Sonntag, 9. Februar 2020

Meine butter ist ’ne alte umweltsau

Der Ökotest hat es vor rund einem jahr schon gewußt und bei ze.tt bekommt man es jetzt auf’s brot geschmiert: das schlimmste, was man essen kann, ist butter. Die kommunikationsdesignerin Sophia Fahrland, die letztens das buch »Klimaschutz fängt auf dem Teller an« herausbrachte beklagt nicht ohne die heute notwendige empörung
Zitat Sophia Fahrland: »In der Öffentlichkeit und auch in der Klimabewegung wird stets ein reduzierter Fleischkonsum empfohlen. Doch der Nummer-eins-Klimakiller, die Butter, wird totgeschwiegen.«
Schlimm. Ein killer, der totgeschwiegen wird. Kann man das klima überhaupt killen? Klima ist doch immer, auch wenn es unangenehm wird.

Es wird angeprangert, daß für ein einzelnes kilo butter ganze 20 liter milch benötigt würden. So über den Daumen gepeilt stimmt das. Zufällig kommt sie auf das selbe CO2 äquivalent, auf das auch Ökotest gekommen ist, auch wenn die von 18 litern ausgegangen sind, was der menge entspricht, die man beim Milchindustrieverband findet. Das ergebnis drückt sie aber lieber in gramm als in kilo aus, damit es noch ein bißchen dramatischer aussieht als es ist.
Zitat aus der ze.tt: »Das Problem: Butter wird aus Milch gewonnen. Ganze 20 Liter werden für ein Kilo fertige Butter benötigt. Dementsprechend viele Kühe braucht es auch, die wiederum klimaschädliches Methan ausstoßen. Und Methan heizt das Klima 30-mal stärker an als Kohlendioxid. Fahrland schlägt deshalb vor, besser darauf zu verzichten: ›Da es so einfach ist, Butter durch Pflanzenmargarine auszuwechseln, stellt sich gar nicht die Frage, ob wir das tun sollten oder nicht.‹«
Es wird so getan, als würde da für ein läppisches kilo butter total viel milch vergeudet - geradezu als würden die übrigen 17 liter dann einfach weggekippt oder einfach in der atmosphäre verpuffen oder was auch immer. Wenn man milchprodukte ißt - und wenn sie einem schmecken und man sie verträgt, spricht nichts dagegen - muß man sich tatsächlich gar nicht erst die frage stellen, ob man sie durch pflanzenfett austauschen sollte. Kuhmilch hat für gewöhnlich einen fettanteil von 4,12%, der kann aber auch bis zu 5% betragen. So bekommt man die aber normalerweise nicht zu kaufen. Handelsübliche milch ist hierzulande für gewöhnlich teilentrahmt und hat meist 1,5% oder 3,5% fett, in diesen fettstufen ist auch joghurt erhältlich. Das abgeschöpfte fett wird schlauerweise nicht weggeschmissen, sondern da wird schlagsahne, creme fraiche oder eben auch butter draus hergestellt. Bei der butterproduktion selbst fällt als nebenprodukt auch noch buttermilch an, die keineswegs weggekippt wird. Wenn man einmal von hartkäse absieht, der bei der lagerung trocknet und dadurch etwas an gewicht verliert, wird aus 18 litern milch die gleiche menge an fertigen molkereiprodukten.

An sich sollte man meinen, daß zeitschriften wie Ökotest nicht einfach den durchschnittlichen wert des CO2 ausstoßes pro liter mit der rein rechnerisch notwendigen menge pro kilo multiplizieren, ohne die nebenprodukte zu berücksichtigen. Aber ich habe mich schon öfter über die ergebnisse von Ökotest gewundert. Aber es ist ohnehin müßig dem CO2 in der ernährung hinterherzurechnen, weil das teil des kohlenstoffkreislaufs ist. Für alle, die sich nicht mehr an den biologieunterricht im 5. oder 6. schuljahr erinnern, gibt’s am schluß dieses artikels ein erklärvideo.

Im übrigen wird immer gern behauptet, daß der viehbestand ständig steigen würde. Was kühe betrifft, stimmt das für Deutschland nicht. Seit 1990 ist der bestand um rund 37% gesunken - bei ungefähr gleicher milchproduktion. Weil kühe immer ungefähr gleich viel methan rülpsen, egal wie viel milch sie geben, kann man davon ausgehen, daß milchprodukte heute klimafreundlicher als vor 30 jahren sind.

Aber zurück zu Sophia Fahrland und der ze.tt. Dort gibt es eine neue ernährungspyramide:
Bildschirmfoto aus der ze.tt
Hier sieht man, daß die kommunikationsdesignerin Fahrland imstande ist, ein gleichschenkliges dreieck zu malen.



So sah die »klassische« ernährungspyramide aus. Für die interpretation derselben gilt folgendes:
Zitat wikipedia: »n der Ernährungsempfehlung der DGE (nach 1992)[15] stehen an erster Stelle die Getränke, vor allem Wasser. Man sollte täglich mindestens 1,5 Liter trinken. An der Basis stehen die Grundnahrungsmittel, die langkettige Kohlenhydrate (Stärken) enthalten, wie Brot, Reis und Nudeln. Auf der nächsthöheren Ebene befinden sich Gemüse und Obst. Die dritte Stufe beinhaltet Proteine und eiweißhaltige Nahrungsmittel wie Milch und Milchprodukte einerseits sowie Fleisch, Fisch, Geflügel, Eier, Nüsse und Bohnen (Hülsenfrüchte) andererseits. An der Spitze der Pyramide sind Zucker und Fette wie Pflanzenöle zu finden, von denen nur wenig konsumiert werden sollten.«
Sophia Fahrlands neue pyramide empfiehlt also, daß man sich bei bio zurückhalten sollte, saisonales und regionales mehrfach die woche essen kann, aber hauptsächlich pflanzliches zu sich nehmen sollte. Das anorganische lebensmittel wasser wird nicht empfohlen, das kann man jedoch zur not wahrscheinlich durch das pflanzliche lebensmittel wein ersetzen.


Und jetzt noch das video zum kohlenstoffkreislauf:


Menschen atmen übrigens auch CO2 aus, jeder ungefähr zwei tonnen pro jahr und leute, die wie Sophia Fahrland viel heiße luft durch die gegend blasen, wahrscheinlich noch mehr. Vielleicht sollten diese gelegentlich die luft anhalten.

7 Kommentare:

  1. Nie wieder im Leben werde ich Butter (Gutebutter!– wie man an Rhein und Ruhr zu sagen pflegt :)…) gegen Kanonenbutter (= Margarine) austauschen!! Man muss sie nicht unbedingt fingerdick aufs Biobrot streichen ;)
    Warum Kanonenbutter? In einer seiner Aufrüstungspropagandareden empfahl Goebbels himself den Volxgenossen den Gürtel enger zu schnallen und auf Butter zu verzichten (Kanonen statt Butter …)

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    1. An Havel, Spree und Panke benutzt man dafür das selbe wort, allerdings wird es hier »jutebutter« ausgesprochen. Des geschmacks wegen würde ich die nicht gegen margarine austauschen wollen - und normalerweise braucht man davon wenig. Wenn es mal eine Sauce Hollandaise sein muß, kommt da natürlich relativ viel rein und wenn ich alle jubeljahre mal kuchen oder kekse backe, brauche ich dafür meist auch »jutebutter.« Aber das sind insgesamt keine größeren mengen.

      Zum butterverzicht fällt mir an sich als erstes Hermann Görings ausspruch »erz hat stets ein reich stark gemacht, butter und schmalz haben höchstens ein volk fett gemacht.« Und natürlich die collage John Heartfields »Hurrah die Butter ist Alle!«

      Beim begriff »kanonenbutter« hätte ich aber eher an etwas ganz anderes gedacht, nämlich daran, daß die margarine in den 1860ern für das Französische millitär erfunden wurde, weil man ein billiges und haltbares streichfett fürs kanonenfutter brauchte.

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  2. Meine Omma sprach auch immer von der "Guten Butter" worauf mein Vater oft geantwortet hat, ob es denn auch schlechte Butter geben würde.
    Die Pflanzenmargarine, bereits annomals als die gute und gesunde Alternative "Rama" beworben, hat sich nur temporär mal behaupten können.
    Ich persönlich habe gegen Fette, ob tierisch oder pflanzlich, eine ziemliche Distanz/Abneigung und bin damit sehr sparsam im Verzehr.

    Meine beiden Damen dagegen bezeichnen sich selbst als Buttermarder und tragen davon ziemlich dick auf.

    Was mir jetzt grössere Sorgen bereitet ist, dass meine Tochter Kommunikationsdesign in Deutschland studiert und meine Zweifel an diesem Studium durch Deinen Bericht von dieser Sophia weiter verstärken.

    Ansonsten sortiere ich das Thema in meine persönliche gedankliche Ablage unter die Rubrik " Der alltägliche Wahnsinn" oder "Des Wahnsinns fette Beute" mit dem Vermerk " Keine Wiedervorlage" ein.

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    1. Deine sorgen kann ich verstehen. Mein zweitberuf ist übrigens mediendesigner, was schwerpunktmäßig vom kommunikationsdesign nicht so weit weg ist, weshalb ich es mir herausnehme, die werke anderer designer bewerten zu können - was im prinzip aber auch jeder besitzer von augen kann. Aus heutiger sicht würde ich, wenn ich 25 jahre in der zeit zurückgehen könnte, einen anderen zweitberuf wählen. Und ich würde das fach design auch nicht unbedingt weiterempfehlen, es sei denn, a) man hat ein starkes, wenn möglich übersteigertes selbstbewußtsein und schafft es gleichzeitig, kunden und arbeitgebern so weit in den a... zu kriechen, daß man denen seine arbeiten verkaufen kann, b) man hat ohnehin ausreichend knete und möchte bloß etwas über gute gestaltung lernen, um sich selbst verwirklichen zu können oder c) man findet sich damit ab, im schlimmsten fall chronisch pleite zu sein.

      Der konkurrenzdruck ist auf dem gebiet sehr, sehr hoch. Nicht nur weil das viele gern machen wollen, sondern auch, weil im graphischen gewerbe in den vergangenen jahren durch die digitalisierung -zigtausende relativ gut bezahlte stellen im printbereich weggefallen sind, die leider nicht durch ähnlich gute stellen im digitalbereich ersetzt wurden. Insofern wundert es mich auch nicht wirklich, daß die Sophia Fahrland versucht, auf den klimahype aufzuspringen, um vielleicht ein bißchen was zu verdienen.

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    2. Hallo Mechthild,

      Danke für Deine Ausführungen. Du hast das beschrieben was auch ich befürchte. Dann ist es sicher auch nicht sinnvoll, nach dem Bachelor noch einen Masster dranzuhängen.

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  3. Dann hat der Joebbels wohl das französische Militär plagiiert – wat dä Erbfeind tut könne mir schon lang ;)

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    1. Könne mir denn dafür, wenn der erbfeind was voräfft? ⌃⌃

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