Donnerstag, 5. März 2015

Promoviert, niedriglohngeil, plemplem.

Den goldenen bescheidenheitsvogel mit quadratmeise für den vergangenen montat hat Stefanie Schmidt in der taz abgeschossen. Die promovierte historikerin bejammert es, daß sie nach der gesetzesänderung nicht mehr als billigstarbeitskraft (praktikantin) bei der taz arbeiten kann. Denn wenn man schon keine »richtige« arbeit findet, so will man doch wenigstens so tun, als ob.

Sie habe eine ausbildung zur bürokauffrau gemacht und seit ihrem 18. lebensjahr in ihrer freizeit in der fabrik am fließband gestanden - da merkt der weniger akademische arbeitsmensch auf, denn freizeit und fließband sind zwei sachen, die einander ausschließen - und was sie nicht alles noch für jobs getan hätte.
Zitat: „Ich kann mir vorstellen, wie es Ihnen geht“, sagt die Dame, „ich habe auch eine Freundin, die in Geschichte promoviert hat. Sie ist jetzt 40 Jahre alt und verdient das erste Mal in ihrem Leben mehr als 1.500 Euro“ … (Kunstpause) … „Aber wir suchen niemanden, der einen Job macht, nur weil er verzweifelt ist. Wir wollen eine Referentin, die überglücklich ist, dass sie den Presseverteiler unseres Museums pflegen darf. Sie können mit 1.000 Euro doch gar nicht allein in Berlin leben!“

Da gibt es in Berlin in einem museum offensichtlich eine einzelne personalchefin, die bei verstand ist und feststellt, daß man als single von 1000 € in Berlin nicht leben kann und das, ach, so »linke« blättchen taz schreibt dagegen.

Gewundert hat mich das nicht. Im jahr vor der einführung von h4 jubelten die immer wieder, daß darin große chanchen steckten. Und das hat ja auch gestimmt, die hatten die chance, gut ausgebildete menschen für lau zu beschäftigen und da muß es kaum wundern, daß die es bedauernswert finden, daß wenigstens diese sauerei abgeschafft wurde.

8 Kommentare:

  1. Aber Frau Mühlstein,

    "links" angehaucht die taz, vielleicht war die das mal. vor langer langer Zeit in einer anderen Galaxie. Die ist und war eher Grün verortet. Analog hat dieses Blatt die gleiche Entwicklung wie die Partei genommen. Da muss man sich schon die gut bürgerliche und bezahlende Leserschaft erhalten. Aber Image ist alles.

    Gruß Hades

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  2. @ hades,

    das war ein witz. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß die taz mal »links« gewesen wäre. Die ist und war, das was das bürgerliche milieu als »links« verortet: kapitalismus toll, aber menschenfreundlich. Und im namen der humanität ist im notfall das menschenfreundliche kriegführen notwendig.

    Und armut ist super, wenn die armen halt mal lernen, wie sie sich gewinnbringend in die gesellschaft einbringen könnten und jetzt werden sie von den bösen gesetzen gehindert. So viel durchfall kann man gar nicht haben, wie man auf sowas scheißen möchte.

    Liebe grüße


    (übrigens: hier im blog gilt vorname oder nick und andrede »Du«, das ist noch aus alten internetzeiten so.)

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  3. Hallo Mechthild!
    Nach der Lektüre des Artikels von Frau Schmidt kamen mir arge Zweifel ob des Wahrheitsgehaltes ihres Lebenslaufes. Auf jeden Fall hat sie polarisiert, was an den dort folgenden Kommentaren ersichtlich war.
    Das durch Gesetze und deren Änderungen weit mehr Menschen ins Abseits gedrängt werden, obwohl es doch anders konzipiert war, erfährt man immer wieder. Ich nehme Frau Schmidt mal als Fallbeispiel diesbezüglich an und halte es als eines der Schlechtesten.

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    1. Salü Wysuzie,

      Ob der lebenslauf dieser frau nun so stimmt oder nicht, ist relativ egal. Sie versucht, sich als besonders tolle arbeitskraft zu verkaufen, die jetzt noch mehr ausgegrenzt wird.

      Ja, das stimmt, daß menschen durch arbeitslosigkeit ausgegrenzt werden. Allerdings ist ein mensch, der im niedriglohnbereich arbeitet, auch ausgegenzt: die kollegen gehen nach feierabend essen und man muß sich eine ausrede einfallen lassen, weil das zu teuer ist oder man verliert freunde, weil man an deren freizeitaktivitäten des geldes wegen nicht mehr teilhaben kann (reisen, kino, theater oder was auch immer).

      Was mich an dem artikel stört, ist, daß sie nicht ein gescheites leben fordert, sondern in aller bescheidenheit weiterhin fordert, daß ein arbeitsleben in der alleruntersten schublade möglich sein soll. Das ist doch absurd!

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    2. Nööö, sooo absurd ist das nun auch wieder nicht. Ich kenne so einige, die regelrecht stolz darauf sind, sich ausbeuten zu lassen. Weil nämlich: "Ich arbeite wenigstens für mein bisschen Geld und sitze nicht faul zuhause rum wie diese ganzen Schmarotzer. Für mich hat das nämlich auch was mit Würde zu tun".

      Nun könnte mensch stundenlang darüber diskutieren, woher dieser vermeintliche "Stolz" und das damit verbundene, angebliche Gefühl von "Würde" rührt. Sind das von der preussisch-protestantischen Arbeitsethik be- und vernebelte Hirne? Oder lügen die sich einfach nur selbst was in die Tasche? Ist das sowas wie eine Abwehrhaltung, um sich nach außen hin "moralisch wertvoller" darzustellen, sich von "denen da" abzugrenzen, anderen dadurch beweisen zu wollen "Hey, ich gehöre aber nicht zu denen da!"? Vielleicht von jedem ein bisschen?

      Komischerweise habe ich bislang nur mit Leuten zu tun gehabt, die auf und über ihre Arbeit geflucht haben. Und die nach Eintritt in den Ruhestand froh gewesen sind, "diese ganze Scheiße endlich hinter mir zu haben". Das äußern die aber immer nur im kleinen vertrauten Kreis. Nicht so vertrauten Personen gegenüber stoßen die nämlich ins gleiche Horn und singen dann ebenfalls ihr Loblied auf die Arbeit.

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    3. Natürlichlich flucht jeder über die arbeit. Arbeit ist mühsal, und kein mensch der halbwegs bei trost ist, reißt sich um mühsal. Mir ist aus dem letzten jahrhundert auch noch der spruch »wer arbeit kennt und danach rennt und sich nicht drückt, der ist verrückt!« geläufig.

      Wenn arbeit zu etwas wie »würde« führen würde, hätten die reichen es mit sicherheit längst für sich entdeckt.

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    4. In einem "Gassenhauer" aus dem frühen 20.Jhd. hieß es "So lang der Bauch inne Weste passt, wird keene Arbeit anjefasst.".
      Und der Spruch hier war auch mal im Umlauf: "Arbeit ist herrlich - ich könnte stundenlang dabei zugucken.".

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    5. Dazu ist mir vorhin eine episode von den »Peanuts« eingefallen, in der sinngemäß gesagt wird, daß es drei dinge gibt, die der mensch gern sieht: fließendes wasser, ein loderndes feuer und andere bei der arbeit. Wahrscheinlich nicht unbedingt falsch.

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