Ein auch unter linken inzwischen weitverbreiteter irrtum ist die forderung nach einem »bedingungslosen grundeinkommen«.
Als ich, es dürfte irgendwann mitte bis ende der neunziger jahre des vergangenen jahrhunderts gewesen sein, zum ersten mal davon hörte, fand ich die idee durch ein BGE den druck aus dem arbeitsmarkt zu nehmen, ziemlich gut.
Eine bestechend simple idee, um den menschen zu helfen: man gibt ihnen einfach geld, und schon muß sich niemand mehr sorgen machen, ob er die miete zahlen kann oder gegen ende des monats wurstbrot knapp wird. Inzwischen bin ich der auffassung, daß es keine besonders schlaue idee ist, ein BGE zu fordern. Denn egal wie menschenfreundlich einige dieser modelle sein mögen: So wird es garantiert nicht kommen.
Vielleicht kann sich der eine oder andere noch daran erinnern, daß es in Westdeutschland einen sozialstaat gab, der diesen namen sogar verdiente (nicht, daß ich auf den ein loblied singen wöllte - aber das wäre ein anderes thema). Der wurde abgebaut - und nicht, weil plötzlich kein geld mehr dagewesen wäre für zahnbehandlungen, arbeiterkuren oder arbeitslosenunterstützung, sondern weil jeder zahnersatz im arbeitermaul und jeder pfennig im arbeitslosenportemonaie im widerspruch zum gewinn der besitzenden klasse steht.
Oder anders gesagt: den leuten, denen der ganze laden hier gehört, ist das volk zu teuer geworden.
Man muß sich überhaupt nicht wundern, daß nun ausgerechnet Götz Werner ein umsatzsteuerfinanziertes BGE fordert, der ist kein kleiner dummer und schneidet sich damit bestimmt nicht ins eigene fleisch. Der könnte dann vom fiskus unbehelligt seinen geschäften nachgehen, während die konsumenten, die mit ihren bedürfnissen an den markt herantreten, sich gegenseitig finanzieren sollen. Es lohnt sich zuzuhören, wie dieser mann argumentiert:
Er beginnt mit der feststellung, daß »wir« schon im paradies leben könnten. Wer auch immer dies schöne »wir« sein soll. Zum glück sei es möglich, mit wenig aufwand alles herzustellen, was man zum leben braucht. Seine argumente enden aber nicht in menschenfreundlichkeit, sondern wirtschaftsfreundlich – daß Deutschland mit dem BGE ein »arbeitgeberparadies« werden könne, immerhin gäbe es dann arbeitskräfte für lau, weil die leute dann für ganz wenig bzw. für den »lebenssinn« arbeiten würden.
Aber immerhin klärt sich so auf, wer dies »wir« überhaupt ist. Natürlich meint er damit nicht sich und mich als insassen dieses staates, sondern bezieht sich auf seine klasse.
Ebenso wenig verwunderlich ist, daß INSMmietmaul Thomas Straubhaar ebenfalls für ein BGE als einzige sozialleistung eintritt - in höhe von 625 €, von der man dann eine basiskrankenversicherung kaufen muß, die pro monat ca. 200 € kosten soll - und das, was nach abzug der miete übrigbleibt, darf man sinnlos verjuxen. Sofern einem dann noch zum juxen zumute ist, denn da ist nichts mit »gestärkten arbeitnehmerrechten«, das ist eher der »totale krieg« gegen die eigentumslose klasse. »Normale« arbeitsverhältnisse wird es dann nicht mehr geben, vielmehr wird man dann eine moderne form des tagelöhnertums haben, in der sich die arbeitskräfte täglich aufs neue zu tode konkurrieren dürfen. Wie man es beispielsweise in der leiharbeit heute schon vorfindet.
Ich weiß, ich habe spinnerte gedanken und verkenne die absolut menschenfreundliche idee des BGE. Aber was ist denn bei den sogenannten »Hartz-Reformen« passiert? Man hat begonnen, die forderungen der Bertelsmannstiftung umzusetzen - ich zitiere aus wikipedia:
In der Sozialversicherung sei es nötig, binnen zehn Jahren die Arbeitslosenversicherung abzuschaffen und Sozialhilfe weiter einzuschränken.
Die Kürzungen in der Sozialhilfe wiederum mindere automatisch den damit verbundenen Mindestlohn.
Sinke der Mindestlohn, dann diene dies der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit. Zugleich diene dies der Sanierung der Staatsfinanzen.
Die Senkung der übrigen Löhne um 15 Prozent und die Reduzierung des Kündigungsschutzes erlaube es Unternehmen, mehr Arbeiter und Angestellte einzustellen und damit die Arbeitslosigkeit zu dämpfen.
Die Lohnnebenkosten sollten mittelfristig vom Unternehmer ganz auf den Arbeitnehmer übertragen werden.
Die Bertelsmannforderungen schließen ein BGE nicht aus – aber eben um den druck auf den arbeitsmarkt zu erhöhen. Das, was in den letzten jahren passiert ist, war erst der anfang. Wer für ein BGE auf die straße geht, geht für den weiteren sozialabbau auf die straße, auch wenn er das gar nicht will.
Man kann den kapitalismus nicht »sozial« machen oder ihn »verbessern«, man kann ihn nur abschaffen.
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