Freitag, 25. Juni 2021

Alle jahre wieder

Inzwischen kann man schon fast die uhr danach stellen: immer wenn so langsam das sommerloch um die ecke guckt, kommt die diskussion auf, daß grillfleisch viel zu billig sei. Und in diesem jahr natürlich auch.
Zitat: »Obwohl der Fleischkonsum in Deutschland tendenziell langsam zurückzugeht, lag er im Jahr 2020 immer noch bei etwas mehr als 57 Kilo pro Person. Im Jahr 2000 hatte der jährliche Verzehr bei über 61 Kilo gelegen. Allerdings ist das nach Angaben des WWF etwa das Doppelte des Verzehrs in den 1950er-Jahren.«
In den 1950er jahren hatte man andere vorstellungen davon, was eine portion fleisch sei. Ich hab ein kochbuch aus der zeit und da steht drin, daß man pro person sechzig bis hundert gramm rechnen soll, bei knochenanteil entsprechend mehr. In meinem DDRkochbuch von 1979 durften es auch schon mal 150 g sein, im westen war zur gleichen zeit die verzehrempfehlung ähnlich. In den 1990er jahren hatte das »riesenschnitzel« 250g, heute darf die portion auch gern ein kilo haben - damit wäre eine großfamilie um 1950 sicherlich sehr glücklich gewesen. Wobei ich vermute, daß die leute damals auch größere portionen verdrückt haben, sofern sie es sich leisten konnten. Über jahrzehnte hinweg hat man daran gearbeitet, daß sich zumindest hierzulande möglichst alle eine abwechslungsreiche ernährung leisten können und jetzt soll es plötzlich ein problem sein, daß sich mehrheit hierzulande essen leisten kann.
Zitat: »Für die Preisunterschiede gibt es Gründe: Antje Risius forscht an der Universität Göttingen zu nachhaltigen Ernährungsstilen. Sie erklärt die markanten Preisunterschiede dadurch, dass Fleisch ein am Markt etabliertes Produkt, Ersatzprodukte aber noch "Newcomer" seien. "Der Fleischmarkt hat einen unglaublichen Wettbewerbsvorteil, weil da die Strukturen schon etabliert sind. Da kann auf ganz anderem Niveau produziert werden, effizient und strukturell zu sehr günstigen Preisen."«
Mit sicherheit gibt es für die preisunterschiede gründe. Jedoch wage ich es zu bezweifeln, daß die preise für vegane ersatzprodukte irgendwas mit der neuheit der produkte zu tun haben, sondern eher mit der zielgruppe. Veganer greifen nicht zur margarine, weil sie sich gern etwas billiges aufs brot schmieren wollen, sondern aus ideologischen gründen und weil sie sich durch ihre ernährung besonders und gut fühlen wollen. Die geben auch viel geld für schnittfest gemachtes, gelbes wasser mit planzenfett und quantenaroma (kann spuren von mandeln oder cashews enthalten) aus. Man verkauft den menschen eben nicht bloß kunstkäse, sondern ein lebensgefühl und das erwirbt man eben nicht für pfennigbeträge beim Nettoplus. Und wenn man nebenher noch schöne gewinne damit machen kann, den leuten erbswurst zum preis von premiumfleisch zu verkaufen, wäre man ein schlechter unternehmer, wenn man das ließe. Biohackfleisch kostet je nach anbieter und sorte zwischen ca. 8 und 16 €/kg. Die erbsproteinbulletten vom erbsproteinbullettenmarktführer werden für zwischen knapp 15 und 35 €/kg angeboten. Solche preise haben garantiert nichts mit dem produkt zu tun, sondern eher mit der bereitschaft der zielgruppe, so viel dafür auszugeben. Für so viel geld bekommt man ja schon gourmetfleisch vom Durocschwein. Gutes fleisch ist nämlich im normalfall alles andere als billig.

Gelegentlich vegetarisch zu grillen, ist sicherlich eine gute idee. Nicht, um verzicht zu üben, sondern weil es lecker ist. Man kann sehr gut saté oder schaschlik aus pilzen herstellen und vegetarisch gefüllte spitzpaprika sind gegrillt echt der hit.

Um lecker vegetarisch zu essen, benötigt man keinen überteuerten, industriell gefertigten schmatzkatz, sondern nur ein kleines bißchen phantasie.

1 Kommentar:

  1. Ich würde nicht direkt an die Preise drangehen oder die Verbraucher andweitig gängeln. Man könnte einfach die Haltungsbedingungen verbessern und diese auch kontrollieren / durchsetzen. Dann käme wohl Bewegung in die Preise, Mengen und auch die Alternativprodukte.

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