Mittwoch, 16. Juli 2014

Montags zu hause bleiben - teil 3.1 - redner der montagmahnwachen

Natürlich können hier nicht alle, die mal auf einer der mahnwachen gesprochen haben, berücksichtigt werden. Dieser artikel ist aber auch gar nicht dazu gedacht, jeden satz der dort geäußert wurde zu dokumentieren, sondern soll nur einen eindruck geben wie einige der montagsredner denken.

Ken Jebsen ist radiomoderator, der bis 2011 bei Radio Fritz eine radioshow moderierte, bis er wegen antisemitismusvorwürfen gekündigt wurde. An sich wirkt er immer wie ein überdrehter animateur, der mit dampfplauderei ein publikum zu unterhalten sucht, oftmals wirr redet und dabei tierisch nervt.
Jebsen: »Ich könnte jederzeit ebenfalls für eine art von propagandaministerium arbeiten. Mach ich aber nicht. Weil der frieden ist dafür zu wichtig. Mach ich nicht. Ich wäre ein super werber, ich könnte mir eine goldene nase verdienen. Ich bin ein topverkäufer. Ich könnte ihnen alles verkaufen. Mach ich aber nicht.«
Irgendwie scheint er ein wenig zur selbstüberschätzung zu neigen, nicht jeder kauft einem dauerplappernden schwatzheini jeden mist ab. Es soll sogar leute geben, die sich bei derartiger marktschreierei abwenden und das weite suchen.
Jebsen: »[...]wir haben eine immer kleinere zahl von menschen die arbeit haben gegen ein großes heer von menschen die keine arbeit haben - hier wird mangel von arbeit organisiert. Man verspricht ihnen ›Du bekommst einen arbeitsplatz‹ aber es wird eben nur dann ein geschäft, wenn Du den, der arbeit hat gegen den stellen kannst, der keine arbeit hat, um dessen löhne zu drücken - und das ist erpressung. Das ist mangel von arbeit[...]«
Das ist eine krause aussage, die ein stück weit richtig ist, aber überhaupt nicht den kern der angelegenheit trifft.

Als erstes ist dazu anzumerken, daß arbeit in jedem falle mühsal bedeutet und ein mangel daran im grunde etwas positives wäre. Man geht doch nicht malochen, um sich an der eigenen mühsal zu ergötzen, mühsal möchte man doch möglichst wenig haben. Man ist stattdessen auf einen arbeitsplatz angewiesen, weil man geld verdienen muß. Ohne geld ist man in unserer gesellschaft selbst von den elementarsten grundbedürfnissen ausgeschlossen.

Arbeit findet in dieser gesellschaft nur statt, wenn der mensch der sie verrichtet einen produktionsmitteleigentümer findet, den er durch seine arbeit bereichern kann und seine arbeit so für einen anderen zum lohnenden geschäft wird.

Daß es nur ein geschäft würde, wenn man den arbeitsstellenbesitzer gegen den arbeitslosen ausspielen könne, ist humbug. Daß durch eine hohe arbeitslosenquote die konkurrenz um arbeitsplätze erhöht wird, ist bloß ein für die kapitaleigner günstiger nebeneffekt.

Auch in zeiten, in denen arbeitslosigkeit quasi unbekannt war, hat lohnarbeit auf dem selben erpressersystem basiert, daß der lohnarbeiter mehr abzuliefern hat, als er zum leben benötigt.

An dieser sauerei hat sich bisher offensichtlich kein montagsdemonstrant gestoßen.
Jebsen: »[...]und vielleicht mal ein gedankenexperiment, was passieren würde ... was würde passieren, wenn wir allen denen die jetzt von h4 vegitieren müssen oder im niedriglohnsektor acht stunden arbeiten und trotzem geld vom amt bekommen, um ihre kinder - was schon an sich asozial ist - was würde passieren, wenn man diesen menschen ein grundeinkommen geben würde, was würden diese menschen machen? Die würden sich zuerst die dinge leisten, die sie sich lange nicht leisten konnten, die produktion würde hochgefahren werden, das heißt diese menschen würden langsam in den arbeitsprozeß kommen - immer mehr leute würden in den arbeitsprozeß kommen - immer mehr leute würden anfangen zu produzieren, die produktpreise würden fallen, igendwann hätten alle alles und die arbeit wäre getan und was machst Du dann mit diesem heer von menschen, die nicht mehr arbeiten müssen, um alle alles haben. Diese menschen kannst Du über arbeit nicht mehr steuern und nicht mehr frei rumschubsen. Das heißt das ist gar nicht gewünscht, daß wir uns ein grundeinkommen verschaffen. Das ist gar nicht gewünscht. Denn menschen die ein grundeinkommen bekommen, die nicht mehr arbeiten müßten wegen dem geld, die fangen an, nachzudenken, die fangen an, dinge zu tun, die sie machen wollen, aber sie sollen nicht dinge tun die sie machen wollen, sie sollen das machen, was andere wollen. [...]«
Das »gedankenexperiment«, was passieren würde, wenn es ein grundeinkommen gäbe, habe ich vor längerer zeit schon gemacht.

Dort schrieb ich:

Aber was würde passieren, wenn es grundeinkommen gäbe? Würde plötzlich das paradies auf erden herrschen?

Ja, ich glaube schon. Das würde garantiert eintreten. Allerdings nicht für den lohnabhängigen, sondern für den, der ihn beschäftigt. Derzeit bezahlt der arbeitgeber, wie schon erwähnt 2271€93 pro monat für den arbeitnehmer. Weil die sozialversicherungspflicht wegfällt, braucht der arbeitnehmer nur noch den nettolohn von 1301€39 zu erhalten - und der setzt sich aus 651€39 und 650€ BGE zusammen. Davon darf man sich sowohl privat gegen alle notlagen versichern als auch ca. 50 % konsumsteuer finanzieren. Schönes leben.

Der arbeitgeber spart 1620€54. Für ein unternehmen mit 20000 mitarbeitern würde dies eine ersparnis von 32.410.800 € bedeuten. Jeden monat. Damit hätte man glatt den schlecker retten können. Die armen leute, die dort arbeiten wohl eher nicht.


Die idee hat keinen taug, wenn man tatsächlich den besitzlosen menschen helfen möchte. Die werden dadurch keineswegs von der lohnknechtschaft befreit. Im gegenteil. Es bedeutet lohnknechtschaft unter verschärften bedingungen.

Wenn man etwas gegen die lohnarbeit hat, ist es ratsam über die produktions- und eigentumsverhältnisse nachzudenken. Aber das machen gute bürger bekanntermaßen nicht.
Jebsen: »[...]und meine orientierung an der natur wäre ein wirtschaftssystem, das wie der wald funktioniert! Im wald wird kein krieg geführt! Die ameisen kämpfen nicht gegen die amseln, und die füchse versuchen nicht die oberherrschaft, und ein ameisenhaufen versucht nicht über den anderen ameisenhaufen zu herrschen. Es ist dort kein friede, es ist dort kein krieg, es ist keine friedliche koexistenz. Wir menschen wissen nicht, was es ist. Aber es ist nicht ›survival of the fittest‹, wie wir das definieren. Es ist was anderes! Und es entsteht dort kein müll! Und nicht der größere überlebt! Wir sollten uns am wald orientieren! Geht mal in den wald! Ja!?[...]«
Und dann wird doch wieder die niedliche, kleine ameise vom »bösen« grünspecht gefressen, weil der die unheimlich lecker findet und durch seine größe eindeutig im vorteil ist. Im gegensatz zu Jebsen kennt die natur keine moral.
Jebsen: »[...]Und final möchte ich noch etwas zum thema ›demokratie‹ sagen. Zu ›demokratie löst nicht alle probleme‹. Das denkt man, dass demokratie alle probleme lösen kann. Es gibt auch andere möglichkeiten. Und dann orientiere ich mich auch an der natur. Stellt Euch mal vor: zugvögel würden die Reise nach Afrika ›demokratisch‹ organisieren. Die kämen nur bis Sylt! Die kämen nur bis Sylt! Und dann wär es vorbei. Dann würde sie der winter auf Sylt einholen. Die Vögel fliegen nach Afrika, ohne lang rumzudiskutieren - und sie fliegen auch wieder zurück. Und sie halten sich an ein gesetz, ein ›natürliches gesetz‹, und das heißt auch das ist möglich. Und ich erkenne, dass zugvögel recht friedlich leben seit vielen tausend Jahren. Ohne demokratie! Ja, wie machen denn die vögel das? Wie finden sie den ort eigentlich ohne ›google earth‹? Die natur ist schlau genug! Orientier Dich doch einmal an der natur! Und versuche nicht, die natur zu verbessern. Das tun wir[...]«
Es stimmt auffallend, daß zugvögel offenbar recht friedlich leben. Im gegensatz zu uns haben die jedoch keinen staat, der ihnen vorschriebe, wo sie sich aufzuhalten haben oder interessenkonflikte auf grund der eigentumsverhältnisse aufzwingt. Die kraniche müssen nicht darüber abstimmen, ob sie in den Süden fliegen, sie haben ein gemeinsames interesse genug futter für alle zu finden. Gibt genug nahrung, fliegen sie nicht aus purer langeweile nach Sylt oder sonstwohin, sondern überwintern bei uns in Brandenburg. Die kennen kein gesetz, daß ihnen vorschriebe, in den Süden fliegen zu müssen. Die ziehen einfach dann weiter, wenn es notwendig ist.

Dem menschen ist es nicht erlaubt, sich einfach zu nehmen, was er zum leben braucht oder einfach weiterzuziehen, wenn er das nicht bekommt und das wird staatlich durchgesetzt. Obendrein kriegt er, bevor er denken kann, den stempel seiner nationalität auf den arsch gedrückt und ob er das glück hat, zur besitzenden klasse zu gehören oder ob er ein habenichts sein wird, ist auch schon festgelegt. Völlig ohne lang rumzudiskutieren oder daß darüber abgestimmt würde.

Zusätzlich sollte man bedenken, daß »natürlichkeit« überhaupt kein argument für irgend etwas ist. Eine tropfsteinhöhle ist im gegensatz zu einer plattenbauwohnung eine natürliche sache, während die plattenbauwohnung »unnatürlich« ist, weil sie vom menschen geschaffen wurde.

Ich zumindest bin der auffassung, daß es eine positive entwicklung ist, nicht mehr in höhlen zu wohnen. Ein ding ist doch nicht schlecht, weil es nicht aus der natur kommt, sondern stattdessen mit verstand konstruiert wurde.

In sofern ist es ein ziemlicher käse, den Jebsen zum besten gibt. Wenn er redet, wirkt er auf mich irre. Im von mir gesichteten material habe ich keine hinweise auf antisemitismus gefunden, allerdings habe ich mir auch bei weitem nicht alles anhören können.

Wie auch? Das ist einer der stundenlang reden muß, auch wenn es der krudeste blödsinn ist. Die zeit kann man sich sparen.

2 Kommentare:

  1. Bei Meister Jebsen habe ich irgendwie das Gefühl, dass er hauptsächlich in eigener Sache unterwegs ist. Vielleicht liebäugelt er ja damit, dass seine Auftritte und seine daraus resultierende "Halbprominenz" auch an anderer Stelle Aufmerksamkeit erregen und ihm bei einem großen Privatsender eine eigene Sendung Marke "Jebsen deckt auf", "Jebsen enthüllt", "Jebsen wühlt in der Scheiße", "Jebsen allein im Wald", "Jebsen hebt ab", "Jebsen fliegt mit" oder dergleichen einbringen könnten.

    Die im Beitrag aufgeführten "Einsparmodelle für Arbeitgeber" bei einem Grundeinkommen halte ich für den Hauptgrund, weswegen sich der Groß-Drogist Götz Werner so stark für ein Grundeinkommen engagiert. Ihm bzw. seinem Vermögenszuwachs würde es jedenfalls garantiert nutzen. Mit reiner Menschenfreundlichkeit hat sein persönliches Engagement hierbei wohl eher weniger zu tun, da dürfte m. E. ein gewaltiges Eigeninteresse dahinter stecken.

    Die Mühsal namens (Lohn-)Arbeit ist für den bundesdurchschnittlichdeutschen "Normalbürger" aber eh das allerheiligste Gut überhaupt. Da ist es sowieso von vornherein müßig, sich Gedanken über Alternativen dazu zu machen, da lässt er/sie sich auf nichts anderes ein.













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    1. Das glaube ich allerdings auch, daß »meister« Jebsen hauptsächlich in eigener sache unterwegs ist. Notfalls taugt er sicher auch gut als heißluftgerät. Bei den anderen »vögeln« aus dem rechtslastigen umfeld scheint es jedoch kaum anders zu sein, die wollen entweder für sich mehr bekanntheit oder um sympathiepunkte für ihre ideen werben.

      Götz Werner fängt sehr menschenfreundlich an: materielle not müsse es heute nicht mehr geben und im grunde genommen könne es paradiesische zustände geben, mit wenig oder ohne arbeit gut leben. Am schluß, wenn die meisten leute nicht mehr zuhören oder aufgehört haben zu lesen, kommt er mit dem gegenteil, nämlich daß billige arbeitskräfte und niedrige steuern investoren anlocken würden. Für die leute, die irgendwie ihren lebensunterhalt zusammenbekommen müssen hieße das mehr arbeiten, weniger dafür kriegen.

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