfehle ich, den text von Ingar Solty zu lesen, durch welchen ich auf einige interessante einzelheiten aufmerksam wurde, die ich bisher nicht wußte.

5 Kommentare:

  1. Liebe Mechthild,
    Dazu empfehle ich den Roman von Upton Sinclair: „Am Fließband“ (1937).
    Die Judenfeindlichkeit Fords wurzelt in seinen Haß und Neid gegen den Wiener Ingenieur Siegfried Markus, der früher als ihm das Automobil erfand, jedoch kein Geld hatte es patentieren zu lassen.
    Sehr herzliche Wochenendgrüße aus Antwerpen, Nadja

    AntwortenLöschen
  2. Liebe Mechthild,
    Wir hatten, in Dezember 2011, schon mal eine Diskussion:
    http://politiekencultuur.blogspot.be/2011/12/paulinchen-ist-allein-zu-haus.html
    Das Zitat "Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh."
    ist ein interessantes Denkanstoß unabhängig ob es von Henry Ford oder von jemand anderes stammt.
    Ford zitieren ist nicht automatisch gleichbedeutend mit „Ford Verherrlichung“. Schlechte Menschen können mitunter auch mal zutreffendes sagen.
    Hoffentlich rechnest Du mir jetzt nicht zu den „schlechten Weibern“ (Lach)
    Herzliche Grüße aus dem verregneten Antwerpen,
    Nadja

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Nadja,

      an die diskussion, »paulinchen« betreffend erinnere ich mich noch. Es ging damals um diesen dummen »zinskritischen« film, der wie eine simple erklärung für kinder daherkommt und von dem »paulinchen« überzeugt war, daß er auf »einfache art und weise das geldsystem erkläre«. Tatsächlich erklärt der film nichts, sondern transportiert nur ideologie, inklusive der theorie, daß es einen geheimbund gäbe, der heimlich das weltgeschehen lenke.

      Der satz »würden die menschen das geldsystem verstehen, hätten wir eine revolution vor morgen früh« mag zwar richtig sein. Dieser satz wurde in Deutschland bereits bei attac, politischen kabarettisten und von der NPD gleichermaßen gern zitiert. Man sollte es sich genau überlegen, was man damit bezweckt, wenn man sich auf den arbeiterschinder Henry Ford bezieht und was ausgerechnet der damit sagen wollte.

      Der war ein »zinskritiker« und wollte damals seine idee, daß es das »gute produktive« und das »böse unproduktive, ausschließlich auf geldgewinne« ausgerichtete kapital« gäbe verbreiten. Diese trennung gibt es jedoch nicht. Kapital ist nie produktiv. Das wird immer bloß investiert, um einen gewinn zu erzielen, völlig egal, ob eine bank das tut oder ein unternehmer. Stattdessen unternehmer und arbeiter als gedachtes kollektiv, wo angeblich »jeder seinen platz hätte«. Wie der Ford über den einfachen arbeiter dachte, wird beispielsweise hier klar:

      »Repetitive Arbeit hat für bestimmte Menschen etwas Abschreckendes. Mir wäre es ein grauenvoller Gedanke. Unmöglich könnte ich tagein, tagaus das gleiche tun; für andere, ja für die meisten Menschen ist das Denkenmüssen [jedoch] eine Strafe (…). Der Durchschnittsarbeiter wünscht sich – so leid es mir tut, das zu sagen – eine Arbeit, bei der er sich weder körperlich, noch vor allem geistig anzustrengen braucht.«

      Da steckt eine abgrundtiefe verachtung für diejenigen drin, die sich unter dem zwang, geld verdienen zu müssen, an die gegebenheiten, die Ford selbst geschaffen hat, angepaßt haben. Und aus den selbstgeschaffenen verhältnissen macht der glatt die rechtfertigung der klassengesellschaft: Die breite masse sei einfach zu doof, als etwas anderes zu tun als fortwährend die selben drei handgriffe zu tätigen. Das ist eine falsche sicht auf die menschheit.

      Herzliche grüße aus Berlin,
      Mechthild

      Löschen
  3. Danke sehr liebe Mechthild,
    Hier noch einen Bücherhinweis:
    M. Iljin „Fünf Jahre, die die Welt verändern – Erzählung vom großen Plan“ Malik-Verlag 1932.
    Darin wird unter andrem abgerechnet mit den „Fordismus“ und die Fließbandarbeit im Kapitalismus und den Unterschied dazu vom Taylorismus in der UdSSR dargelegt.
    Das Buch wird (sogar antiquarisch) kaum erhältlich sein, aber irgendeine Berliner Bibliothek wird es hoffentlich führen.
    Ob nicht, werde ich bei Gelegenheit ein paar Auszüge in „Politiek en Cultuur“ darbringen.
    In der DDR gab es freilich auch Fließbandarbeit, es hieß „Taktstraße“.
    Sehr liebe Grüße aus Antwerpen,
    Nadja

    AntwortenLöschen
  4. Liebe Mechthild,
    Ich habe die entsprechende Blätter aus dem Buch „Fünf Jahre die die Welt verändern“ schon kopiert.
    Ich bringe es dann demnächst (wahrscheinlich morgen) online. Dein Meinung werde ich, wie immer, hochschätzen.
    „Greif zum Feder bzw. zu den Tasten, Kumpel!“
    Herzlichst aus Antwerpen,
    Nadja

    AntwortenLöschen

anmerkungen willkommen, mißbrauch strafbar.