Donnerstag, 28. Februar 2019

Haare Afro, Afro haare, haare, haare

Da hat im fernsehen doch glatt eine weiße frau es gewagt, einem Afrikanischstämmigen mann an den kopf zu greifen. Mitten im fernsehen - in einer kuppelshow, unfaßbar.
Zitat Thembi Wolf:»›Ich muss‹, setzt sie an.

Tu's nicht!

›...deine Haare...‹

NEIN! Du musst gar nichts! Finger weg!

›...nochmal anfassen. Die sind sooo toooll!‹

Grapsch! Ernestine wuschelt dem Bachelor durch den kurzen Afro.«
Unglaublich. Da begibt sich ein nicht-weißer mann, ex-sportfuzzy, der offenbar um jeden preis ins fernsehen will, in eine show, in der er von einer horde weiber belagert wird und wird unsittlich am kopf berührt.
Zitat Thembi Wolf:»[...] trifft vor allem Frauen, mit Afrokrause oder typisch schwarzen Haarstyles wie geflochtenen Zöpfchen. Aber eben auch schwarze Männer [...]«
Nein. Das trifft keineswegs bloß frauen mit Afrokrause und typisch schwarzen haarstyles und schwarze männer, sondern auch personen, die weit davon entfernt sind, irgendwie Afrikanisch auszusehen und auch überhaupt keine »typisch schwarze« frisur haben.
Zitat Thembi Wolf:» [...] Aber das ungefragte Haareanfassen sagt auch: Du bist mir fremd. Du bist exotisch. Ich glaube, das Recht zu haben, dich anzufassen. Du bist dafür da, meine Neugierde zu befriedigen. Damit macht man sein Gegenüber zum Objekt. Ungefragtes Haareangrapschen ist grenzüberschreitend. Ein No-Go.«
Völlig richtig. Haareangrapschen, vor allem, wenn es ungefragt passiert, ist übergriffig und verbietet sich von selbst. Es sind aber nicht allein die verkommenen, rassistischen Europäischen bleichgesichter, die sich Afros gegenüber nicht benehmen. Leider sind Afrikanische männer gelegentlich auch nicht besser und führen sich auf, als hätten sie noch nie einen Mitteleuropäischen menschen gesehen und meinen die haare fremder anfassen zu »müssen«.
Mitteleuropäerin, die maßnahmen gegen das
in-die-haare-grapschen ergriffen hat.
Allerdings wäre ich eher nicht auf die idee gekommen, daß es sich um rassismus handelt. Denn ich bin mir relativ sicher, daß die mecs wahrscheinlich einen Mitteleuropäischen, blonden, jungen mann mit »des yeux bleus très sympathiques« höchstwahrscheinlich eher nicht angegrapscht hätten, weshalb ich so naiv war, das haareanfassen für eine ganz normale belästigung zu halten.
Zitat Thembi Wolf:»Denn das Haare-anfassen ist, gemeinsam mit der ›Wo kommst du wirklich her?‹-Frage wahrscheinlich die am meisten verbreitete Form von Alltagsrassimus.«
Die »wo-kommst-Du-her-frage« soll eine form von alltagsrassismus sein? Wenn sich, beispielsweise, ein Bayer und ein Holsteiner in Köln in einer kneipe kennenlernen, sie sind beide vor einiger zeit dort hingezogen, sprechen aber nicht den ortsüblichen dialekt, ist es nicht völlig unwahrscheinlich daß sie darüber reden, wo sie herkommen. Und wenn einer von den beiden zufällig eine Afroamerikanische oma hat, wird aus einem an sich harmlosen alltagsgespräch plötzlich alltagsrassismus? Das ist seltsam.
Zitat Thembi Wolf:»Meist bleibt es ja auch nicht beim ›Darf ich mal anfassen?‹. Oft folgt ein erniedrigender Vergleich der Haare mit Haushaltsmaterialien (Wolle, Watte, Stroh) oder Tieren (Schaf, Pudel).«
Solche vergleiche sind grenzwertig. Nur wo hört kränkung/beleidigung auf und wo fängt rassismus an? Rothaarige weiße haben häufig ähnliche probleme, daß sie mit nicht unbedingt freundlichen vergleichen bedacht werden: ferkelblond, haut von der farbe eines schweins, weiß wie ein handkäs’, haare wie ein roter köter oder sprüche wie »rote haare, sommersprossen sind des teufels volksgenossen«. Von wenig freundlichen spitznamen, die diese leute dann schnell weghaben ganz zu schweigen. All das ist genau so verletzend und beleidigend gemeint, wie es sich anhört. Nur ist das eben kein rassismus, sondern schlicht und ergreifend menschliche dummheit, daß menschen, die bestimmten normvorstellungen nicht entsprechen, ausgegrenzt und erniedrigt werden.
Zitat Thembi Wolf:»›Don’t touch my hair‹ steht auf T-Shirts und auf Plakaten bei Black-Lives-Matter-Demos. Es gibt Kinderbücher, die so heißen. Dass jeder das Recht auf seinen eigenen Körper hat, müssen schwarze Kinder früh lernen, denn gerade in kleine Afros wandert gern mal eine fremde Hand, während man an der Ampel oder Supermarktkasse steht.«
Falsch. Nicht nur schwarze kinder müssen früh lernen, daß sie ein recht auf ihren eigenen körper haben, sondern alle kinder. Die unart, fremden kindern über den kopf zu streicheln, ob die das nun möchten oder nicht, ist unabhängig von der farbe relativ weit verbreitet.
Zitat Thembi Wolf:»Die Verantwortung zum respektvollen Umgang liegt daher bei den Menschen ohne Afrohaare.«
Logisch. Wegen Europäischer haarfarbe und frisur ist man vollumfänglich verantwortlich für das betragen und die missetaten, die ähnlichaussehende begangen haben, während Thembi Wolf selbstverständlich nichts dafür kann, wenn menschen mit tollen Afrohaaren meinen, ungefragt Europäische haare anfassen zu dürfen.

Der zitierte artikel fing eigentlich so an.
Zitat Thembi Wolf::»Es passiert, wenn man es am wenigsten erwartet. Wenn das Bier kaltgestellt und die Pizza im Ofen ist. Wenn der Kopf eigentlich ausgeschaltet ist – und der Fernseher an, [...]«
Hoffentlich schaltet frau Wolf ihren kopf auch wieder ein. Dann müßte es ihr eigentlich auffallen, daß bei RTLfernsehshows respektvoller umgang ohnehin meist durch abwesenheit glänzt. Und das sogar völlig unabhängig von farbe und frisur.

9 Kommentare:

  1. Tja - auch Zeit Campus bläst in diese Horn.

    https://www.zeit.de/campus/2019-02/herkunft-identitaet-diskriminierung-rassismus-selbstbestimmung

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    1. Was ich nicht verstehe, ist die verbissenheit bei diesem thema. Wo kommst Du her? ist eine smalltalkfrage - und da kann niemand eine »lebensbeichte« des gesprächspartners erwarten.

      Das finde ich ziemlich verrückt: die autorin des Zeitartikels sagt, sie sei keine antwort schuldig. Erwartet dann aber offenbar, daß ihr bestimmte fragen gar nicht erst gestellt werden, weil sie anscheindend irgendwie ein problem damit hat, irgendwas nicht gehorsam zu beantworten.

      Fragen darf man, antworten muß man nicht.

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    2. Fragen darf anscheinend nicht mehr. Es ist schon verrückt.

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  2. Aus der Sicht einer nicht weißen Betroffenen mit Afro-Look:
    "Ich möchte nicht ständig im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Ich will, dass mein Äußeres als normal gilt. Das Fass war voll, als eine mir völlig fremde Oma, ohne zu fragen, nach meinem Haar griff. Ich meine: Hätte ich das gleiche gemacht, die Geschichte würde vermutlich auf der Polizeiwache enden. Ich verstehe, dass es niemand böse meint. Ich würdige die Komplimente. Ich kann nachvollziehen, dass Deutsche meine Haare als exotisch empfinden, neugierig sind. Fragt mich, ich antworte gern. Wenn wir gut befreundet sind, lasse ich euch sogar anfassen. Aber bitte behandelt mich nicht wie ein sonderbares Objekt, sondern wie einen Menschen, mit seinen Grenzen, die man nicht überschreiten darf. Ich habe es satt, eine Kuriosität zu sein. Man kann mich nicht einfach so anfassen wie einen Schoßhund, obwohl man auch das bei fremden Hunden nicht machen sollte. Mein Haar ist kein Pudel, sondern ein Widerstandssymbol."

    Rassismus basiert auch darauf, dass Weiße sich anmaßen, die Definitionshoheit darüber zu haben, was Rassismus ist.

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    1. Entdecke den widerspruch der in diesem zitat steckt:

      Die autorin des textes möchte, daß ihr äußeres als normal gilt. Gleichzeitig beansprucht sie, daß ihre haare ein widerstandssymbol und absolut politisch sein sollen.

      Das sind zwei dinge, die einander ausschließen.

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    2. Die Autorin akzeptiert, dass ihr Aussehen als anders und interessant wahrgenommen wird. Allerdings möchte sie behandelt werden wie alle anderen auch, was ich nicht zu viel verlangt finde.
      Und so lange das nicht respektiert wird, sieht sie sich eben, zurecht, in einem Kampf um ihre eigene Würde und ihr Aussehen als Symbol des Widerstands. Kann man irrational finden, oder schlicht menschlich.

      Ich komme ja auch nicht auf die Idee, einem mir wildfremden, sehr dicken Mann auf offener Straße in den Bauch zu pieksen, weil ich mal schauen will wie sich das so anfühlt.

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  3. Dazu:
    https://editionf.com/afrohaar-ist-politisch

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    1. "Rassismus basiert auch darauf, dass Weiße sich anmaßen, die Definitionshoheit darüber zu haben, was Rassismus ist."

      In diesem Fall war es eine Schwarze. Macht nix. Die Weißen sind böse.

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  4. anonym: Genau. Es kommt immer darauf an, wie die Betroffenen das empfinden.

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