Daß die zinskritik keine schlaue idee ist, weil es egal ist, ob die besitzlose klasse nun den zins, auch profit genannt, für einen eigentümer, der sein geld als kapital verwendet oder eine fabrik als kapital besitzt, habe ich vor einigen monaten schon mal geschrieben.
Der ursprung der zinskritik ist die schlechte idee, kritik an denen zu üben, die »bloß« geld zum gelingen der wirtschaft gegeben hätten. Die sind zum sündenbock für das nichtgelingen zu machen und - bei faschisten besonders wichtig - ihnen vorzuwerfen, planmäßig den staat zu schwächen, um sich egoistisch selbst zu stärken.
Über den faschistischen zinskritiker Gottfried Feder schreibt Andreas Popp auf seiner seite »Wissensnmanufaktur«folgendes:
An dieser Stelle soll auch der Erfinder dieser Methode der Staatsentschuldung gewürdigt werden. Es ist Gottfried Feder (1883 - 1941), der diese Idee schon 1919 in seinem „Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft“ veröffentlichte. Heute wird dieser große Wirtschaftstheoretiker leider noch immer mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht, obwohl er ab 1933 keine Rolle mehr spielte und seine Zinskritik von da an von Kapitalisten, Kommunisten und Nationalsozialisten gleichzeitig bekämpft wurde.
War der Feder nun weniger faschist, weil er nach der machtübernahme nicht den posten erhielt, den er sich erhofft hatte?
Feder war faschist der ersten stunde, bereits 1919 mitglied der DAP aus der später die NSDAP hervorging. Hitler selbst würdigte die ideen Feders in »Mein Kampf«, dieser habe ihm die »augen geöffnet«.
Feders grundfaschistische überzeugung soll nun etwas weniger grundfaschistisch oder antisemitisch sein, weil der Hitler offenbar begriffen hatte, daß er mit diesen ideen keinen erfolgreichen staat machen konnte?
Die behauptung mit der verfolgung ist lächerlich: von den kapitalisten wurde er seiner kruden wirtschaftstheorien wegen bestensfalls müde belächelt. Die nazis haben ihn nicht fallen lassen, der bekam pöstchen, auf denen er für die damalige zeit extrem gut versorgt war, allerdings nicht übermäßig viel zu melden hatte.
Zu erfahren, wo die kommunisten damals herrn Feder verfolgt hätten, wäre interessant. Die waren 1933 selbst verfolgt und somit kaum in der lage einen faschistischen sesselfurzer, der seinerseits auf das abstellgleis geschoben worden war, zu verfolgen. Die anhänger Feders verfolgten und ermordeten kommunisten. Nicht umgekehrt. Popps behauptungen sind dreiste lügen.
Offenbar setzt Popp darauf, daß Gottfried Feder den menschen kein begriff ist und er diesbezüglich behaupten kann, was ihm beliebt. Zum ersten mal fiel mir herr Popp auf, als mir vor jahren ein freund eine mail einer bekannten, die in die esoterikszene abgerutscht war, weiterleitete, weil er den inhalt absurd fand. Es ging im weiteren sinne um das BGE (bedingungsloses grundeinkommen) und ein seminar, das man für teuer geld buchen sollte.
Wer war Gottfried Feder?
Gottfried Feder war ein Deutscher ingenieur, geboren 1883, der sich ab 1917 im selbststudium mit volkswirtschaft befaßte. Was er zwischen 1914 und 1918 getrieben hat, ist nicht überliefert. Das liefert grund zur annahme, daß er sich als wackerer Deutscher patriot um den kriegsdienst herumgedrückt hat.
Für Feder besteht das wirtschaftssystem nicht aus kausalen zusammenhängen, sondern aus »geheimnissen«, vielleicht, weil er nichts davon verstand. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß er das alles sehr wohl begriffen hatte, die anderen aber dumm halten wollte, um ihnen die eigenen ideen besser unterschieben zu können.
Feder schreibt von moralischen verwerfungen, gift und krankheiten. Für ihn ist der »mammonismus«, was auch immer das sein soll, eine krankheit. Daß der mensch, der nicht völlig bescheuert ist, nach geld streben muß, wenn er im kapitalismus überleben will, läßt der völlig außen vor.
Bei ihm sind es irgendwelche übersinnlichen kräfte, die angeblich irgendwelche unsittlichen gendanken aufkommen ließen und der kapitalismus an sich ohne zins und mit viel moral wunderbar fortführen.
Schuld daran, daß das nicht geht, sind, wer auch sonst, die juden mit ihrer raffgier, die den rest der welt in zinsknechtschaft zwingen würden.
Das realexistierende prinzip des kapitalismus, wird nur zur hälfte gesehen und die andere hälfte wird geleugnet. Man soll die eine hälfte als »gut« betrachten. Die andere als »böse«.
Ist man ein lohnarbeiter, ist man von beiden seiten abhängig, die einen gleichermaßen aussaugen, das macht keinen unterschied.
Nieder mit der lohnarbeit!
Die für sich in Anspruch nehmen die (theoretisch) ultimativen Linken zu sein, sehen das anders.
AntwortenLöschenIch nehme an, Du meinst die »linke zinskritik«.
LöschenJa, da könnte ich mich auch in linken kreisen noch einmal so richtig unbeliebt machen. Das schwebt mir vor, das finde ich gut.
Das werde ich nicht auslassen.Ich weiß, daß unter meinen lesern befürworter dieser theorie sind.
Ich lehne das generell ab.
Ich hab derzeit leider keine zeit darüber zu schreiben, bei gelegenheit werde ich es tun. Ein thema, um das ich mich seit jahren rumdrücke. Bin momentan allerderdings zu müd.
@ "Ich nehme an, Du meinst die »linke zinskritik«."
LöschenGenau und die Sucht vieler Linker zu schwafeln und alles zu zerreden, wenn es darum geht praktische Schlüsse zu ziehen, wie am von mir verlinktem Beispiel zu sehen.
Wenn ich von "linker zinskritik" spreche, werde ich "Spalter" genannt...
LöschenEiner, der sich als »links« versteht, sich jedoch mit zinskritik begnügt, ist nicht übermäßig gescheit.
LöschenAus sicht der lohnarbeit ist es nämlich egal, ob für zins oder profit gearbeitet wird: ist beides das selbe: geld, das erwirtschaftet werden muß und das dem lohnarbeiter vorenthalten wird. Ein investor hat geld vorgeschossen und das wird rentabel gemacht, menschen, die sich als links verstehen, haben da im normalfall was gegen, weil sie das als ausbeutung ansehen.
Wer die ausbeutung für zins als »böse« einstuft, die ausbeutung für profit als »gut« bezeichnet, begeht somit einen logischen fehler: er wertet moralisch das selbe ding einmal als »den teufel schlechthin« und einmal als »wohltat« und beides ist grundverkehrt. So lange kapitalistisch gewirtschaftet wird, ist ausbeutung für zins und/oder profit eine notwendigkeit, die sich aus dem system ergibt.
"menschen, die sich als links verstehen, haben da im normalfall was gegen, weil sie das als ausbeutung ansehen."
LöschenNicht alle, nur die, welche den Kapitalismus "überwinden" wollen.
Es gibt aber auch Linke, die den Kapitalismus nicht überwinden und das Geld nicht abschaffen wollen.
Liebe Mechthild,
AntwortenLöschenWas Du schreibst scheint mir richtig zu sein.
Nur soll Zinskritik als solche deswegen global verpönt und verboten sein?
Es ist doch keine Sünde um die Weltbank und das IFM anzuprangern? Herzliche Frühlingsgrüße aus meine flämische Sommerfrische,
Nashenka
Zinskritik ist Nazikacke.
LöschenUnd Sie, Herr Karl, haben statt Argumenten zur Sache nur ein vulgäres Vokabular zu bieten!
LöschenLiebe Nashenka,
Löschen»sünde« ist für meine begriffe nichts, »sünde« ist eine »religiöse verfehlung« und hier geht es nicht um religion sondern um wirtschaft.
Wie ich oben dargelegt habe, gibt es gründe, etwas gegen zinskritik zu haben.
Das heißt jedoch noch lange nicht, daß man die banken toll finden muß. Es gibt gute gründe, etwas gegen banken zu haben.
Wenn die kritik an den banken aber darauf hinausläuft, daß hinter »allem« eine jüdische weltverschwörung, deren drahtzieher die Rothschilds wären, stecke, geht man dämlichen, äußerst rechten alfanzereien auf den leim (um solche leut ging es im obenstehenden text).
Die banken befolgen die gesetze des kapitalismus, soweit es die jeweiligen staaten erlauben (oder die augen zudrücken). Das soll verwerflich sein?
Eigentlich will ich die banken nicht verteidigen, weil ich sie nicht leiden kann, aber jeder fabrikant tut das selbe.
Man kann für kapitalismus oder dagegen sein. Nur einen kleinen teil, der einem gerade als »unangenehm« erscheint, abzulehnen, ist komisch.
Herzliche grüße aus Berlin sendet Mechthild
(hier gab es heute das erste »sommergewitter«, kein witz)
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
AntwortenLöschenMan sieht bzw. sah es an den Staaten, die ihre Einwohner jahrzehntelang gegen den Kapitalismus erzogen haben:
AntwortenLöschenJe mehr Umverteilung, desto mehr wird unter der Hand geregelt.
Es ist so überdeutlich, dass man nichts mehr dazu sagen kann.
Und was soll das nun mit dem obenstehenden zu tun haben?
Löschen@ MM 01:39
LöschenEr/Sie oder nach dem Duktus Es wollte uns sagen ("nichts mehr dazu sagen!), dass ohne den Kapitalismus eine Selbstregelung - "unter der Hand" - funktioniert.
Was wollen wir eigentlich mehr?
Ach so ist das. Das wäre so ungefähr, was ich will: ohne kapitalismus eine selbstregelung »unter der hand« funktionieren zu lassen.
Löschen„Diejenigen, die Zins nehmen (w. verzehren), werden (dereinst) nicht anders dastehen als wie einer, der vom Satan erfasst und geschlagen ist (so dass er sich nicht mehr aufrecht halten kann). Dies (wird ihre Strafe) dafür (sein), dass sie sagen: ›Kaufgeschäft und Zinsleihe sind ein und dasselbe.‹ Aber Gott hat (nun einmal) das Kaufgeschäft erlaubt und die Zinsleihe verboten.“
AntwortenLöschenDer Koran, Sure 2, Vers 275
Und was sagen die Zinskritiker jetzt???
Die muslimische zinskritik ist mir bekannt.
LöschenDas muslimische zinsverbot unterscheidet sich im grunde kaum vom jüdischen oder christlichen zinsverbot. Unterschied ist, daß gläubige muslime sich auch heute noch daran halten sollen, während die anhänger der anderen monotheistischen religionen heutzutage jedwede form der ausbeutung anwenden dürfen. Das ist ein teil des konfliktes zwischen der muslimischen und der sogenannt westlichen welt. In muslimisch geprägten staaten wird, soweit ich gehört habe, der zins nicht bloß kritisiert, zinsgeschäfte sind dort verboten (sollte ich hierzu falsch informiert sein, bin ich interessiert an quellen, die etwas anderes belegen).
Die hiesigen »zinskritiker« haben mit denen gemeinsam, daß sie keine logischen begründungen bieten. Das alles soll als »gottgegeben« hingenommen werden, daß profit erlaubt und zins verboten ist. Den religiösen zinsablehnern könnte man es fast noch zugute halten, daß sie sich auf »gesetze« berufen, die entstanden sind, lange bevor an die industrielle ausbeutung des menschen zu denken war. Damals hatten die keine vorstellung davon, wie man leute produktiv machen kann, um aus der arbeitskraft eines menschen selbst »zins« zu schöpfen.
Solche ansichten sind heute nicht mehr zeitgemäß.
@ „Die muslimische Zinskritik ist mir bekannt.“
LöschenDa sind wir ja schon zwei! ;-)
Mir ging es auch mehr darum die Zinskritiker moralgeschichtlich einzuordnen; als quasi islamistische Fundamentalisten um nicht zu sagen als „Zinstaliban“.
Übrigens, Allahs Banker finden schon genügend Wege das Zinsverbot nicht nur zum umgehen, sondern darüber hinaus Profit zu machen. :-(