Zitat Werner Seppmann: »Selbst Kommunikationsprozesse werden zunehmend automatisiert, so dass es immer häufiger geschieht, dass Computer stellvertretend für die Menschen untereinander kommunizieren. Oder denken wir an den vollautomatisierten Börsenhandel, in dem kontrollierende Instanzen, wenn die Programme einmal in Gang gesetzt sind, nicht mehr eingreifen können. Geradezu erschreckend sind die Perspektiven der Cyberkriegsführung, deren Grundlage destruktive Aktivitäten sind, also das Eindringen in gegnerische Netzwerke, die von überlebenswichtiger Bedeutung sind, um sie zu zerstören. Problematisch ist, dass durch die netzspezifischen Anonymisierungmöglichkeiten die Hoffnung bei den Aggressoren besteht, unentdeckt zu bleiben. Dadurch reduzieren sich jene Hemmschwellen, die so manchen konventionellen Krieg doch noch verhindert haben. Aber noch aus einem anderen Grund drängt sich ein Vergleich mit der Atomenergie auf. Von ihren Protagonisten in den 50er und 60er Jahren wurden im Prinzip die gleichen Argumente benutzt, die wir heute auch von den Computerideologen hören: Mit Hilfe der Nuklear-Technologie ließen sich alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen, alle kulturellen und zivilisatorischen Probleme lösen. Die Grundtendenz des vorherrschenden "Atom-Bewusstseins" war eine grenzenlose Naivität. Ich erinnere mich an die Prognosen in einer populärwissenschaftlichen Zeitschrift Anfang der 60 Jahre, dass zukünftig nicht nur die Autos mit kleinen Atommeilern angetrieben würden, sondern im Haushalt auch die Staubsauger. Und das alles natürlich risikofrei und zu den minimalsten Kosten. Wir wissen, was daraus geworden ist.«Der vergleich atommeiler - computer hinkt gewaltig: meines wissens wird in atommeilern energie durch spaltung von atomkernen erzeugt, wobei leider auch radioaktive strahlung freigesetzt wird, die nachweislich gesundheitsschädlich ist und menschen töten kann. Das war auch schon in den frühen 60er jahren bekannt.
Das mit computern zu vergleichen, die untereinander kommunizieren oder vollautomatisiertem börsenhandel, ist doch ein bißchen weit hergeholt. Wenn menschen wirtschaftlich ruiniert werden, ist es trotz aller grausamkeit etwas anderes als wenn sie physisch ausgelöscht würden.
Aber es kommt noch besser.
Zitat Werner Seppmann: »In der Durchsetzungsphase des Nuklear-Komplexes waren - gelinde gesagt - ebenso wie bei den IT-Technologien Mythos und Realität nicht deckungsgleich: Die Verbreitung der IT-Technologien ist in vergleichbarer Weise mit ideologischen Legitimationsformeln und mehr noch mit falschen Behauptungen umstellt.«Was die durchsetzung der atomenergie in der BRD betrifft, ist da was dran. Aber in welcher weise trifft das auf IT zu? Herr Seppmann fängt an, über autos zu reden:
Zitat Werner Seppmann: »Das stimmt, aber das ist auch bei der Bewertung des Individualverkehrs der Fall. Obwohl seine problematischen Aspekte bekannt sind, ist das Auto immer noch affektiv besetzt. Natürlich deshalb, weil es größere und kleinere Vorteile bei Lebensgestaltung mit sich bringt und im Mittelpunkt vieler "Lebensträume" steht.[...]«Was das auto betrifft, sollte man sich klar machen, daß der »traum« von der individuellen freiheit in den meisten fällen mit dem albtraum der härteren lohnarbeit erkauft wird. Das wäre jedoch ein anderes thema.
Zitat Werner Seppmann: »Der Umfang der digitalen Ausspähung bleibt dabei ebenso im Dunkeln wie die Kriterien, mit denen die Unmengen von Daten, die der Nutzer selbst liefert bearbeitet und welche Schlüsse aus ihnen gezogen werden. Man erfährt als Betroffener nur, dass man nicht eingestellt oder der beantragte Kredit verweigert wird. Bei allen problematischen Aspekten muss immer berücksichtigt werden, dass die Entwicklung erst am Anfang steht und niemand wirklich weiß, wohin die Reise geht. An ein informationsgesellschaftliches Paradies als Zielpunkt kann nur glauben, wer von grenzenloser Naivität ist.«Da ist was dran. Man muß sich bewußt sein, daß das internet natürlich nicht besser ist als alles andere im kapitalismus und viele der für den nutzer kostenlosen angebote natürlich nicht »umsonst« sind, sondern beispielsweise mit den daten, die man hinterläßt, »bezahlt« werden. Und ein stückweit liegt es an einem selbst, wie man mit seinen daten im internet umgeht.
Zitat Werner Seppmann: »Die Digitalisierung hat viel weitgehendere Konsequenzen. Mit Hilfe der Netzinformationen werden beispielsweise soziale Selektionsprozesse organisiert: Internetrecherchen sind heute ein gängiges Mittel bei Einstellungsverfahren: "Das Netz vergisst nichts!" - und die Betroffenen wissen nicht, wer Informationen über ihn sammelt, welchen Wahrheitsgehalt und welche Konsequenzen sie haben.[...] «Darauf, daß das netz nichts vergißt, sollte man sich nicht verlassen. Vieles, das ich einst irgendwo schrieb, ist längst verschwunden. Von meinen ersten blogversuchen ist nichts mehr sichtbar, obgleich ich sie nie selbst gelöscht habe - irgendwann hat der bloganbieter seinen server ausgeschaltet und mit der zeit sind diese sachen auch aus den suchmaschinen verschwunden. Überdies kann man in der EU personenbezogene daten zumindest aus suchmaschinen wie google entfernen lassen.
Man muß aber immer bedenken, daß man im internet nie wirklich anonym ist und deshalb sollte man immer vorher überlegen, was vielleicht besser nicht ins internet gehört.
Hier geht es in weiter mit teil 3
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