Montag, 8. Februar 2010

Wilde affenscheiße

Manchmal bekomme ich den eindruck, die bürgerlichen medien würden irgendwo in einem fernen paralleldeutschland geschrieben und gedruckt. Am vergangenen samstag berichtete die FAZ über berechnungen des Karl-Bräuer-Instituts. Daß sich für viele beschäftigte die arbeit nicht lohne, weil die h4-regelsätze so gigantisch hoch seien.

Es ist zwar klar, daß wer beim KBI einen bürositz wärmen darf, ein interesse daran hat »steuerzahlerinteressen« zu vertreten (hinweis: die interessen der menschen, die in erster linie mehrwertsteuer oder lohnsteuer zahlen, sind damit selbstvertändlich nicht gemeint, unter den steuern leiden schließlich am meisten unsere, armen geplagten »leistungsträger« die andere für sich arbeiten lassen) - jedoch sollte man von einem institut das immerhin als »gemeinnützig« gilt und gefördert wird, sachlich korrekte angaben erwarten können.

Ich glaube nicht, daß die herren vom KBI nicht begriffen haben, daß h4 mit der möglichkeit, niedriglohn über das alg2 aufzustocken eine form von kombilohnmodel ist, in welchem ein armer der arbeitet durch subvention des armutslohns immer etwas mehr hat als ein armer, der keine stelle findet. Somit bin ich gezwungen zu unterstellen, daß es hier um die absicht geht, den weg ein stück weiter zu ebnen, sich weiter von unserem grundgesetz zu entfernen, welches sozialstaatlichkeit vorschreibt und zwangsarbeit verbietet. Es ist interessant, daß nun die »experten« vom KBI im auftrag einer seriösen(?) bürgerlichen zeitung rechnen, aber zu unglaubwürdigen ergebnissen kommen.

Lesebeispiel (zum besseren verständnis ist es sinnvoll die verlinkte tabelle anzuschauen):

Hier wird behauptet, daß ein geringverdienender familienvater mit nicht arbeitender frau und zwei kindern bei einem bruttoverdienst von 1262 € im monat schlechter dastünde, als wenn er nicht arbeiten würde.

Ich habe den h4 rechner bemüht und folgendes herausgefunden:
Personen-Haushalt, 2 Kinder (eines 14 eines 10)
Regelleistungen: 1.184,00€
Kosten für Unterkunft und Heizung: 466,00€
Bedarf: 1.650,00€
zu berücksichtigendes Einkommen: −1.088,80€
Arbeitslosengeld-II und Sozialgeld (gerundet): 561,00€

Bitte beachten Sie, dass die Voraussetzungen für den Erhalt von Arbeitslosengeld-II auch die Bedürftigkeit des Antragstellers umfasst! Ein Kinderzuschlag würde Ihren Bedarf leider nicht decken.

Dreist wird in diesem beispiel behauptet, die 368 € kindergeld würden die aufstockung des niedriglohns kürzen. Das ist eine lüge! Der niedriglohnarbeitende mann mit familie hat 368 € mehr als wenn er nicht arbeiten würde. Im vergangenen jahr sprach ich mit unterschiedlichen niedriglöhnern, die mir erzählten, daß sich die arbeit deshalb lohne, weil das sie das kindergeld behalten dürften.

Es ist natürlich sehr wahrscheinlich, daß die gelogen haben (hab mir deren kontoauszüge nicht zeigen lassen) - die wollten in der heutigen situation, in der die faulheit in allen bereichen des lebens angepriesen wird, vermutlich nicht zugeben, daß sie arbeitssüchtig sind und es ihnen egal ist, ob sie vom verdienten ihre familie ernähren können.

Desweiteren kann man in diesem FAZ artikel so hübsche wie sinnfreie sätze lesen wie:

Derzeit erhält ein ungelernter Geringverdiener in Deutschland einen monatlichen Bruttolohn in Höhe von 1823 Euro.

Welcher denn? Da sind doch mehre! Hinzufügen möchte ich, daß als »ungelernte« auch solche gelten, die einen guten bildungsabschluß haben, aber keine reguläre arbeit finden.

Werter herr Astheimer!

Ein bruttolohn von 1823 € bedeutet bei 40stundenbeschäftigung einen lohn von 10€35 pro stunde. Ist ihnen schon mal aufgefallen, daß hierzulande ein mindestlohn von 7€50 als unzumutbar gilt?
Und zwar nicht für diejenigen, die für weniger als das täglich malochen gehen, sondern für die armen schweine, die den geldgierigen arbeitern lohn zahlen müssen?!

Journalisten, die wie Sven Astheimer nicht in der lage sind, selbst zu recherchieren, und nur tasten drücken können, sind gesellschaftlich überflüssig. Der gesellschaftliche schaden wäre geringer, wenn solche menschen der arbeit fern blieben. Wie herr Astheimer darauf kommt, daß alleinstehende h4empfänger ohne arbeit ausgerechnet 637 € erhielten, hat vermutlich irgendwo im kaffeesatz gestanden (ach ja, das hatten die herren von der KBI »errechnet« - wie auch immer) - kann man in Frankfurt/Main für 278 € warm eine einraumwohnung mieten?

Astheimer - leben Sie im astloch oder in einem leerstehenden bunker?

Bei so viel affenscheiße auf einmal kann man als FAZleser froh sein, daß gleich auch papier zum arschwisch frei haus in ausreichendem umfang vorhanden ist. Man knülle das papier!


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Der vollständigkeit halber möchte ich auf das blog von Klaus Baum aufmerksam machen über welches ich dieses machwerk der volksverblödung fand.

7 Kommentare:

  1. Liebe Mechthild,
    Darf ich einladen auch meinem Blog kennenzulernen?
    GLG
    Nadja Norden
    DDR Bürgerin
    in Flandern

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  2. Liebe Mechthild,
    Vielen Dank für deine Zuschrift in meinem Blog, habe mich SEHR gefreut.
    Zum Thema Hartz IV: entdecke mal den Blog von Freundin Neanada:
    http://neanada.blogspot.com und ich empfehle Dir ebenfalls
    den Blog Trotz alledem! http://trotz-alledem.blogspot.com
    von Freundin Jeanette.
    Bis zum nächsten Mal!
    Es grüßt ganz lieb,
    Nadja

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  3. Liebe Mechthild,

    deftige Worte, aber die Verdrehung von Tatsachen kann einem (einer) auch schon mal berechtigt den Kragen platzen lassen. "Abstandsgebot" hin oder her - Fakt ist, daß wir einen ausreichenden Mindestlohn benötigen. Fakt ist ferner, daß die geltenden Regelsätze zu niedrig sind, wie unlängst erst auch Lutz Hausstein nachzuweisen versuchte: [http://hanniballektor.wordpress.com/2010/02/04/was-der-mensch-braucht/]

    Beste Grüße
    Frank

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  4. Liebe Nadja,
    danke für die links, werde ich mir bei gelegenheit mal anschauen.
    Liebe grüße Mechthild

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  5. Lieber Frank,
    wenn mir der kragen platzt, hört sich das anders an. Wenn etwas zum himmel stinkt, sind harte worte vonnöten. Die betulichen sonntagsreden überlasse ich lieber der pastorentochter, die wird schließlich dafür bezahlt.

    Natürlich bin ich ebenfalls für einen flächendeckenden mindestlohn, der zum leben ausreichen muß. Allerdings schreibe ich gerade an einem text, warum wir in Deutschland nie einen kriegen werden. Wird in ein paar stunden online sein.

    »was der mensch braucht« von Lutz Hausstein habe ich natürlich längst gelesen. Interessanter artikel, in dem sicherlich eine menge arbeit steckt. Ich traue es der regierung nach dem gestrigen urteil eher zu, daß sie die sätze überprüfen und senken wird - natürlich nicht ohne jene, die sich rückwirkend etwas geld erhofften, das zu viel erhaltene abarbeiten zu lassen. Schwarzgelb trau ich alles zu.
    Liebe grüße Mechthild

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  6. Liebe Mechthild,

    dann möchte ich aber lieber nicht erleben, wenn Du wirklich wütend wirst ;-)

    Herzliche Grüße
    Frank

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  7. > ... daß sich für viele beschäftigte die arbeit nicht lohne, weil die h4-regelsätze so gigantisch hoch seien.

    Das ist eine Folge des fehlenden Mindestlohnes. Entweder man führt einen Mindestlohn ein oder man reduziert die Fördersätze auf 0. Das eine ist einfach die ganz logische Konsequenz des anderen.

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