Ein gastbeitrag von modesty
Dass Banker in ihrem eigentlichen Job schon genügend Unheil anrichten, haben die aktuellen Finanzkrisen bewiesen. Ganz fatal wird es aber, wenn sich exponierte Bundesbanker und Ex-Finanz-Senatoren als Soziologen und gar als Genetiker betätigen wollen. Dann kommen Machwerke heraus wie »Deutschland schafft sich ab« - wobei es eigentlich gar nicht so schlimm wäre, wenn sich ein Staat, der solche Politiker hervor bringt, abschaffen würde. Aber bevor wir uns zu früh freuen, hier noch ein paar Fakten. Interessant ist allein schon ein Geständnis von Herrn Sarrazin, das auf WeltOnline zu finden ist: »Oftmals konnten subjektiv empfundene Wahrheiten nur dosiert vorgetragen werden«, gesteht er sein jahrelanges Leiden als Beamter und Politiker, der nie sagen durfte, was er dachte. Das ist nun wirklich cool, denn wie wahr sind »subjektiv empfundene Wahrheiten«? Eine Wahrheit sollte eigentlich nicht subjektiv empfunden, sondern objektiv nachvollziehbar wahr sein, sonst ist es nämlich keine.
Aber ungerührt von solch spitzfindigen Überlegungen sondert Sarrazin die »Wahrheit« ab: »Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen, Basken haben bestimmte Gene, die sie von anderen unterscheiden« (sagte Sarrazin der »Welt am Sonntag« und der »Berliner Morgenpost«) Wenn es ein Gen für Ignoranz geben würde, fände es sich gewiss in der Erbsubstanz von Herrn Sarrazin, aber so etwas gibt es nun einmal nicht. Wobei, Ignoranz gibt es zweifelsohne, aber es wäre zu einfach, sie auf einen bestimmten Abschnitt der Desoxyribonukleinsäure (DNA) zu schieben. Das würde ja bedeuten, dass Herr Sarrazin gar nichts dafür kann, dass er so dumm ist. Genau das darf und muss man aber bezweifeln, denn wenn einer so berechnend giftige Halbwahrheiten verbreitet, aus denen falsche Schlüsse gezogen werden sollen, darf man dahinter schon eine gewisse Intelligenz vermuten, die bestimmte Ziele verfolgt. Allerdings kann man auch das wiederum nicht auf einen bestimmten DNA-Schnipsel schieben, der seinen Träger schlauer macht.
Unbestritten ist, dass es in allen Lebewesen Erbsubstanz und somit Gene für alles mögliche gibt. Derzeit sind beispielsweise gewisse Resistenzen gegen Antibiotika neu im Genom von früher wenig problematischen Bazillen zu finden, die dadurch nun zu gefährlichen Krankheitserregern mutiert sind. Man könnte sich natürlich auf den Standpunkt stellen, die Einzeller seien nun dank der Resistenz-Gene in ihrem Erbgut »intelligenter« geworden, aber das ist natürlich Unsinn. Sie machen uns dadurch leider mehr Probleme als zuvor, aber das ist ein anderes Kapitel.
Jedenfalls ist die primitive Vorstellung, dass es Gene gibt, die für bestimmte »Rassen« typisch seien, ist in der modernen Biologie obsolet. Im Gegenteil: Genetische Analysen haben gezeigt, dass dass die genetischen Unterschiede zwischen den Individuen innerhalb jeder Population ziemlich groß sind während im Vergleich dazu die genetische Variation zwischen den verschiedenen Populationen verhältnismäßig klein ist. Die Wahrnehmung im äußeren Erscheinungsbild (Hautfarbe, Augen- und Nasenform, Körperbau usw.) hat früher dazu verleitet, anzunehmen, dass es entsprechende genetische Unterschiede geben müsste, durch die verschiedene »Rassen« definiert wären. Genau das lässt sich durch die moderne Genetik allerdings nicht belegen.
Dafür beweisen Sarrazins Äußerungen etwas anderes. Nämlich, dass Rassismus weiterhin in Deutschland weiterhin salonfähig ist und durchaus ernsthaft diskutiert wird.
Rassismus ist der Glaube, dass sich menschliche Populationen (also Deutsche, Türken, Akademiker, Hartz-4-Empfänger usw.) in genetisch bedingten Merkmalen im sozialem Wert unterscheiden, so dass bestimmte Gruppen gegenüber anderen höher- oder minderwertig sind. Nochmals: Es gibt keinen überzeugenden wissenschaftlichen Beleg, dass es tatsächlich so ist, wie Herr Sarrazin glaubt. Aber das Problem mit dem Glaube ist ja, dass ein Gläubiger gegen Beweise resistent ist. Somit ist Glaube das Gegenteil von Wissen. Auch wenn Herr Sarrazin so tut, als habe sein Werk eine wissenschaftliche Grundlage: Es gibt kein Intelligenz-Gen. Und es gibt keine genetisch definierten Rassen. |
Es ist kein Tabu, das Herr Sarrazin als mutiger Querdenker bricht, wenn er behauptet, »dass wir als Volk an durchschnittlicher Intelligenz verlieren, wenn die intelligenteren Frauen weniger oder gar keine Kinder zur Welt bringen«. Eine solche Äußerung ist schlicht ein Beweis seines Unwissens (vulgo Dummheit). Man kann sich jetzt noch kleinlich darüber streiten, wie groß der Anteil von kinderlosen Universitätsabsolventinnen in unserer Gesellschaft ist tatsächlich ist. Angesichts der heutigen Lage ist es aber tatsächlich so, dass eine Frau, die intelligent genug ist, über ihre Situation nachzudenken, lieber keine Kinder bekommt. Denn auch Sarrazins unwissenschaftliche Tiraden ändern nichts daran, dass die mit der Kinderaufzucht verbundenen Nachteile in erster Linie zu Lasten der Frauen gehen - und das keineswegs, weil die Biologie vorsieht, dass sie die Kinder bekommen und stillen. Viele Frauen begreifen diesen Umstand durchaus nicht als Nachteil.
Sondern diese Gesellschaft lässt auch ihre akademisch ausgebildeten Frauen komplett im Regen stehen, wenn sie so blöd sind, Kinder zu bekommen. Das fängt mit der oft vergeblichen Suche nach einem Kindergartenplatz an und hört längst nicht mit der oft noch vergeblicheren Suche nach einem halbwegs anständig bezahlten Job auf, der sich mit Kinderaufzucht vereinbaren lässt. Über die Doppelbelastung mit Haushalt und Job, falls sie es tatsächlich schaffen, sowohl die Kinderbetreuung, als auch eine Erwerbstätigkeit zu organisieren, mal gar nicht zu reden. Im Zweifelsfall ist die Mama zuständig, ganz gleich ob es ums Schulbrot, vergessene Hausaufgaben oder nicht vorhandene Turnschuhe geht. Oder um anständige Gene im völkischen Genpool.
Es wird zwar (gerade auch von Sarrazin) so getan, als sei es eine gesamtgesellschaftliche Pflicht und Aufgabe, Kinder zu produzieren und aufzuziehen, Fakt ist aber, dass es im Einzelfall Privatsache ist. Wie so vieles in diesem Staat Privatsache ist und auch bleiben soll. Und gerade Sarrazin als Staatsausgabeneinsparexperte sagt ja auch selbst immer mal wieder, dass die Leute, die sich keine Kinder leisten können, besser keine bekommen sollten. Das sollen lieber die mit den guten Akademiker-Jobs tun. Zwar hat auch ein Sarrazin davon gehört, dass es auch etwas mit der Umwelt bzw. dem Umfeld zu tun hat, ob aus einem Kind ein funktionierender Staatsbürger oder ein Problemfall wird. Trotzdem behauptet er, dass Intelligenz »zu 50 bis 80 Prozent erblich« sei, was seine Empfehlung nahelegt, doch bitte schön auch Akademikerinnen zum Kinderkriegen heranzuziehen, um eine weitere Verblödung des deutschen Volkes zu verhindern. Aber: Wenn ihm so sehr daran gelegen sein sollte - warum trägt er dann selbst massiv zur Massenverblödung bei?!