Freitag, 12. September 2014

Affront für Dumme

In Brandenburg geht der wahlkampf in die endphase. Kommenden sonntag ist wahl.

Im wahlkampf wird es manchmal widerwärtig, wie politiker versuchen, sich an potentielle wähler anzuwanzen. Alexander Gauland, der »Hessi-James« der Brandenburger politik, seines zeichens spitzenkandidat der AfD, glaubt allen ernstes, daß die ossis so doof sind, ihn zu wählen, auch wenn sie eigentlich die LINKE präferieren würden, weshalb er einen brief an die wähler der LINKEN geschrieben hat:
»Liebe Wähler der Partei „Die Linke“,«
Da muß ich mich im grunde nicht angesprochen fühlen, weil ich nicht unbedingt wähler der LINKEN bin und außerdem in Brandenburg derzeit nicht wahlberechtigt. Trotzdem soll das nicht unkommentiert bleiben.
»trotz aller Meinungsverschiedenheiten verbindet uns manches.«
Das glaube ich aber nicht.
»Sarah Wagenknecht und Bernd Lucke sind sich in der Beschreibung der Gefahren des Euro ganz nahe«
Nein, das ist völlig anders zu sehen. Die LINKSpartei hat die gefahren des € eher in sozialen problemen gesehen, während Lucke mit der abschaffung des € klar wirtschaftliche potenziale abschöpfen will und auf der anderen seite die nationalistischen sentimentalitäten der »wir-wollen-unsere-gute-alte-D-Mark-wiederhaben«-fraktion ansprechen. Letztere, die eher nicht zu den wählern der LINKEN gehören dürften, werden mit sicherheit von der AfD stark enttäuscht werden. Und die leute, die links sind, werden auf das gesabbel eines rechten wahlvereins hoffentlich nicht reinfallen.

Es gibt aus linker sicht gründe für den beibehalt des € zu sein: würde man die gute, alte Mark wiedereinführen, von der sich manch einer denkt »damals ging es mir relativ prima«, würde nicht einfach wieder der alte zustand hergestellt werden. Die neue Mark würde gegenüber den anderen währungen stark aufwerten, was für die exportbetonte Deutsche wirtschaft schlecht wäre. Das würde besonders im strukturschwachen Brandenburg üble folgen haben.

Aber von Brandenburg aus wird der € ohnehin nicht abgeschafft.
»und die Sanktionspolitik gegenüber Russland halte ich für genauso falsch wie Sie.«
Deshalb hat die AfD im Europaparlament für sanktionen gegen Rußland gestimmt. Aber daß ein nationalistenwahlverein einen auf völkerfreundschaft macht, war auch eher unwahrscheinlich.
»Sicherheit und Ordnung schätzen Sie wie wir und für Grenzkriminalität haben Sie so wenig Verständnis wie die AfD.«
Juhu!!!

Die AfD will die mauer wieder aufbauen! Leider bloß nicht da, wo sie hingehört, sondern um Europa. Man sollte nicht darauf hoffen, daß herr Gauland mit der Kalaschnikow in der hand den sozialismus verteidigen will.
»Und was die DDR angeht, so finden wir Kinderbetreuung und Ärztehäuser nicht weniger sinnvoll als Sie. Sie sollten es deshalb einmal versuchen, Ihre Stimme uns zu geben.«
Da sollte man aufmerken: konservative haben noch nie etwas gegen kinderbetreuung gehabt. Nämlich zu hause bei mamilein. Die AfD hat übrigens im programm, daß der staat sich mehr in die privatangelegenheiten der menschen reinhängen soll: gutverdiener mit kindern, die ein konservatives lebensmodell präferieren, sollen für ihren lebenswandel belohnt werden. Alle anderen stehen mit den vorschlägen der AfD schlechter da als bisher.
»Denn: Wir sind konsequent gegen den Euro und die Brüsseler Bürokratie. Wir mögen keine amerikanische Dominanz und schon gar kein Freihandels-abkommen, das unsere ökologischen und Sozialstandards unterläuft. Deutschland ist souverän und muss entsprechend handeln.«
Daß herr Gauland »konsequent gegen den €« ist, glaube ich sogar. Das kann er auf landesebene auch getrost sein, es bewirkt ja nichts.

Daß die AfD etwas gegen Amerikanische dominanz hat, hat sie im Europaparlament bereits gezeigt. Wie oben bereits erwähnt, hat sie für sanktionen gegen Rußland gestimmt.

Als linker sollte man sich bewußt sein, daß man sich nie auf die seite des Deutschen nationalismus und imperialismus stellen darf, wenn man etwas gegen den imperialismus der USA hat. Der Deutsche imperialismus ist nämlich nicht besser, weil es »unserer« wäre, sondern richtet ebenfalls erhebliche schäden in der welt an.
»Alte Anhänglichkeiten sind gut und wichtig, aber die Linkspartei schrumpft seit Jahren und wir sind jung und wachsen.«
Wovon sollten alte säcke jenseits der 70 auch sonst träumen? Jung sein, wachsen, während die anderen schrumpfen.
»Also werfen Sie Ihr Herz über die Hürde und wählen Sie eine Partei, die mit gesundem Menschenverstand die Probleme des Landes anpacken will. Lassen Sie sich nicht von der ewigen Litanei des Rechtspopulismus anstecken. Auch Sie galten einst als Linksextremisten, als Sie in die Politik des vereinigten Deutschlands eintraten. Man muss solche Urteile nicht fürchten, wenn man es selbst für sich und seine Freunde besser weiß.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Gauland«

Wer links ist und zumindest halbwegs bei trost, kann diese partei nicht wählen. Obgleich es ist schon rührig ist, wie diese figuren um stimmen betteln. Entweder bleibt man zu hause und wählt gar nichts oder eine partei, die ein linkes programm hat. Rechts wählen ist für linksgesonnene menschen keine alternative, auch wenn man die LINKE vielleicht gar nicht (mehr) mag.

Selbiges gilt natürlich auch für Thüringen, wo ebenfalls am kommenden sonntag gewählt wird.


Nachtrag: Rassismusvorwürfe gegen AfDspitzenfrau in MeckPomm. Hinweis über google+ von Manfred Peters.

8 Kommentare:

  1. Ich glaube keinem Schwätzer mehr, egal welcher Partei er angehört.
    Doch, einen würde ich wählen: Martin Sonneborn!

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    1. Leider hat herr Sonneborn etwas probleme mit der omnipräsenz und steht in Brandenburg leider nicht zur wahl.

      Wenn man keinem schwätzer glauben will, bleibt nur eins: nicht mit dem »geringsten übel« vorlieb nehmen, sondern nicht wählen. Leider bringt es nichts, zur wahl hinzugehen und den zettel einfach durchzustreichen.

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  2. Wirklich, für die Mehrheit der Bevölkerung positives, vermag man vom politischen Betrieb eh nicht mehr zu erwarten.

    Dass nicht die Zustimmung der Bevölkerung, sondern die Macht des Geldes, politische Entscheidungen dominieren, ist eine Binse, die die wenigsten sehen wollen.

    Soll die AfD doch in die Parlamente einziehen. Wäre doch mal interessant, in wie weit die CDU mit möglichen Mehrheitsverhältnissen bereit wäre...

    Wenn ich mir die Zustimmungswerte (insb. Merkel) ansehe, dann frage ich mich, ob ich des Wahnsinns letzte Beute bin, oder mein statistisches Umfeld.

    In Legislaturperioden gedacht, ist eine Umkehr sehr weit weg.

    Bis dahin herrscht eine 'Weiter so' und 'Bis jetzt ist es gut gegangen'-Stimmung.

    Was schert mich in diesem Zusammenhang die AfD?
    Das ist halt Demokratie. Dass eben auch unliebsame Parteien Zuspruch haben.
    Andere Parteien sollten die besseren Argumente haben, soweit sich nicht von Lobbyistengruppen okkupiert werden,

    Also kein Grund zur Sorge, oder?

    Grüße
    Duderich

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    1. "Wäre doch mal interessant, in wie weit die CDU mit möglichen Mehrheitsverhältnissen bereit wäre..."

      Der ehemalige sächsiche Ministerpräsident, "König" Kurz Biedenkopf, hat doch gerade schon den Boden für eine zukünftige Zusammenarbeit bereitet. Das wird zwar noch nicht jetzt (sprich: Sachsen, Brandenburg, Thüringen) wirksam werden, aber mittelfristig baut man sich so die AfD als neue FDP als Mehrheitsbeschaffer auf.

      Biedenkopf wehrte sich ja vehement dagegen, die AfD als rechte Partei einzustufen. Damit würde sie also - ebenso wie CDU/CSU, FDP, Grüne, SPD - zu einer (selbstdefinierten) "Partei der Mitte". Noch sträuben sich Merkel und Bundesspitzen der Konservativen öffentlichkeitswirksam gegen eine solche Normalisierung der AfD. Mittelfristig wird dies aber, auch mit Unterstützung der Medien, gelingen und es wird eine Zusammenarbeit mit einer dann als "bürgerlich" klassifizierten AfD völlig selbstverständlich sein.

      Weiterer Nebeneffekt: Mit einer AfD noch rechts von der CDU könnte man eine weitere Runde der Proklamierung einer "Sozialdemokratisierung der Union" einläuten. Stimmte zwar noch nie, aber warum sollte man sich an (Partei-)Inhalten orientieren. Zuschreibungen funktionieren doch viel einfacher.

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    2. Entschuldigung, ich wollte Herrn Biedenkopf nicht kürzer machen als er ist. Aber "t" und "z" liegen auf der Tastatur nunmal direkt nebeneinander. Also: Kurt.

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    3. So sehe ich das auch,
      die AfD als neue FDP.

      Das würde auch erklären,warum es diese Werbelawine nur für die Wahlen in NRW und SW-H gab.Diese blieb ja völlig aus im Bund und den folgenden Wahlen.

      Erst mal abwarten wie die AfD sich so macht;läufts gut, dann darf
      die FDP gerne in der Versenkung verschwinden.

      Wenn nicht,so hat man mit NRW (ca. 10%) und SW-H (Ca. 8%)
      2 starke Brückenköpfe fürs FDP Revival

      lg
      Hagnum

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    4. @Dude
      Daß man vom politischen betrieb nicht viel erwarten sollte und die hanseln in den parlamenten nicht übermäßig viel erwarten kann, weil die macht im staat beim kapital liegt, ist ohnehin klar.

      Mir ging es um die dreistigkeit, mit der diese AfDfiguren behaupten, »linke« positionen zu vertreten. Das grundbürgerliche »hufeisenmodell«, anhand dessen behauptet wird, daß »rechte« und »linke« in ihren ansichten gewaltige schnittmengen hätten.

      Oberflächlich betrachtet stimmt das sogar. Wer allerdings politisch nicht orientierungslos ist, weiß doch sehr wohl die gründe, warum er bestimmte standpunkte vertritt und stellt sehr schnell fest, daß die positionen der gegenseite mit der eigenen überzeugung absolut unvereinbar sind.

      Die AfD in den landtagen ist genau so schlecht wie die anderen parteien auch.

      @ Lutz
      Wahrscheinlich ist es nur eine frage der zeit, bis die CDU die AfD als koalitionspartner sieht. Die selbsternannte »mitte« rutscht noch weiter nach rechts.

      @ Hagnum
      In der FDP gibt es immerhin noch menschen wie Gerhart Baum, die nicht allein wirtschaftsliberal denken. Das ist noch lange kein grund, für die FDP zu sein. Die AfD hingegen ist eher konservativ ausgerichtet. Mir gefällt das eine so wenig wie das andere.

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    5. Liberale parteigründungen sind doch gut. Jedem liberalen seine eigene partei und schon gehören solche ergebnisse wie die der AfD auf immer der vergangenheit an.

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