Sonntag, 31. August 2014

Kriegsgeheul

Für ungefähr eine woche habe ich mich der Deutschen qualitätspresse ferngehalten. Ich dachte, daß die sehr gut ohne mich auskommt und ich mich nicht täglich über den selben mist aufregen muß. Aber gucke ich mal nicht rein, passiert natürlich gleich etwas richtig schlimmes:

Putin ist in die Ukraine einmarschiert. Die WELT hat es gesehen, die OSZE hingegen nicht. Anzunehmen ist, daß die WELT gespenster sieht. Wie damals schon, im Kalten Krieg.

Ganz in kaltkriegsrhetorik fordert Jaques Schuster, oder besser dr. Jaques Schuster, so viel zeit muß sein, daß nun die stunde der NATO schlagen solle, schließlich müsse man dem »letzten großen kolonialreich«, das gleichzeitig auch die »letzte verkörperung des imperialismus auf Europäischem boden« sei, entgegentreten.

In die selbe kerbe schlägt Richard Herzinger im selben blatt mit seinem artikel »Neosowjet-Imperialismus gegen westliche Demokratie«

Da bleibt einem fast die spucke weg. In Putins Rußland gibt es nichts »neosowjetisches«. Rußland ist keine wie auch immer organisierte sozialistische räterepublik, sondern ein nach Russischer art organisierter kapitalismus mit demokratisch gewählter herrschaft.

Als es die Sowjetunion noch gab und aus dem ostblock die westliche politik als »imperialistisch« bezeichnet wurde, lernte man in der schule, daß der imperialismus und die großen kolonialreiche politik des 19. jahrhunderts gewesen wären. Daß das damals wie heute nicht gestimmt hat ist wohl klar, nur ist zweifelhaft, ob ausgerechnet Rußland imperialistische interessen verfolgt. Hingegen darf man durchaus bemerken, daß die Vereinigten Staaten keine anderen mächte neben sich dulden. Einst galten die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion als »supermächte«. Nach dem zerfall der Sowjetunion verblieben die Vereinigten Staaten als einzige weltmacht. Und für deren geschmack ist Rußland nach ende der Jelzinära schon viel zu weit gekommen.

Die NATO reicht heute bis weit in den ehemaligen ostblock hinein. Eine der bedingungen für die sogenannte »Deutsche wiedervereinigung« war, daß die NATO nicht über die damaligen grenzen nach osten ausgedehnt werden darf. Nicht Rußland ist vertragsbrüchig, sondern die westmächte, die es nicht für nötig erachteten, sich daran zu halten. Die staaten Osteuropas sind nach westlichen interessen möglichst kleinteilig zerlegt worden, sie sind der hinterhof der EU. Am liebsten würden sie mit Rußland selbes tun, wenn es dann ginge.

Den Russischen nationalismus mag ich genau so wenig wie jeden anderen nationalismus auf der welt auch. Ich habe gehört, daß es in Rußland diesen sommer mode gewesen sein soll, Putin-t-shirts zu tragen, unter anderem mit dem aufdruck »er ist der höflichste von allen«. Ob er »höflich« ist, weiß ich nicht. In bezug auf die andere herrscher, könnte man jedoch sagen, »er ist der vernünftigste von allen«. Und das ist schon eine ganze menge, wenn ich die unvernunft der Deutschen regierung betrachte.

Hoffentlich wird das kriegsgeheul der Springerpresse einfach im raum verhallen.

1 Kommentar:

  1. Ich halte mich standardmäßig noch viel länger den "Qualitätsmedien" fern, umso mehr freue ich mich, in schöner Unregelmäßigkeit hier Vernünftiges zu lesen.
    Danke!

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