Freitag, 2. August 2013

Hot-Sonate

Der außentemperaturen wegen gibt es heute nur ein wenig musik: Die »Hot-Sonate« (1930) von Erwin Schulhoff.
Klingt amerikanisch, ist es aber nicht. Erwin Schulhoff scheint heutzutage in vergessenheit geraten zu sein. Im »Brockhaus Lexikon« von ende der 80er jahre steht er nicht, obgleich er in den 20er und 30er jahren des vergangenen jahrhunderts ein bedeutender komponist war.

Den Hitlerfaschisten galt seine musik als »entartet«, weshalb er in der Deutsch besetzten Tschechischen Republik kaum leben konnte. Als kommunist wollte er in die Sowjetunion gehen, doch als er 1941 die dafür nötigen einreisedokumente erhielt, war es zu spät für eine flucht. Er wurde ins lager Wülzburg bei Weißenburg in Bayern deportiert, wo er ein jahr darauf am 18. august an hunger und krankheit starb.

2 Kommentare:

  1. Und ich dachte, ich kenne die Musik aus dieser Zeit sehr genau ... wieder habe ich etwas gelernt. Danke auch dafür! Das ist fantastisch! Mein ganz persönliches Verzeichnis der vergessenen Komponisten aus der Zeit des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wird immer umfangreicher.

    Du kennst das "International Music Score Library Project", nehme ich an, in dem inzwischen gemeinfreie, also nicht mehr "urheberrechtlich geschützte" Noten der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden? Ich habe dort mal nachgesehen und tatsächlich eine ganze Reihe von Kompositionen von Erwin Schulhoff gefunden, darunter auch die "Hot-Sonate", die Du hier verlinkt hast.

    Wie außerordentlich kulturell entwickelt könnte diese Welt doch sein, wenn es nicht dieses himmelschreiende "Urheberrecht", das nichts anderes als ein kapitalistisches Verwertungsrecht (das in den seltensten Fällen etwas mit dem wirklichen Urheber zu tun hat) ist, gäbe und wir nicht 70 oder (wie geplant) mehr Jahre darauf warten müssten, dass geschaffene Kunst allen gleichermaßen zugänglich ist. So entsteht erst das kapitalistische Vakuum, das jede Menge "vergessener Künstler" kennt. Die Zahl geht wohl in die Tausende. Die Datenbank des IMSLP ist randvoll angefüllt mit Beispielen und doch erst eine kleine Beispielnotiz, die weit - sehr, sehr weit - von einer Komplettierung entfernt ist.

    Und falls die kapitalistische Bande, wie sie es plant, den "Urheberschutz" weiter ausdehnen wird, werden auch diese kleinen Lichtblicke wieder in der Versenkung verschwinden.

    Es gibt auch schon eine ganze Reihe von Bibliotheken, die Teile ihre Bestände - sofern sie nicht mehr dem perversen "Urheberschutz" unterliegen, digitalisiert der Allgemeinheit zugänglich gemacht haben - als Beispiele möchte ich da die Bayerische Staatsbibliothek oder die Universität von Rochester nennen, wo man alle mögliche Arten von digitalisierten Büchern - inklusive Notenbüchern - frei abrufen kann.

    Welch eine wunderbare, befruchtende Welt könnte dieser Planet sein, wenn das umfassend gälte und nicht nur für eine kleine (willkürliche und eben ausschließlich alte) Auswahl von Publikationen. Daran hindert die Menschheit einmal mehr der Kapitalismus und die von ihm angebetete Habgier einzelner Individuen.

    Liebe Grüße!

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    1. Das freut mich, daß ich meinem »bildungsauftrag« nachkommen konnte. Nachdem, was ich bei Dir gelesen hatte, war ich mir sehr sicher, daß Du den Erwin Schulhoff bestimmt kennst. Wenn ich behaupten würde, ein echter kenner der musik des 20. jahrhunderts zu sein, tät ich mich arg weit aus dem fenster lehnen. Ich bin mir nicht sicher, ob die zerstörung von kultur in zeiten des faschismus und der weltkriege oder das urheberrecht, das die kultur an das geld kettet, mein wissen mehr beeinträchtigt hat.

      Künstler, die nicht kapitalistisch verwertbar sind, geraten zwangsweise in vergessenheit. Liegt daran, daß sich die qualität von kulurellen gütern in der vermarktbarkeit mißt.

      Danke für die links, die kannte ich allesamt noch nicht, sind für mich aber durchaus nützlich.

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