Gestern abend fand im »Theater am Schiffbauerdamm« die premiere der Hanns-Eisler-Revue statt. Trotz »kommunismus-debatte« war das theater bis auf den letzten platz ausverkauft. Sehr gefreut hat mich, daß Gisela May anwesend war und nach der konzertpause etwas über ihre arbeit mit Eisler erzählte, leider wurde diese freude nicht von allen menschen im publikum geteilt - wer nicht zuhören mag, soll nicht ins theater gehen! Kritisieren kann man hinterher.
Als enttäuschend habe ich es empfunden, daß die politische seite der lieder nicht allzu sehr herausgestellt wurde. Hanns Eisler hat, als er in den USA vor gericht stand, gesagt, er wolle sich angesichts der heldentaten der widerstandskämpfer gegen den faschismus nicht anmaßen, sich als kommunist zu bezeichnen, er sei komponist. Mir ist überliefert, daß er mitglied der KPD war, aber nie beiträge zahlte, weil er kein geld hatte.
Er hat die arbeiterlieder nicht geschrieben, weil er darin eine möglichkeit gesehen hätte, den arbeitern geld aus der tasche zu ziehen, um sich selbst ein besseres leben zu machen. Er hat diese lieder aus überzeugung komponiert. Sein bekanntestes werk, die nationalhymne der DDR wurde ausgespart, dabei wäre es doch kein problem gewesen, den text von Johannes R. Becher, der seit 1974 in der DDR nicht mehr gesungen wurde, vorzutragen. Ist nicht verboten - und ich hätte dieses musikalisch gelungene werk sehr gern einmal live gehört (dazu fällt mir am rande ein, in der BRD wird noch immer die östereichische kaiserhymne gesungen - das sagt über diesen staat fast schon mehr aus als man verkraften kann!)... oder wenigstens ein satz aus dem Lenin-Requiem, vielleicht der siebente. Opus 13 war schon in ordnung, in den bildern der Kriegsfibel wird auf das »bimbambimbam«motiv ein schöner text aufgesetzt:
(bimbambimbam)
Die glocken läuten
und die salven krachen
nun danket gott
- als mörder und als christ!
Er gab uns feuer -
feuer anzufachen.
Dies volk ist übel,
gott ist ein faschist,
ein faschist!
(brecht)
Das wird man wohl noch singen dürfen! Des elenden copyrights wegen kann ich leider kein tonbeispiel dieser wunderbaren Eislerkomposition geben.
Äußerst gelungen war die inszenierung des abschlußliedes Die Solidarität. Der »bürgerliche ungehorsam« endet in der orientierungslosigkeit. Das bild das auf der bühne geboten wurde, ist exakt das bild, daß auf diverse protestbewegungen des landes paßt - egal ob castor, h4 oder stuttgart 21: in »anständigen grenzen« darf »protest« hier stattfinden, weil von anfang an feststeht, was im gesetzlichen rahmen zulässig ist. Wer darüber hinausschießt, wird bestraft - und an diesem system gibt es nichts zu rütteln.
Die verhältnisse sind klar: wer die mehrheit hat, hat die macht über die, die mehrheit sind, die menschen stehen hinterher orientierungslos im raum - sie sind für eine sache aufgestanden, haben sich gewehrt - und sind damit gescheitert.
In unserem system ist protest und kritik erlaubt, weil das alles nichts ändert. Statt bürgerprotesten destruktive kritik!
Vorwärts und nicht vergessen!
Meine sehr liebe Mechthild, ich freue mich mit Dir daß Du ein Berliner Hans-Eisler- Theaterabend hattest.
AntwortenLöschenDu schreibst goldrichtig: „In unserem system ist protest und kritik erlaubt, weil das alles nichts ändert. Statt bürgerprotesten destruktive kritik!“ Goldig! In der Marcuse-Formulierung = Repressive Toleranz!
Ich sage mit Dir: Vorwärts und nicht vergessen!
Ganz liebe Grüße,
Deine Freundin
Nadja
<3
Liebe Nadja,
AntwortenLöschender begriff »destruktive kritik« stammt nicht von mir, natürlich nicht - ist eine olle kamelle...
Sofern Dich das interessiert - über http://www.argudiss.de/ findest Du ein archiv zum lesen und anhören. Lieber hör ich mir den Eisler an, der zwölftönend komponierte. Wäre das »erlaubt«, würde ich mich ausschließlich mit musik befassen - das geht aber nicht! Ein glück, daß der begabteste komponist des vergangenen jahrhunderts eine »vernünftige« politische einstellung hatte!
Sei lieb gegrüßt,
Mechthild
ach ja, die Wahlkampfseife der SPD. Das hat mir auch sehr gut gefallen. Die hat ja noch immer viel einzuseifen und Schaum zu schlagen statt aus den Ruinen des Neoliberalismus mal was Vernünftiges auf zu bauen. Aber das kriegt ja nicht mal die Linke hin, nicht mal symbolisch. Die trauen sich ja auch ganz ohne Mr McCarthy im Nacken schon nicht mal mehr Kokokommunismus zu sagen.
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