»Sie gaben uns Zettel zum Wählen.Wir gaben die Waffen her.
Sie gaben uns ein Versprechen.
Wir gaben unser Gewehr.
Und wir hörten: Die es verstehen,
Die würden uns helfen nun.
Wir sollten an die Arbeit gehen,
Und sie würden das übrige tun.
Da ließ ich mich wieder bewegen.
Und hielt, wie’s verlangt wurd’, still
Und dachte: das ist schön von dem Regen,
Daß er aufwärts fließen will.
Und bald drauf hört’ ich sagen:
Jetzt sei alles schon eingerenkt;
Wenn wir das kleinere Übel tragen,
Dann wird uns das größere geschenkt.
Und wir schluckten den Pfaffen Brüning,
Damit’s nicht der Papen sei.
Und wir schluckten den Junker Papen,
Denn sonst war am Schleicher die Reih.
Und der Pfaffe gab’s dem Junker,
Und der Junker dem General,
Und der Regen floß nach unten,
Und er floß ganz kolossal.«
B. Brecht (aus der »Arbeiterkantate«)
Am 16. september 2009 spielte das Deutsche Symphonie Orchester Berlin unter der leitung von Ingo Metzmacher in der Philharmonie ein besonderes konzert: zu hören waren
Max Reger »Die Toteninsel« (1913)
Iannis Xenakis »Jonchaines« (1977)
Hanns Eisler »Deutsche Sinfonie (An Anti-Fascist-Cantata) (1959).
Dies konzert wird am morgigen sonntag, dem 4. oktober ab ca. 20 uhr 3 im kulturradio des rbb (ukw 92,4/kabel95,35 oder livestream) gesendet, ich freue mich darauf, es noch einmal hören zu können.
Max Reger war mir bisher unbekannt, das musikstück, das von ihm zu hören war, ist eine von vier tondichtungen nach Arnold Böcklin. Man kann es der beginnenden moderne zuschreiben.
Das modernste werk des abends war »Jonchaies« von Xenakis, hier geht es um das massenphänomen röhricht, es wird der gleichlauf der masse dargestellt, der aber durch abweichungen einzelner schließlich im chaos endet. Xenakis, der in Griechenland im antifaschistischen widerstand gewesen war, dort in gefangenschaft geriet und zum tode verurteilt wurde (zum glück wurde das urteil nicht vollstreckt), befaßte sich in seiner musik immer wieder mit massenphänomenen, mathematischen prinzipien und naturwissenschaftlichen theorien.
Das hauptwerk war Hanns Eislers »Deutsche Sinfonie«, die in der zeit zwischen 1935 bis 1957 entstand und 1959 in Berlin uraufgeführt wurde. Diese sinfonie hat elf sätze und ist fast vollständig nach der zwölftonmethode komponiert. Die texte der acht vokalsätze stammen zu weiten teilen von Bert Brecht, die wollte ich schon immer mal live gesungen hören. Sehr geärgert habe ich mich über die konzerteinführungsveranstaltung mit Habakuk Traber, welcher meinte, man müsse an diese texte heute nicht mehr glauben, geradezu als wären sie nicht mehr zeitgemäß.
Die texte beziehen sich auf geschichtliche ereignisse, die nicht unwahr geworden sind, nur weil sie im letzten jahrhundert stattfanden. Einige sind leider zeitgemäßer, als man es wünschen würde. Und wer es nicht glaubt, der soll nach hause gehen!
»Wie steht es mit dem Krieg? -
Gestern haben sie wieder ein Spital bombadiert
Wer? - Die die Kultur dorthin bringen wollen.
Wann beginnt die Regenzeit wieder? - Im Mai.
Erst im Mai? - die Generäle sagen, daß sie die Kultur verteidigen wollen! -
Was für eine Kultur? - Die der Generäle.«
Eisler nach Ignazio Silone (aus der »Bauernkantate«)
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