Dienstag, 23. Juli 2013

Und wieder kein schlüssiges argument, das für das »bandbreitenmodell« spricht (4)

Zitat:
»3. Kein Sozialismus / Kommunismus ohne Selbstlosigkeit (für eine anonyme Masse)

Wir finden, daß der Sozialismus/Kommunismus durchaus einen gewissen Charme besitzt. Alle sind eine große Familie, alle sind miteinander solidarisch und arbeiten füreinander, auch wenn sie sich in einer anonymen Masse gar nicht kennen. Was so charmant klingt, ist in der Realität trotz zahlreicher Versuche in jedem Land gescheitert. Warum? Weil Sozialismus, Kommunismus und andere "kooperative Ökonomien", die auf Selbstlosigkeit und Solidarität gegenüber einer anonymen Masse basieren, nicht in der Natur des Menschen liegen. Je größer und anonymer eine kommunistische/sozialistische Gesellschaft wird, desto abhängiger wird es von Funktionären mit all ihren menschlichen Schwächen. Ob Sowjetunion oder DDR, ob Nordkorea oder Rumänien, ob China oder Jugoslawien: Stets haben sich die Funktionäre verhalten wie die Gruppe der Schweine in George Orwells "Animal Farm".«
»Charmant« (=bezaubernd) ist am kommunismus nichts und persönlich möchte ich alles andere, als »einer großen familie« angehören. In familien herrschen oft keine übermäßig gleichberechtigten verhältnisse und genau das ist es, das abgeschafft gehört. Es ist ein unschöner gedanke, sich als »kind« des staates sehen, egal ob kaiser als (landes)»vater« oder kanzlerIn als (landes)»mutter«, über dessen kopf hinweg entschieden wird, was »gut« für es ist. Das ist eine sehr konservative vorstellung vom menschlichen zusammenleben. Kommunisten denken so nicht.

Weder sozialismus noch kommunismus haben etwas mit selbstlosigkeit zu tun. Selbstlosigkeit ist eine bürgerliche tugend. Daß man für den kommunismus absolut selbstlos sein müßte, ist eine der niederträchtigsten lügen oder sagen wir etwas freundlicher: unwahrheiten, die je darüber verbreitet wurden.

Selbstlosigkeit setzt voraus, daß man sich mit seinem handeln selbst einen schaden zufügt. Zur selbstlosigkeit wird man im kapitalismus als normalarbeitnehmer gezwungen. Denn um den eigenen lebensunterhalt zu verdienen, muß man den gewinn für seinen chef erarbeiten.

Es ist ein nicht nachvollziehbarer gedanke, daß man selbstlos handeln würde, wenn man arbeitet, damit am schluß für das materielle wohlergehen aller gesorgt ist anstatt für den geldreichtum einiger weniger zu arbeiten.

Im realsozialismus der DDR wurde nicht ohne geld gewirtschaftet. Doch hatte geld nicht den stellenwert wie in der BRD, vieles funktionierte auch ohne geld. Ein beispiel:

Einer, den ich kenne war ein guter schüler. In seiner freizeit hat er einem schlechten mitschüler beim lernen geholfen, das war in der DDR selbstverständlich. Von einem anderen bekam er musikunterricht. Alles kostenlos und überhaupt nicht im tausch, sondern eher nach dem prinzip, daß man beisteuert, was man kann und zurückerhält, was man braucht. Selbslos war daran nichts. Niemand wurde in seinen interessen geschädigt, weil es überhaupt nicht notwendig war, aus allem was man tut, ein geschäftsmodell zu machen. Deren interesse lag darin, einfach etwas vernünftiges zu machen, somit war das keine selbstlosigkeit.

Auch ich habe kostenlos meinen mitschülern in englisch und physik geholfen. Weil nachhilfe im westen aber ein geschäftsmodell war und auch immer noch ist, habe ich mich nicht bloß selbstlos, sondern aus marktwirtschaftlicher sicht äußerst dumm verhalten: das schöne geld hätte ich für meinen teuren musikunterricht ehrlich brauchen können. Hätte ich allerdings bezahlung verlangt, wäre die hilfe bei denen aber nicht angekommen, weil die bzw. deren eltern kein geld für sowas hatten. Dann hätte ich mir eine zahlungsfähige kundschaft für meine dienstleistung suchen müssen und meine armen mitschüler hätten womöglich ihren schulabschluß nicht geschafft.

Das ist ein problem im kapitalismus. Wer anderen hilft, ist dumm, wenn er damit kein geld verdienen kann. Man schädigt sich zwangsläufig selbst, wenn man für andere etwas ohne gegenleistung tut. Denn selbst von einem ernstgemeinten »dankeschön« hat sich noch nie ein brotkorb gefüllt, denn den kann man eben nur füllen, wenn man geld auf tasche hat. Darauf zu verzichten, ist selbstlosigkeit.

Ausgerechnet eine satire von George Orwell als antikommunistisches argument zu nennen, ist unpassend, Orwell war dem kommunismus nicht abgeneigt. Der hat im Spanischen Bürgerkrieg gegen die Francofaschisten gekämpft. Das buch entstand aus enttäuschung über die damalige entwicklung in der Sowjetunion. Diese satire als »beweis« hernehmen zu wollen, daß im sozialismus sich die herrschaft immer wie schweine benehmen würden, ist ein bißchen schwach - vor allem, wenn man bedenkt, wie sich eigentlich die herrschaft in bürgerlichen demokratien benimmt.

Kommunismus bedeutet jedoch eine herrschaftsfreie gesellschaft, in der gemeinschaftlich geplant, produziert und verwaltet wird.

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Demnächst geht es damit weiter, weshalb kommunismus nichts mit der lebensweise der naturvölker zu tun hat.

2 Kommentare:

  1. Danke liebe Mechthild,
    Paß nur auf daß Du mit solche Auffassungen keine Anarchistin wirst, wie Marguerite Bervoets (Lach). (Sie bezeichnete sich selbst brieflich mal als „anarchiste secrète“.)
    Sehr herzliche Grüße aus Antwerpens sommerliche Welthafenstadthitze
    Nadja

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  2. Liebe Nadja,

    ganz bestimmt werde ich keine anarchistin. Anarchisten wollen meist S. Gsells verquastes geldsystem, für das ich nichts übrig habe. Nach der rekordhitze der letzen tage bin ich momentan froh, daß es hier regnet.

    Herzliche grüße aus Berlin,
    Mechthild

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