Dienstag, 7. Juni 2016

Hinter der schlagseite

In Konstantin Weckers blog »Hinter der Schlagsahne in meinem Schädel ist noch Luft« (oder so ähnlich) hat Rottenfußer sich mal wieder ausgetobt. Jenes blog lese ich eher selten, allerdings fand ich die überschrift »gesundsein als wachstumsbremse« interessant genug, mal wieder dort vorbeizuschauen. Und wieder alles mögliche konfus zusammengeschmiert - umrühren hinterher nicht vergessen:

Erst wird die fiktive geschichte einer Hollywoodschmonzette mit der realität verwechselt. Dann mal eben nahtlos das Amerikanische gesundheitssystem mit dem Deutschen gleichgesetzt. Allerdings sind das zwei sehr unterschiedliche dinge: in den USA sind sehr viele arme menschen von der medizinischen versorgung generell ausgeschlossen, während in Deutschland seit einigen jahren jeder ein recht auf eine krankenversicherung hat. Zweifellos haben es auch in Deutschland reiche menschen leichter, im krankheitsfall an eine vernünftige therapie zu kommen, aber auch z.b. arbeitslose sind nicht von der medizinischen versorgung ausgeschlossen, man kann das also kaum mit den »Vereinigten Zuständen von Amerika« gleichsetzen. Daß für viele leistungen zugezahlt werden muß, liegt daran, daß unser gesundheitssystem nicht einfach dafür da ist, die menschen mit medizinischen leistungen zu versorgen, sondern wie mit allem geld zu verdienen. Und die gesetzlichen versicherungen lassen den leuten nach kassenlage etwas zukommen.


Selbstverständlich darf in Rottenfußers artikel die gute, alte verschwörungstheorie nicht fehlen, daß ärzte absichtlich fehlbehandeln würden, um ihre »guten kunden« nicht zu verlieren. Rottenfußers sympathie liegt hier natürlich bei den quacksalbern, die tatsächlich ein motiv zu derartigem verhalten haben, weil sie nämlich von niemandem zum gesundwerden gebraucht werden. So zynisch denken komischer weise hauptsächlich menschen, die der sogenannten »alternativmedizin« anhängen. Wer schon einmal versucht hat, einen termin in einer facharztpraxis zu kriegen, weiß, daß das schwierig sein kann, weil es leider viele kranke gibt. Niemand würde leugnen, daß in der wissenschaftlichen medizin behandlungsfehler passieren, auch ein arzt ist ein mensch und menschen machen fehler. Allerdings möchten menschen auch erfolgserlebnisse - im gegensatz zur im artikel erwähnten quacksalberin habe ich es noch nie erlebt, daß irgendein doc traurig gewesen wäre, einen patienten als geheilt ins leben zurück geschickt zu haben. Und im gegensatz zu Rottenfußers gefasel werden in der evidenzbasierten medizin für gewöhnlich nicht symptome sondern krankheitsursachen behandelt.

Es ist eine merkwürdige sache wegen fehlern, die in der evidenzbasierten medizin passieren, dann gleich das kind mit dem bade auszuschütten und zu jemandem zu gehen, der nicht einmal eine fundierte medizinische ausbildung hat. Das ist ungefähr so schlau als würde man, weil schon einmal ein automechaniker beim reifenwechsel vergessen hat, die schauben richtig fest zu ziehen, die karre zu jemandem hinfahren, der zwar keinen blassen dunst vom räderwechseln hat, aber wenigstens nett über das problem redet.

Desweiteren wird über angeblich »erfundene krankheiten« gelästert, psychische erkrankungen mit teilweise merkwürdigen krankheitsbezeichnungen. Auf diesem gebiet verläuft grenze zwischen krank und normal mit sicherheit fließend. Absurde bezeichnungen für ein leiden sind allerdings kein grund, sich darüber lustig zu machen. Bei kindern und jugendlichen ist laut meiner information die häufigste todesursache keinesfalls komasaufen, drogenmißbrauch oder verkehrsunfall sondern depression. Muß man zum glück nicht ernst nehmen, wenn da fleißig gestorben wird, machen die schließlich alles durch eigene hand.

Im grunde ist Rottenfußers gelaber konfus und inhaltslos wie immer. Jedoch geht mir bei diesem abgrundtiefen zynismus der hut hoch.

Nebenher kann läßt sich auch seine frage »Und warum ignorieren die Kassen hartnäckig mittlerweile bewährte Methoden der Natur- und Komplementärmedizin?« beantworten: in der modernen medizin reicht der schleierhafte begriff »bewährt« zum glück nicht. Es muß nachweisbar sein, daß es tatsächlich hilft. Und das ist bei den ganz toll »bewährten methoden« der quacksalber schlicht und ergreifend nie der fall. Es ist übringens der blanke hohn, daß in den 10er jahren des 21. jahrhunderts eine große, Deutsche Krankenversicherung einem krebspatienten eine für den heilerfolg notwendige computertomographie verweigert, dieselbe kasse absolut wirkungslose homöopathische »behandlungen« jedoch bezahlt.

Und dann wird natürlich auch noch mit idiotie wie »zinskritik« geknüppelt. Was bin ich froh, daß ich nicht hirnchirurg geworden bin, ich würde ungern sehen, was bei menschen, die so denken, eigentlich im kopf ist.

14 Kommentare:

  1. Ich hätte diesen Faulfuß-Text ohne Deine Anregung gar nicht gelesen - herzlichen Dank für den Hinweis und den treffenden Kommentar.

    In welchen spinnerten Gefilden sich Herr Faulfuß aufhält, kann auch schön an diesem Ausspruch festmachen: "Wenn man heute als Brillenträger eine neue Brille braucht, betragen die Kosten zwischen 400 Euro (Standard) und 800 Euro (Gleitsicht) – ohne Gestell! Zuzahlung der Kasse: 0,0 €."

    Man kann das bewerten, wie man will - aber das ist schlicht und ergreifend Unsinn. Eine neue Brille gibt's im Billigland des Spätkapitalismus aus prekärer Arbeit (natürlich aus Fernost) heute schon für knapp 30 Euro, eine Gleitsichtbrille ist nur geringfügig teurer. Das verarmte Hartz-Terror-Opfer weiß das zwangsläufig (und zumindest ich finde das zum Kotzen), ein Herr Faulfuß aber macht sich nicht einmal die Mühe, hier ein paar Minuten zu recherchieren oder gar Rückschlüsse zu ziehen.

    Hast Du versucht, dort einen Kommentar zu hinterlassen - oder hast Du dir das gleich geschenkt, da die Toleranz-Prediger ohnehin jede ernsthafte Kritik verhindern, um die versammelten Schafe nicht zu verunsichern? ;-)

    Ich bewundere es, dass Du dich tatsächlich noch so ernsthaft mit den einzelnen Aspekten dieses wirren Textes auseinandersetzen kannst. Mir gelingt das - leider - meistens nicht mehr.

    Liebe Grüße!

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  2. Dass die medizinische Versorgung in anderen Gesundheits-systemen bzw. deren Trägerstaaten noch besch … ist als inzwischen hierzulande, ist nicht wirklich ein Argument.
    Am Beispiel der Brille: ich hätte große Probleme, eine Gleitsichtbrille für gerade mal 30 Eurones auf meinen Gesichtserker zu platzieren, überhaupt sind Gleitsichtbrillen nicht für Jedermann das Gelbe vom Ei.
    Gute Brillen gibt's bei Fielmann ab größergleich 200 € –
    der Augenarztbesuch erscheint mir jedoch unabdingbar.
    Überhaupt: man kriegt auch »Sehhilfen« für weniger als 5 €
    beim Netto oder Rossmann – aber will man sich mit solchen approximativen Sehprothesen sein letztes Augenlicht ruinieren? Überhaupt, sehr wertgeschätzte MH, kommt mir Ihr Artikel eher wie ein RR-Bashing vor als wie eine ernst zu nehmende Kritik. Man mag mit RR mehr oder weniger begründbare Probleme haben, seinen Stil nicht mögen etc. – aber müssen Sie sich auf Charlie-Niveau
    herablassen? Zu meiner Problematik: die Weiterbewilligung einer dringend benötigten Psychotherapie (die sich bereits nach den 5 probatorischen Sitzungen als sehr zielführend erwiesen hat) hat sich bisher um mehr als ein Quartal verzögert. Als Chroniker (Depression) bin ich zunehmend rezidivgefährdet – und ein (weiterer) Klinikaufenthalt käme meiner KV um ein Mehrfaches zu stehen als eben diese Therapie ;-).

    Die Naturheilkunde (der auch ich eher kritisch gegenüber eingestellt bin) würde ich nicht so pauschal aburteilen:
    ich kenne viele Menschen aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis, denen dort geholfen wurde, wo die etablierte Medizin sie als austherapiert bezeichnet hätte. Und wenn Sie wüssten, wie bei der Zulassung von Antidepressiva des SSRI/SNRI-Typs gemauschelt und gemogelt wurde – also mögen Sie nie auf dieses Gift angewesen sein.

    Nichts für ungut, bei bleibender Wertschätzung!

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    1. Ein klares NEIN! zu dem was sich heute Naturheilkunde nennt.

      Bewährte Hausmittel nutze ich auch, ne heisse Hühnerbrühe...da bedarfs nich mal ner Erkältung...

      Da ist zum einen dass heute Homöopatie (Esoterik im allgemeinen) nur noch eins ist: Geschäft, Geschäft, Geschäft und noch mal Geschäft. Die Intention des Herrn Hahnemann war ne andere...
      Da ist zum anderen, und das ist das wichtigere dabei, das fürchterliche menschenverachtende Weltbild eines gewissen Rudolf Steiner. Servivel of the fittest, muss ich nichts zu schreiben.

      Es wär sehr sehr viel zu dem Thema zu sagen, auch die Pharmakonzerne betreffend. Aber da liegt die Lösung nu mal nur in der Abschaffung der heutigen Verhältnisse...

      Beste Grüße und alles Gute für Dich...

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  3. Was Du da findest unter der Schädeldecke? Ich vermute Intelligenz in homöopatischen Dosen, tippe auf Potenz D400...

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  4. Hallo Mechthild,

    ehrlich gesagt urteilst Du mir in Deinem Beitrag zu pauschal. Ich lese die Seite "Hinter den Schlagzeilen" überhaupt nicht. Habe mich da mal verirrt und dann war es auch gut für mich.

    Allerdings finde ich es in einer Gesellschaft, in der die einzige Freiheit darin besteht, Konsumentscheidungen nach den Möglichkeiten des eigenen Geldbeutels zu treffen auch ziemlich normal, dass diese dann auch so getroffen werden, sofern die Mittel dafür vorhanden sind.

    Und das bedeutet dann auch, dass Mensch für sich persönlich die Entscheidung treffen kann, ob er sich sog. Quacksalbern anvertraut, oder der Schulmedizin.

    Ein deutscher Anesthesist hat es mir gegenüber mal so geäussert: Die Schulmedizin braucht die Naturheilkunde, wenn sie dem Patienten nicht mehr weiterhelfen kann.

    Also gibt es auch dort zumindest teilweise die Einsicht, dass die eigenen Möglichkeiten durchaus beschränkt sind und Alternativen zu befürworten sind.

    Ich selber habe teilweise sehr gute Erfahrungen damit gemacht, wo die Diagnose der Schulmedizin vollkommen daneben lag und ich nach langer Quälerei einen Tip bekam und das nach 3 Monaten Therapie bei einem Naturheilpraktiker endlich beendet war.

    Deshalb stehe ich heute auf dem Standpunkt: Hört nicht darauf was andere Euch sagen, sondern probiert es selber aus und bildet euch danach selbst ein Urteil.

    Wenn Du auf die Evidenzkriterien der Schulmedizin Bezug nimmst, so ist mir vollkommen klar, dass die Wirkung dieser Medikamente sehr schnell nachweisbar ist ebenso wie deren toxische Wirkungen , wie das auch auf den Beipackzetteln unter "unerwünschte Nebenwirkungen" ellenlang aufgeführt wird und die Wirkung,die es verspricht, oft ins Gegenteil verkehrt.

    Wenn ich nicht seit vielen Jahren abhängig von Medikamenten wäre und all diese unerwünschten Nebenwirkungen selbst durchgemacht hätte ( Darmblutungen, Hautallergien, Muskelversagen, permanente Hustenattacken) so hätte ich mich bestimmt nicht dazu geäussert.

    Ich führe dennoch ein einigermassen normales Leben, weil ich auch immer nach Alternativen gesucht und diese auch ergänzend gefunden habe.

    Noch zum Abschluss: Wenn der Beweiss für eine Wirkung bisher nicht gefunden wurde, so ist das keineswegs ein Beweis dafür, dass es nicht wirkt.

    LG Troptard



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  5. »Deshalb stehe ich heute auf dem Standpunkt: Hört nicht darauf was andere Euch sagen, sondern probiert es selber aus und bildet euch danach selbst ein Urteil.«

    Das ist auch meine Meinung. Soviel Vertrauen in den eigenen Lebenswillen sollte man schon haben.

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  6. Was muss ich tun, um hier kommentieren zu können/dürfen?

    In der Vergangenheit kam kein Kommentar an. Habs dann trotz einiger interessanter Texte gelassen.

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  7. Grundsätzlich kann hier jeder kommentieren.

    Leider kommt es ab und zu vor, daß google und wordpress sich beißen. Am besten kommentare nie direkt im browser schreiben und wenn der kommentar verschwindet, einfach noch mal posten.

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  8. Meine med. Literatur reicht von Hackethal über Jörg Blech bis zu Werner Bartens. Auch "Bittere Pillen" und der Pschyrembel stehen im Regal. Dies vorausgeschickt soll heißen, dass ich durchaus als medizinkritischer Mensch durchs Leben gehe.

    Rottenfußer stellt pauschale Behauptungen mit Vorurteilen über die Schulemdizin auf ohne den med. Fortschritt, von dem auch "normale" Patienten profitieren, zu sehen. Dazu 3 Beispiele

    1. Hepatitis C gakt bis vor 2 Jahren als unheilbar, bzw. hatten antivirale Therapien mit extremen Nebenwirkungen nur eine Erfolgswuote von rd. 50 %, was in dr Onkologie teilweise schon als hoch bewertet würde. Nun kann die Hep C einschließlich der mit dem aggressiven und mutagenen Genotyp 1 b Infizierten seit 2014 zu 95 % geheilt werden und gilt damit quasi als ausgerottet. Ein Segen für die Betroffenen. Nachteil: Kosten einer Pille 700 Euro x 90 Tage. Die GKV muss diese aber übernehmen.

    Kritik würde in einem derartigen Text von mir so aussehen, dass prominente Hepatologen (Liste hab ich) Maulhuren der Pharmaindustrie sind, und dass selbst die als seriös geltende Deutsche Leberhilfe in Köln jährlich eine Spende in Höhe von 380.000 Euro von der Fa. Boehringer bekommt (Nachweis auf deren Webseiten).

    Sehr gute und brauchbare Informationen gibt es hier:
    http://hepatitis-c-forum.hp-de.lima-city.de/

    2. Die ebenfalls weit verbreitete Plantaraponeurose der Finger-Beugesehnen -auch als Dupuytrensche Kontraktur bekannt- wurde bis vor 10 Jahren durch Entfernung des erkrankten Gewebes in einer offenen Op behandelt. Innerhalb kürzester Zeit gab es wegen der Wundränder unter der Haut Rezidive. Kosten mit stat. Aufenthalt rd. 2.500 Euro.

    Kompetente Hilfe und Orientierung zur Krankheit gibt es hier: http://www.dupuytren-online.de/Forum_deutsch/board/dupuytren/index-0.html

    Nun gibt es in NRW 2 Ärzte, die alternativ die sogenannte PNF anwenden. Die perkutane Nadelfasziotomie. Mit einer Nadel wird das Gewebe dicht perforiert und dann der Finger gewaltsam gerade gebogen. Kosten: 100 Euro, die die GKV nicht übernimmt. Dauer des kleinen Eingriffs mit Lokalanästhesie 15 Min.

    3. Dass wegen eines Nierensteins - ebenfalls eine Volkskrankheit- in einer großen Op bis tief in der Körperachse hinein offen operiert wird, ist schon lange Geschichte. Heute gibt es die Extrakorporale Stosswellenlithotripsie (ESWL). Jede Klinik mit Urologie hat so eine 500.000 bis 750.000 Euro teure Maschine angeschafft. Man legt sich in Straßenkleidung unter eine große Röhre, macht den Körper im Hüftbereich frei, bekommt von unten ein Gelkissen für den besseren Kontakt angelegt und dann werden 3.000 Schuss auf den Stein abgefeuert. Schmerzen werden durch Dormikum intravenös ausgeschaltet. Im günstigen Fall gehen die Konkremente Tage oder Monate später auf natürlichem Weg mit dem Urin ab. Oft aber muss diese Prozedur alle 1-2 Jahre wiederholt werden. Niedergelassene Urologen machen das auch schon ambulant in einer Klinik.

    Ein Esospinner hat zum Thema ein BUch "Die Nierensteinformel" herausgegeben. Seine angepriesene Methode, bei der der Stein innerhalb eines Tages verschwunden sein soll lautet: Jeden Abend den Saft einer Zitrone mit einem Wasserglas Olivenöl trinken.
    Haben wir gelacht.



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  9. Ein Wasserglas Olivenöl plus dem Saft einer Zitrone? Ein tolles Abführmittel, und zwar die ganze Nacht lang. Neenee, einige Gesundheitsgurus von eigenen Gnaden machen es sich ein wenig zu einfach – also »Augen auf bei sog. Naturheilverfahren« bleibt die Agenda.

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  10. Charlie: Um Deine Frage nach einem Kommentar von Mechthild auf den HdS zu beantworten: Der ist nicht nötig. Die haben hier mit Sicherheit mitgelesen, was bekanntermaßen lebenslängliche Sperre dort bedeutet.

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  11. Salü Charlie,
    Nö, ich habe nicht versucht, bei HdS einen kommentar zu hinterlassen. Der fairness halber muß ich allerdings sagen, daß meine sehr seltenen kommentare dort bisher immer freigeschaltet wurden.

    Selbstverständlich ist es eine frechheit, daß eine brille nicht mehr von der kasse übernommen wird. Ich kann mich noch daran erinnern, daß in den frühen 90er jahren die krankenkassen damit werbung machten, daß sie alle zwei jahre eine neue brille übernehmen - damit wurden die sehfehler der leute so teuer gemacht, daß sie unbezahlbar wurden. Vor ca. 10 jahren habe ich einem arbeitslosen eine lesebrille und eine brille zum radfahren geschenkt - zusammen haben die damals rund 50 € gekostet. Inzwischen hat er von einer anderen freundin eine gleitsichtbrille bekommen, für knapp 100 €. Wenn man allerdings einen oder mehrere schwere sehfehler hat und man spezialgläser benötigt, kann es wesentlich teurer werden.

    Wenn es um das thema »alternativmedizin« geht, kann ich durchaus sehr böse werden, weil es mich ankotzt, wie diese figuren einerseits aus einer lapalie eine behandlungswürdige erkrankung machen und auf der anderen seite ehrlich schwere erkrankungen wie krebs zu lapalien runterzureden, man könne den durch weißbrotessen einfach aushungern (leider kein witz, habe ich ehrlich gehört) um mit den ängsten der menschen schwer geschäft zu machen.

    Also genau das tun, was sie der bösen pharmaindustrie und der bösen wissenschaftlichen medizin dauernd vorwerfen, auch wenn diese vielen menschen heutzutage wirklich das leben retten kann.


    Liebe grüßle

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  12. Moinsen ert_ertrus,
    Nein, mir geht es nicht um Rottenfußer, der ist mir ziemlich egal. Bei seiner einstellung zu gesundheitsthemen kann ich nur hoffen, daß er - und vor allem die leute aus seinem umfeld, die er beeinflußt, möglichst gesund bleiben, weil die mit der einstellung bei einer wirklich ernsten erkrankung recht schnell den löffel abgeben werden. Mir geht es um die sache, die sehr idiotisch ist.

    Ja, ich weiß, daß die pharmaindustrie bei der zulassung von medikamenten oft mauschelt - die geben viele millionen aus, um ein medikament zu entwickeln, das zugelassen werden kann und dann tun sie alles, um es auf den markt zu bringen. Ich habe davon gehört, daß ein anti-depressivum auf den markt gekommen ist, das leider nicht die lebensqualität der kranken verbessert, sondern bei fehldosierung das gegenteil bewirkt, es hat tote gegeben. Das problem ist, daß der grund für die entwicklung neuer medikamente nicht die heilung von krankheiten ist, sondern geldverdienen und so nie genügend geld für die forschung da ist.

    Im gegensatz zu Rottenfußer, der witze über angeblich erfundene psychische erkrankungen macht, betrachte ich psychische leiden keinesfalls als hypochondrie, sondern als eine sehr ernste angelegenheit, die professionell behandelt werden sollte. Eine psychotherapie mag eine alternative zu medikamentöser behandlung sein. »Alternativmedizin« ist das deshalb noch lange nicht. Wird ja hoffentlich nicht von irgendeinem dahergelaufenen durchgeführt, sondern von jemandem der jahrelang dafür ausgebildet wurde und weiß, was er tut. Im gegensatz zu homöopathie, kann eine psychotherapie wirklich leiden lindern. Deshalb wäre es unverschämt, wenn die kasse das nicht übernehmen würde.

    Liebe grüßle

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  13. Hallo troptard,

    mit der experimentiererei ist das so eine sache. Wenn es wirklich ernst ist, hast Du im zweifel dafür keine zeit. Bei krebs beispielsweise kann es recht schnell tödlich enden, wenn aus angst vor strahlen- oder chemotherapie erstmal »alternativ« rumgedoktert wird.

    Das problem an der alternativmedizin ist, daß die ergebnisse nicht reproduzierbar sind. Wenn z.b. homöopathie einen reproduzierbaren effekt hätte, der über den placeboeffekt hinausginge, wäre sie längst teil der wissenschaftlichen medizin - das wäre eine geniale erfindung, man könnte ganz billig mittelchen gegen so ziemlich alles herstellen und könnte die ganze welt retten. Aber eigentlich kann einem doch schon der verstand sagen, daß ein tropfen vodka, der mit einem schwimmbecken voll wasser verdünnt wurde, unmöglich stärker wirken kann als wenn man den vodka so trinkt.

    Klar haben medikamente nebenwirkungen. Sie haben aber auch eine hauptwirkung, wegen der man das zeug für gewöhnlich nimmt. Ich weiß wovon ich rede, ich bin chronisch krank und mußte über jahre hinweg ziemlich viel zeug einwerfen, nicht ohne nebenwirkungen. Allerdings mit der hauptwirkung, daß ich noch lebe, was ohne dieses »rattengift«, wie ich es immer bezeichnete, höchst unwahrscheinlich wäre. Seit jahren ohne beschwerden - und tabletten muß ich vorerst auch keine mehr nehmen. Während meiner erkrankung hat eine ärztin bei mir allergietest gemacht. Sie hat aber nichts gefunden. Anstatt zu sagen »herzlichen glückwunsch, allergien habe Sie wenigstens keine« wollte die mich zum bioresonanztest zu einer heilpraktikerin schicken. Man kommt in Berlin nicht vom Prenzlauer Berg runter, ohne nicht wenigstens eine kleine laktoseintoleranz eingeredet bekommen zu haben. Ich wußte damals nicht, was das für ein test ist. Allerdings wußte ich, daß ausgebildete mediziner patienten nicht zu heilpraktikern schicken dürfen, weshalb ich die 80€, die der spaß kosten sollte, lieber in gesundes essen und eine gute flasche wein investiert habe. Und ich glaube, es war die verkehrteste entscheidung nicht. Ich verstehe es nicht, wie eine medizinerin durch ein ganzes wissenschaftliches studium gehen kann und hinterher immer noch an so einen blödsinn glauben.

    Aber das ist eben zweckdienlich für das geschäft. Und das ist wirklich ärgerlich: diese naturheilhanseln behaupten immer, auf einer höheren moralischen ebene unterwegs zu sein als die wissenschaftliche medizin und die pharmaindustrie. Dabei ist das längst ein milliardenschwerer markt auf dem viel geld verdient wird - und zwar mit äußerst fragwürdigen sachen.

    Die heutige wissenschaftliche medizin ist nicht mehr die selbe wie vor 20, 30 oder 40 jahren. Es gibt so viele erkenntnisse, die es vor wenigen jahren noch nicht gab. Und eben sogar die erkenntnis, daß vertrauen eine wichtige angelegenheit ist. Ein moderner wissenschaftlicher mediziner erklärt Dir, was Deine erkrankung ist und was die therapie in Deinem körper anstellt und er wird auch alles tun, um Dein leiden zu lindern. Zuwendung ist für einen kranken mit sicherheit auch wichtig. Aber die kann man wohl eher nicht von einem quacksalber kaufen.

    Liebe grüßle

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anmerkungen willkommen, mißbrauch strafbar.